Erneuerbare Energien für Japan

Japan gibt seine Ausbaupläne für Atomenergie auf

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Es scheint, Japan hat eine verheerende Katastrophe in den Atomreaktoren von Fukushima gebraucht, um einen Umdenkprozess in Gang zu bringen. Nun hat Ministerpräsident Naoto Kan angekündigt, die bisherigen Planungen würden beerdigt, den Anteil der Atomenergie von bisher rund 30% an der Stromerzeugung sogar noch auf 50% steigern zu wollen.

Das strahlende Atomzeitalter ist nun also auch in Japan vorbei. Stattdessen soll auch im Land der aufgehenden Sonne das Zeitalter für die erneuerbare Energien anbrechen. Bisher war vorgesehen, dass ihr Anteil an der Stromversorgung nur auf 20% steigen soll. Diese Planungen würden nun überarbeitet, kündigte der Regierungschef an, womit eine deutliche Aufstockung gemeint ist.

Tatsächlich hat sich das Land mit seinen atomaren Plänen in eine Sackgasse manövriert. Die Stromversorgung in Japan ist nun auch deshalb noch prekärer geworden, weil die Regierung angeordnet hat, dass Atomkraftwerk Hamaoka vorsorglich abzuschalten. Kan begründete die Entscheidung in einer Fernsehansprache mit der "Sorge um die öffentliche Sicherheit".

Das Atomkraftwerk liegt in einem sehr stark von Erdbeben gefährdeten Gebiet. Die Chance, dass es in dem Gebiet in den nächsten 30 Jahren zu einem Erdbeben der Stärke 8 kommt, wird von Experten mit 87% angegeben. Ein Super-Gau wie in Fukushima hätte noch bedeutsamere Folgen für den Großraum Tokio, weil die Hauptwindrichtung die radioaktiven Partikel – anders als in Fukushima – nicht auf das Meer hinaus, sondern in Richtung der Hauptstadt tragen würde. Herunter gefahren wurden am Montag die Meiler 4 und 5. Der Reaktor 3 war ohnehin wegen Wartungsarbeiten abgeschaltet und die Meiler 1 und 2 wurden schon früher außer Betrieb genommen. Insgesamt sind nach den Abschaltungen nach dem Erdbeben und dem Tsunami am 11. März noch 20 der 54 japanischen Reaktoren in Betrieb.

Die Fukushima-Betreiberfirma Tepco hat nun offiziell erste Staatshilfen beantragt. Die ohnehin hoch verschuldete Firma will damit aber nicht die von der Atomkatastrophe betroffenen Menschen entschädigen, damit beginnt sie nur sehr zögerlich, sondern sie braucht viel Geld für Ölimporte. Mit dem Öl soll der Strom produziert werden, um Stromengpässe zu vermeiden. Angesichts der Summe, wonach die Mehrkosten sich allein im Haushaltsjahr auf umgerechnet 8,7 Milliarden Euro belaufen würden, zeigt sich erneut, was von der Mär des sicheren und billigen Atomstroms zu halten ist. Das dicke Ende für die japanischen Steuerzahler und für die übrigen Stromproduzenten, die ebenfalls mit Milliarden an den Kosten der Katastrophe beteiligt werden sollen, kommt ohnehin noch.

Erwartet wird, dass Japan im Mai einen Extrahaushalt in einem Umfang von vier Billionen Yen (etwa 33 Milliarden Euro) auflegt. Doch dabei wird es nicht bleiben, ein zweiter Nothaushalt wird noch viel umfangreicher ausfallen und die sehr hohe Staatsverschuldung weiter antreiben. Das bringt das am extremsten verschuldete Industrieland immer näher an eine Staatspleite. Dass die Zentralbank davon ausgeht, dass die Wirtschaftsleistung im Fiskaljahr 2011/2012 nur um 0,6% wächst, macht deutlich, dass die wirtschaftlichen Probleme in dem Land durch die Katastrophe noch größer geworden sind. Vor dem Desaster ging die Bank of Japan (BOJ) noch von 1,6% aus.

Auch die Probleme im japanischen Atomkraftwerk Tsuruga reißen nicht ab. Erneut wurde am Montag nach Angaben des Betreibers Japan Atomic Power (Japco) ein Leck entdeckt, aus dem Radioaktivität freigesetzt worden ist. Wie üblich wurde angefügt, es habe sich nur um eine geringe Menge gehandelt und die Probleme hätten keine Auswirkungen auf die Umwelt. Woher die Probleme kommen, ist offenbar weiter unklar. In der vergangenen Woche wurden Fehler an Brennelementen als Grund für den Störfall vermutet, nachdem erhöhte radioaktive Werte von Iod-133 sowie von Xenon gemessen wurden. Ob es sich nun um das gleiche Leck handelt wie in der vergangen Woche, ist ebenfalls unklar. Bekannt ist aber, dass der Betreiber Japco im Verheimlichen von Störfällen geübt ist.