König löst erstmals spanisches Parlament auf

In Spanien wird es am 26. Juni nun Neuwahlen geben, die das Machtgefüge im großen Euroland weiter verschieben werden

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Erstmals in der neueren spanischen Geschichte hat der König heute das Parlament aufgelöst und Neuwahlen für den 26. Juni angesetzt. Das war nötig, weil es nach den Wahlen am vergangenen 20. Dezember nicht gelungen ist, eine Mehrheit für eine Regierungsbildung zu bilden.

Das lag nicht daran, dass sie unmöglich war, sondern lag vor allem daran, dass der Sozialistenchef Pedro Sánchez es sich nicht traute, eine Linksregierung nach Vorbild Portugals zu versuchen. Seit den Wahlen war klar, dass es nur unter Einbindung der neuen Linkspartei Podemos (Wir können es) und deren Unterstützer in Katalonien, Valencia und Galicien möglich wäre, die rechtskonservative Volkspartei (PP) abzusägen, wie es die Wähler klar formuliert hatten.

Die Wahlen hatten deutlich gezeigt, dass das Zweiparteiensystem in Spanien beerdigt ist. Und die Neuwahlen, die nun am 26. Juni anstehen, bieten vor allem den neuen Parteien die Möglichkeit zur Konsolidierung. Podemos eröffnen sie nun die Chance, zweitstärkste Kraft zu werden. Davon gehen Umfragen aus.

Dabei will Podemos einen schweren Fehler korrigieren. Parteichef Pablo Iglesias hatte es zunächst arrogant abgelehnt, gemeinsam mit der Vereinten Linken (IU) zu kandidieren. Etwas mehr Realitätssinn ist nun bei Podemos eingekehrt. Die Verhandlungen über eine Koalition mit der IU haben begonnen, deren Basis bis zum Mittwoch darüber abstimmt, ob gemeinsam kandidiert wird. Nach neueren Umfragen soll dieser Koalition mit mehr als 25% der "sorpaso" gelingen, wie das "Überflügeln" einer Partei in Neuspanisch genannt wird. Die Koalition würde sich demnach sogar nahe an die Volkspartei (PP) heranschieben, die mit knapp 28% weiter stärkste Partei bleiben soll.

Um diese Lücke zu schließen, propagieren Podemos und ihre Unterstützer ein breites Bündnis aller Parteien, die links der PSOE stehen. Die in Deutschland geborene Chefin von Compromis in Valencia hatte die Debatte darüber eröffnet. Mónica Oltra hat dabei das absurde Wahlgesetz im Blick, das kleine Parteien stark bei der Sitzverteilung benachteiligt. Die Vizepräsidentin der Regionalregierung in Valencia verweist darauf, dass IU und Podemos mit gut "sechs Millionen Stimmen 71 Sitze erhielten, aber 5,2 Millionen bekamen 90", erklärte sie mit Blick auf die PSOE. Die rechtskonservative Volkspartei (PP) bekam mit 7,2 Millionen sogar 130 Sitze.

Die PSOE wird ihre Sitzzahl kaum halten können. Sie dürfte dafür abgestraft werden, dass sie einen Pakt mit den rechten Ciudadanos (Bürger) versucht hat und noch unter ihr bisher schlechtestes Ergebnis zurückfallen. Die Ciudadanos geißelte Sánchez im Wahlkampf als "rechte Partei", doch danach wollte er mit ihnen eine "progressive" Regierung des Wandels bilden. Daran ist er gescheitert. Seine PSOE dürfte Ende Juni vor der Entscheidung stehen, ob sie eine von Podemos geführte Linksregierung für eine Abkehr von der Austeritätspolitik an die Macht bringt oder dem Weg der Ciudadanos weiter folgt. Denn die will die PSOE in eine große Koalition mit der PP führen. Nur darauf zielte deren Pakt mit der PSOE ab.

Sehr wahrscheinlich ist, dass am 26. Juni die politische Karriere vom PSOE-Chef Sánchez genauso beendet wird, wie die des rechten Plasma-Ministerpräsidenten Mariano Rajoy. Die Ciudadanos haben stets klargemacht, dass mit einer von Rajoy geführten PP, die in zahllose Korruptionsskandale verwickelt ist, nichts geht. Nur unter einer neuen Führung hätte die PP nach den Neuwahlen eine Chance, die Unterstützung der Bürger zu bekommen. Dann wäre auch eine Unterstützung der PSOE drin, die offenbar weiter kein Ende der Austerität will, wie ihr Pakt mit den Ciudadanos gezeigt hat. Für sie steht der Feind offenbar links, womit sie immer klarer in Widerspruch zu ihren Wählern gerät.