Katalanischer Unabhängigkeitsweg freigemacht
Die linksradikale CUP will nun für den Haushalt der katalanischen Regierung stimmen, ihre Verweigerung hatte den Prozess im vergangenen Jahr in Gefahr gebracht
Der Weg für das Referendum zur Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien wurde nun in dem Jahr freigemacht, in dem sich viele Katalanen ohnehin auf der "Zielgeraden" sehen. Nun hat die antikapitalistische CUP zugesichert, nach einer breiten Debatte an der Parteibasis, den Haushalt abzusegnen, über den in der kommenden Woche im Parlament in Barcelona debattiert werden soll.
Und der ist notwendig, um das Referendum und den Weg in die Unabhängigkeit vorzubereiten. Noch im vergangenen Sommer hatten die Linksradikalen den Haushalt der Gemeinschaftsliste für die Unabhängigkeit "Junts pel Sí" (Gemeinsam für das Ja), die ohne die CUP keine Mehrheit im Parlament hat, abgelehnt.
In sozialen Fragen war er ihr zu wenig ambitioniert. Sie brachte damit den "Prozess", wie der Weg in die Unabhängigkeit in Katalonien genannt wird, in Gefahr und die eigene Formation an den Rand einer Spaltung.
Bedingung: Referendum spätestens im September
Doch der CUP-Sprecher Quim Arrufat warnte vor allem die neugegründete christdemokratische "Katalanische Europäische Demokratische Partei" (PDeCAT) und deren Regierungschef Carles Puigdemont, dass die Unterstützung daran gebunden sei, dass spätestens im September, wie von Puigdemont versprochen, das Referendum durchgeführt werde, sonst "entzieht die CUP der Regierung die Unterstützung und wird Neuwahlen provozieren".
Genau damit hatte Puigdemont nach der Verweigerung der CUP für den Haushalt im vergangenen Jahr gedroht und im Parlament die Vertrauensfrage gestellt. "Wir werden bis zum letzten Tag mit dem Willen dafür arbeiten, mit dem Staat ein Referendum abzustimmen", sagte Puigdemont mit Blick auf die Abstimmung 2014 in Schottland.
Wenn man in Madrid, anders als einst in London, weiterhin keine Bereitschaft zur Einigung zeige, werde er in der zweiten Hälfte des Septembers auch einseitig eine Abstimmung ansetzen. Der Chef der "Republikanischen Linken" (ERC), die zwar nicht den Regierungschef stellt, aber in der Einheitsliste die treibende Kraft ist, hat derweil eine Abstimmung noch vor dem Sommer in den Raum gestellt.
Vizepräsident Oriol Junqueras hält es mit Blick auf die Kriminalisierung "möglich" das Referendum vorzuziehen. Er hält es für möglich, schon bis zum Sommer eine Abstimmung durchführen zu können, die "üblichen Wahlen ähnlich sind", denn das werde von der internationalen Gemeinschaft immer wieder als Bedingung genannt.
Kriminalisierung von katalanischen Politikern
Tatsächlich tritt die Kriminalisierung von höchsten katalanischen Politikern in der nächsten Woche in eine zentrale Phase ein. So muss sich Puigdemonts Vorgänger Artur Mas und seine früheren Regierungsmitglieder Joana Ortega und Irene Rigau vom 6. bis zum 10. Februar vor dem Obersten Gerichtshof dafür verantworten, im November 2014 unverbindlich die Bevölkerung in Katalonien über die Unabhängigkeit befragt zu haben.
Eine Abstimmung war zuvor vom spanischen Verfassungsgericht verboten worden. An der unverbindlichen Befragung, die nach Ansicht der Staatsanwaltschaft aber ebenfalls verboten war, hatten sich mehr als zwei Millionen Menschen beteiligt, wovon sich 81% für die Unabhängigkeit ausgesprochen hatten. Sie sollen sich des "Ungehorsams" und der "Rechtsbeugung" schuldig gemacht haben und die Staatsanwaltschaft fordert deshalb einen "Ausschluss" von öffentlichen Ämtern für zehn Jahre.
Noch kein Termin ist für den Prozess von Francesc Homs angesetzt. Der Minister der Präsidentschaft und früherer katalanischer Regierungssprecher hat aber nun den Spieß umgedreht und am Dienstag seinerseits Klage gegen den spanischen Regierungschef Mariano Rajoy und weitere Regierungsmitglieder wegen "Rechtsbeugung" und "Ungehorsam" gegen Verfassungsgerichtsurteile eingereicht, weil zehn Urteile des höchsten Gerichts zugunsten der katalanischen Regierung bisher nicht umgesetzt worden seien.
Statt Einigung - nach einem demokratischen Grundverständnis, wie es Großbritannien und Schottland gezeigt haben - , setzt Spanien auf allen Ebenen auf Repression, um demokratische Abstimmungen und sogar Debatten im Parlament zu verhindern.
Und so läuft nun auch ein Verfahren gegen die Präsidentin des katalanischen Parlaments. Carme Forcadell drohen Amtsenthebung und strafrechtliche Konsequenzen, weil sie im vergangenen Juli eine Debatte zur Unabhängigkeit im Parlament zugelassen und sich über ein Verfassungsgerichtsurteil hinweggesetzt habe.
In einem Artikel für die New York Times schrieb Forcadell nun am Montag, man habe es mit einem "Angriff" zu tun. Sie habe lediglich ihre Pflicht als Präsidentin getan und eine Debatte über einen Schlussbericht einer Expertenkommission über die Roadmap in die Unabhängigkeit zugelassen, wie es die Mehrheit der Parlamentarier verlangt haben, der im Parlamentsanzeiger veröffentlicht worden war.
Dieser Bericht wurde mit großer Mehrheit angenommen. Dafür wird Forcadell nun kriminalisiert. "Die Freiheit in Katalonien" stehe genauso wie das "Prinzip der Gewaltenteilung" und die "Meinungsfreiheit" auf dem Spiel. Ihr Fall sei nur ein Beispiel dafür, wie die spanische Regierung die Justiz benutzt, um sich in Katalonien einzumischen, weshalb sie von einem "juristischen Angriff durch Spanien" spricht.