Folgen der radioaktiven Belastung des Meers durch Fukushima

Ein Unglück kann eine wissenschaftliche Gelegenheit sein

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Nachdem aufgrund der havarierten Fukushima-Reaktoren Radioisotope im Grund- und vor allem Meerwasser festgestellt wurden, wurden wegen der radioaktiven Werte, die teils weit über dem Grenzwert lagen, erstmals in Japan auch Fische untersucht. Indien und China haben die Einfuhr von Fischprodukten aus Japan verboten, auch in den USA, in Deutschland und anderen Ländern werden Lebensmittelimporte analysiert.

Bislang erklären die Experten und Behörden, dass auch der Verzehr von Fischprodukten wie Sushi aus Japan unbedenklich sei. Man erwartet gemeinhin auch nicht, dass dies in Zukunft anders wird, weil sich die radioaktiven Partikel im Meer schnell so verdünnen, dass kein Risiko zu erwarten sei. Allerdings können sich die radioaktiven Partikel in Fischen akkumulieren. Welche Folgen dies hat, so ein Bericht in Science, ist noch weitgehend unbekannt, so dass Fukushima zur wissenschaftlichen Möglichkeit wird, die Auswirkungen auf die Umwelt und vor allem die Lebewesen im Meer zu untersuchen. Man werde, so etwa Bruno Fievet vom Institut de Radioprotection et de Surete Nucleair (IRSN), die Spuren dieses Ereignisses noch für viele Jahre sehen.

Viele der Meeresbewohner, vor allem die Krusten- und Weichtiere, sind relativ unempfindlich gegenüber Radioaktivität und halten eine deutlich höhere Verstrahlung als etwa Menschen aus. Versuche seien deswegen im Labor gefährlich, weil eine Schädigung durch Radioaktivität nur durch extrem hohe Dosen zu erzielen seien. Die Lebewesen seien deswegen besser geschützt, weil sie einfacher seien, aber auch, weil sie in einem salzigen Milieu leben. Salz reduziert ähnlich den Jodtabletten die Aufnahme von radioaktiven Ionen.

Für Fievet ist vor allem das von Fukushima stammende Caesium 137 wegen der Halbwertszeit von 30 Jahren ein Grund zur Besorgnis. Radioaktive Partikel können von Fischen, besonders den größeren, durch ihre Haut oder Nahrung aufgenommen werden, sich anhäufen und dann eventuell zu Mutationen oder Reproduktionsschädigungen führen.

Um das Wasser zu reinigen, sei möglicherweise Phytoplankton, Grundlage der marinen Nahrungskette, geeignet, um Plutonium aufzunehmen. Braune Algen könnten dazu dienen, Jod radioaktives aufzunehmen. Beides ist keine wirkliche Lösung, weil dann die Radioaktivität nur vom Wasser in Organismen wandert, die sie dann wieder freisetzen. Bislang scheint man nur aufgrund von Untersuchungen nach Atombombentests und dem Unfall in Tschernobyl zu wissen, dass sich Caesium 137 zwar in größeren Fischen anhäuft, die das aber wieder ausscheiden: "Verglichen mit anderen Giftstoffen, die Menschen in die Meere bringen", so Science, "sagen Wissenschaftler, dass die Gefahr für die japanischen Fische durch die Verstrahlung sehr gering ist." Um das zu bestätigen oder falsifizieren zu können, kommt das Unglück gerade recht.