Schulstreiks: Siemens unter Beschuss
Der Konzern will Technik für eine neue, heftig umstrittene Kohlegrube in Australien liefern
Vor diversen Siemens-Niederlassungen in Deutschland gab es am Freitag Proteste streikender Schüler, mit Beteiligung der einen oder anderen Oma. Insgesamt gingen in Deutschland in 43 Städten von Greifswald bis Konstanz, von Aachen bis Dresden Schüler zum wöchentlichen Klimastreik auf die Straße.
Die Schüler und andere kritisieren den Technologie-Konzern angesichts der massiven Wald- und Buschbrände in Australien für seine Beteiligung an einer neuen Kohlmine, die der indische Konzern Adani down under erschließen will. Bis zu 60 Millionen Tonnen Kohle sollen dort jährlich gefördert werden, womit dies einer der größten Kohletagebaue der Welt würde.
Siemens hat einen Auftrag angenommen, die für den neuen Tagebau geplante Kohlebahn mit einer Signalanlage auszustatten. Der Auftrag ist mit 20 Millionen Euro, von denen das Handelsblatt berichtet, relativ klein, hat aber bereits für einen gewaltigen Imageschaden gesorgt.
Siemens Chef Josef Kaeser traf sich am Freitagvormittag mit zwei Fridays-for-Future-Sprechern – Luisa Neubauer und Nick Heubeck –, um über Siemens Pläne zu sprechen. Im Vorfeld hatte es geheißen, dass der Siemens-Vorstand schon am Donnerstag eine Entscheidung treffen würde, doch dazu war man offensichtlich nicht in der Lage.
Daher hatte Kaeser den beiden jungen Aktivisten nicht viel mehr als einen PR-Gag zu bieten, indem er Neubauer einen Aufsichtsratsposten anbot. Die Entscheidung über den australischen Auftrag soll in den nächsten Tagen fallen.
In Australien sind inzwischen, wie befürchtet worden war, zwei Brände zu einem Riesenbrand zusammengewachsen, der eine Fläche von der doppelten Größe des Saarlandes umfasst. Temperaturen von über 40 Grad, große Trockenheit und starke Winde sorgen für ideale Bedingungen für die Brände. Der fünfte Kontinent erlebt derzeit seinen heißesten und trockensten Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen.
Die Tagesschau berichtet von mehreren Zehntausend Demonstranten in Sydney und Melbourne am Freitag, die von der Regierung mehr Klimaschutz gefordert hätten. Unter anderem sei die Verminderung der Kohleexporte verlangt worden.
Allein in Sydney seien über 30.000 Menschen auf die Straße gegangen, heißt es auf Twitter. Natürlich waren auch die streikenden Schüler mit von der Partie. Auch in anderen Städten wie in Hobart und Canberra gab es Proteste. Die Forderung nach dem Rücktritt des Premierministers Scott Morrison scheint dabei besonders oft zu hören gewesen zu sein. Morrison gilt als großer Freund des Kohlebergbaus.
Weitere Proteste gab es in zahlreichen anderen Ländern, zum Beispiel in der US-Hauptstadt Washington, in Kenia, in Uganda, im argentinischen Neuquen oder in Helsinki.
Der nächste internationale Aktionstag ist für den 24. Januar geplant. Am letzten Aktionstag, am 29. November, hatten sich nach der unvollständigen Zählung der internationalen Fridays-for-Future-Koordination über eine Million Menschen in 163 Ländern beteiligt.