Hungersnot spitzt sich zu

Westafrika stöhnt seit Monaten unter ungewöhnlicher Hitze

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Oben: mittlere Tagestemperatur, Mitte: deren Abwweichung vom jeweiligen langjährigen Mittel für den Tag, Unten: Maximum- und Minimumtemperaturen (Bild: NOAA)

Nicht nur in Mitteleuropa ist es dieser Tage ungewöhnlich heiß, sondern auch in Westafrika südlich der Sahara, und das schon seit vielen Monaten, wie die Grafik der Temperaturmessungen in Bilma (Ost-Niger) exemplarisch zeigt.

Hier kann man die Temperaturdaten anderer westafrikanischer Wetterstationen abfragen. In weiten Teilen der Region liegen die Tagesmitteltemperaturen im Durchschnitt fast zwei Grad über dem Normalwert. Was sich für Nordeuropa angenehm oder harmlos anhört, kann bei Temperaturen über 40 Grad lebensbedrohende Züge annehmen. Wie man sieht, schwanken die Tageshöchsttemperaturen seit etwa Mitte April um 45 Grad und auch Nachts bleibt das Thermometer weit über 20 Grad.

Neben den unmittelbaren Gesundheitsgefahren durch die große Hitze wird vor allem die Nahrungsmittelproduktion betroffen. Schon bei gleich bleibendem Niederschlag bedeuten höhere Temperaturen wegen der stärkeren Verdunstung weniger Wasserangebot für Pflanzen. Doch zusätzlich zu den hohen Temperaturen sind vor allem in den küstenfernen Gebieten auch die Niederschläge unterdurchschnittlich. Besonders betroffen ist der Binnenstaat Niger.

Bereits vor einigen Monaten zeichnete sich eine Hungersnot ab. Am Freitag berichtete nun das World Food Programme (WFP), dass es seine Aktivitäten dort ausweiten wolle. Die Unterernährung der Kinder habe ein Besorgnis erregendes Niveau erreicht. Die Hälfte der 7,1 Millionen Einwohner Nigers seien bereits von der Nahrungsmittelknappheit in Folge der anhaltenden Dürre und der damit verbundenen Ernteausfälle betroffen, heißt es in dem Beitrag der panafrikanischen Informationsplattform Allafrica.com.

Das WFP spricht davon, dass es seine Anstrengungen verdoppeln wolle. Bisher erhalten bereits 2,3 Millionen Menschen im Niger Unterstützung durch das UNO-Programm. Zwei weitere Millionen sollen nun hinzukommen. Der Unterschied zwischen Organisationen und Programmen besteht bei den Vereinten Nationen darin, dass letztere keinen festen Etat haben, sondern im besonderen Maße vom guten Willen der Mitgliedsländer abhängen, weil sie ihre Mittel immer wieder neu einwerben müssen.

Das ist für das WFP in den letzten Jahren, in denen die Zahl der Hungernden nicht zuletzt wegen steigender Lebensmittelpreise dramatisch zugenommen und erstmals die Grenze von einer Milliarde überschritten hat, nicht immer einfach gewesen. Wenn es um die Rettung von Menschenleben geht, sitzt das Geld in den Hauptstädten Europas und Nordamerikas – anders im Falle bankrotter Banker – nicht besonders locker.

Das WFP schätzt, dass es für die Ausweitung seiner Hilfen im Niger zusätzliche 100 Millionen US-Dollar braucht. Insgesamt, so der Allafrica-Bericht, hätten die im Niger tätigen Hilfsorganisationen erst 46 Prozent der 190 Millionen US-Dollar von der internationalen Gemeinschaft erhalten, die sie bereits im April angefordert hatten.