USA entsenden erneut Nationalgarde an die Grenze zu Mexiko

Die mexikanische Regierung begrüßte die Truppenentsendung, die Drogenkartelle haben ihre Macht immer weiter ausgebaut

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Zum zweiten Mal binnen weniger Jahre wird die US-Nationalgarde an die Grenze zu Mexiko entsandt. Bis zu 1.200 Soldaten der Reservetruppe sollen "nach Bedarf" dazu eingesetzt werden, den Drogen- und Waffenhandel zu bekämpfen und irreguläre Einwanderung aus Lateinamerika zu unterbinden. Bereits im Jahr 2006 hatte der ehemalige Staatschef George W. Bush die Nationalgarde an die rund 3.000 Kilometer lange Grenze mobilisiert.

Die mexikanische Regierung unter Führung des Präsidenten Felipe Calderón begrüßte die Truppenentsendung. Der konservative Staatschef ist offensichtlich für jede Hilfe dankbar, die seine Regierung im Kampf gegen die übermächtigen Drogenkartelle bekommen kann. Schließlich ist ein Hauptproblem Mexikos die Einfuhr von Waffen aus den USA. Zugleich mahnte die mexikanische Regierung an, dass die Truppenpräsenz nicht primär gegen die Einwanderer ohne offizielle Papiere genutzt werden soll.

Eben das aber fordern prominente Vertreter der Republikanischen Partei. Seit Amtsantritt des amtierenden US-Präsidenten Barack Obama verhindern sie eine Reform des maroden Einwanderungssystems. Eine solche Neuordnung war eines der wichtigsten Versprechen in der Wahlkampagne des amtierenden Staatschefs, der seine Macht unter anderem auf die Unterstützung der Immigranten stützt.

Nach Informationen internationaler Nachrichtenagenturen ist die Entsendung der Truppen Teil eines Deals zwischen Regierung und Opposition. Kurz vor Verkündung der Mobilisierung sei Obama mit mehreren Senatoren der Republikanischen Partei zusammengekommen. Dabei habe der Präsident die Senatoren vor allem auch auf die Notwendigkeit einer Reform des Einwanderungssystems aufmerksam gemacht. Nach Einschätzung politischer Beobachter ist die militärische Verstärkung der Grenztruppen Voraussetzung für eine eventuelle spätere Unterstützung einer Neugliederung des Migrationsregimes durch die Republikaner.

Manchen Vertretern der US-amerikanischen Rechten ging die Mobilisierung dennoch nicht weit genug. Der frühere Präsidentschaftskandidat der Republikaner und amtierende Senator des Bundesstaates Arizona, John McCain, forderte die Entsendung von 6.000 Soldaten. McCain ließ sich auch nicht damit beschwichtigen, dass sein ehemaliger Kontrahent im Wahlkampf eine halbe Milliarde US-Dollar für die Verschärfung der Grenzkontrollen zur Verfügung stellt.

Ob all diese Maßnahmen die Drogenkriminalität in Mexiko einzudämmen helfen, ist fraglich. Seit 2006 sind den Auseinandersetzungen zwischen den mächtigen Kartellen weit über 20.000 Menschen zum Opfer gefallen. Die Washingtoner Regierung steht hier unter einem starken Druck, da die Kriminalität in die USA überzuschwappen droht.

In Mexiko selbst hält sich die Zuversicht auf einen Erfolg des Antidrogenkampfes in Grenzen. Die Drogenkartelle haben den staatlichen Apparat inzwischen in erheblichen Teilen unter Kontrolle. Wenige Stunden nach der Ankündigung der Truppenentsendung durch die USA wurde im grenznahen Urlaubsort Cancún der ehemalige Bürgermeister und derzeitige Gouverneurskandidat für den Bundesstaat Quintana Roo, Gregorio Sánchez, wegen mutmaßlicher Verbindungen zu den Kartellen festgenommen. Die linksliberale mexikanische Tageszeitung La Jornada zitiert auf der Titelseite ihrer gestrigen Ausgabe einen der führenden Unternehmer des Landes, den Vorsitzenden der Unternehmensgruppe Industrias Monterrey. Angesichts der militärischen Übermacht der Kartelle, so Eugenio Clariond, "ist die Strategie der Regierung zum Scheitern verurteilt".