US-Rüstungskonzerne suchen "Hacker-Soldaten"

Die Entwicklung von defensiven und vor allem offensiven Mitteln für den Cyberwar wird zur neuen Bonanza.

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10 Milliarden Dollar gibt die US-Regierung vermutlich bereits jährlich für Computersicherheit aus. Das schätzt Daniel Allen, der für den Rüstungskonzern Northrop Grumman arbeitet. Nachdem deutlich wurde, dass die US-Regierung den Schutz der digitalen Infrastruktur als eine der wichtigsten Aufgaben betrachtet und das Pentagon ebenfalls verstärkt auf die Entwicklung von defensiven und vor allem auch offensiven Mittel für den Cyberwar, inklusive den asymmetrischen Kampf gegen Cyberterroristen, Kriminelle, Spione und andere Angreifer, setzt, dürfte bald noch viel mehr Geld in den Bereich fließen. "Jeder greift hier jeden an", meint Scott Chase, ein dreißigjähriger Informatiker, der für den Rüstungskonzern Raytheon arbeitet, nachdem seine kleine Firma von diesem aufgekauft wurde.

Das Interesse des Pentagon am Cyberwar habe bereits eine "religiöse Intensität" erreicht, sagt der Militärhistoriker Daniel Kuehl von der National Defense University. Schätzungen gehen davon aus, dass es bereits bis zu 5000 Spezialisten für Informationsoperationen oder eben Cyberwar im Pentagon gibt. Dazu kommen bis zu 70000 Soldaten, die trainiert wurden, um Computernetzwerke oder Funknetze anzugreifen oder zu stören bzw. diese zu schützen, sowie weitere Experten für elektronische Kriegsführung oder mit Netzwerken zusammenhängende Psychologische Operationen.

Die großen Rüstungskonzerne in den USA haben das Geschäft gewittert, berichtet die New York Times, und schnell darauf reagiert. Sie haben kleine spezialisierte Firmen aufgekauft, suchen vor allem seit dem letzten Jahres junge Cyberfreaks ("Hacker-Soldaten") und bauen neue, meist durch hohe Geheimhaltung sich auszeichnende Abteilungen auf, um sich ganz vorne bei der Entwicklung von Schutzmaßnahmen für Computernetzwerke, aber auch für Angriffsmittel zu positionieren.

Bislang hörte man vom Pentagon nur immer Gerüchte über angebliche Cyberwaffen, die bereits existieren würden. Die Luftwaffe wird nun, so die NYT, erstmals einen Auftrag für die Entwicklung von Programmen ausschreiben, um Computersysteme zu knacken, wozu auch gehört, diese in anderen Ländern auszuspähen, um Sicherheitslöcher zu entdecken. Führend seien die entsprechenden Abteilungen der Rüstungskonzerne Northrop Grumman, General Dynamics und Raytheon.

Die Zunahme der militärischen und geheimdienstlichen Aktivitäten im Internet verspricht nichts Gutes, auch wenn der Boom im digitalen Wettrüsten bei Rüstungskonzernen und manchen Computerexperten und Hackern trotz Krise zu guten Gewinnen führen wird. Der seit Anfang bestehende, zeitweise aber durch enorme Profite im zivilen Bereich in den Hintergrund geratene Militärisch-Digitale-Komplex dürfte also erneut wachsen und Silicon Valley in den Schatten stellen.