Iter absorbiert Fördergelder

Fusionsforschung irrelevant für die europäische Energiezukunft?

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Die Abstimmungswege der europäischen Politik sind manchmal schwer nachvollziehbar. Jedenfalls entschied jetzt ausgerechnet der "Rat für Landwirtschaft" der EU über die Finanzierung der neu aufgetretenen Baukostensteigerungen für Iter, den geplanten Kernfusions-Forschungsreaktor. Die Abstimmung fand "aus Zeitgründen" ohne vorhergehende Debatte statt und genehmigte weitere Gelder für die Kernfusionsforschung. Eigentlich wäre der EU-Wettbewerbsrat für das Thema zuständig gewesen, bis zu dessen nächster Sitzung hätte es aber für Iters Geldsorgen zu lange gedauert.

Problematisch wird das, weil Iter in finanzieller Konkurrenz zu vielen Nachhaltigkeitsprojekten steht. Doch der EU-Rat hatte der EU-Kommission zur Vorgabe gemacht, die Iter-Finanzierung sicherzustellen, auch zu Lasten anderer Projekte der EU-2020-Strategie. Allein um nur die Iter-Finanzierungslücke für 2012 und 2013 zu stopfen, sollen jetzt 1,4 Mrd. Euro aus dem Budget für Armutsbekämpfung, Innovation, nicht-nukleare Forschung, Verkehrs- und Energienetze umgewidmet werden.

Die Grünen im Europäischen Parlament kritisieren deshalb das Beharren auf der Fusionsforschung. Sie gefährde mittlerweile nicht nur wichtige EU-2020 Projekte. Die aktuelle Entscheidung zeige auch die Unfähigkeit, getroffene Entscheidungen zu überdenken und neuen Situationen anzupassen.

Dagegen zeigten mehrere neue Studien, dass Erneuerbare Energien bis 2050 den gesamten Energiebedarf der EU decken können. Die Kernfusion werde bis dahin nicht kommerziell betrieben und sei damit irrelevant für die europäische Energiezukunft. Die richtige und auch aus Kostensicht günstigste Entscheidung wäre daher, die Beendigung des Iter-Projektes noch vor Beginn der Hauptbauaktivitäten und den damit zu erwartenden weiteren Kostensteigerungen gewesen.