Papst: Der "heilige Zölibat" ist eine Gnadengabe

Aufklärung ja, Veränderung lieber nicht, obgleich der Missbrauch dem Papst und seinem Bruder näherrückt

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Es wird nun auch für den deutschen Papst ungemütlich. Nicht nur musste sein Bruder einräumen, selbst während seiner Zeit bei den Regensburger Domspatzen auch mit Schlägen agiert zu haben, sondern auch Hinweisen auf Missbrauch nicht nachgegangen zu sein.

Jetzt wurde bekannt, dass in der Zeit, als Papst Benedikt XVI. Erzbischof von München und Freising war, zumindest ein wegen Kindesmissbrauchs vorbelasteter Priester in der Gemeindearbeit eingesetzt wurde – und dort weiter Kinder missbraucht hatte. Das ist zwar schon den 80er Jahren geschehen, wirft aber trotzdem ein Licht auf Ratzinger, dem es offenbar eher um die Kirche als um das Opfer gegangen war. Das Bistum erklärte, dass damals Ratzinger den Beschluss mitgetragen hatte, den Priester nicht anzuzeigen oder ganz zu suspendieren, sondern nur von Essen nach München zu versetzen. Ob Ratzinger davon wusste, dass der Priester wieder in der Gemeinde arbeiten sollte, ist nicht bekannt. Jedenfalls wurde er dann 1986 wegen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger zu einer Gefängnisstrafe auf Bewährung verurteilt – und danach erneut im Gemeindedienst eingesetzt. Noch heute soll er im Dienst der Kirche arbeiten. Der damalige Generalvikar hat dafür die Verantwortung übernommen. So gehört es sich auch in einer hierarchischen Ordnung wie die der katholischen Kirche.

Während nun auch schon im Ausland die Rede davon ist, dass die Einschläge wegen Kindesmissbrauch dem Papst näherkommen, verteidigt er weiterhin das Zölibat, das für das Priestersein unerlässlich sei. Richtig begründen mochte er es aber nicht: "Die Berufung zum Priester bleibt auch für die ein Geheimnis, die sie erhalten haben. Unsere Grenzen und Schwächen müssen uns dazu führen, dieses Geschenk in tiefem Glauben zu leben und es zu schützen." Der "heilige Zölibat" sei "eine Gnadengabe und ein prophetischer Hinweis auf das Reich Gottes", sagte Benedikt: "Unsere Grenzen und Schwächen müssen uns dazu führen, mit tiefem Glauben ein so kostbares Geschenk zu leben und zu hüten, mit dem Christus uns sich gleich gestaltet hat." Die Gläubigen erwarteten von den Geistlichen, dass sie "Priester und nichts anderes" seien, jedenfalls keine vom Sex getriebene und Kinder misshandelnde Menschen.

Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, der auch der Bundesjustizministerin ein Ultimatum gestellt hatte, war kurz zuvor beim Papst gewesen und hatte sich dort Rückhalt für den "entschiedenen" Umgang mit Missbrauchsfällen geholt. Zollitsch spricht davon, dass man nun die "Wunden der Vergangenheit" heilen könne, obgleich keineswegs klar ist, dass in der katholischen Kirche keine aktuellen Missbrauchsfälle mehr vorgekommen sind. Die Opfer trauen sich oft erst Jahre später, wenn überhaupt, sexuellen Missbrauch zu melden.