Versuchsweise

Neben der Spur

Google wirft derzeit ein experimentelles Projekt nach dem anderen auf den Markt. Facebook macht das auch, aber man nennt es nicht so

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Douglas Eck und fünf seiner Kollegen arbeiten am kreativen Computer. Projekt Magenta soll der Artificial Intelligence aus dem Hause beibringen, eben kreativ zu sein. Komisch, denke ich mir, dachte immer, das ist meine Maschine längst, wenn ich mir manche der Fehlermeldungen so anschaue. Aber scheinbar geht es noch um etwas anderes. AI made by Google soll nicht nur intelligent, sondern auch überraschend sein. Und überhaupt gibt es zu wenig Gemälde und Musik auf der Welt. Da kann Software aushelfen.

Dabei ist das nicht die einzige Initiative aus dem Hause mit den bunten Bällen. Auch Science Journal, eine Android App, sollte hier genannt werden. Nun gut, die ist nicht halb so lustig wie Magenta, aber dafür ermöglicht sie die Durchführung von Experimenten auf dem Smartphone, indem man die Sensoren des mobilen Computers an andere Sensoren außerhalb des Gehäuses koppelt und dann die Untersuchungen tracked, die man durchführt.

Wenn das der Frankenstein schon gehabt hätte, dann wäre das mit dem Monster auf dem Dach und dem Blitzschlag nicht passiert, aber alles zu seiner Zeit. Heutzutage braucht es ja solche künstlichen Menschen nicht mehr, sobald Magenta durchschlagenden Erfolg hat. Und besonders gut hat das Monster bei Frankenstein ja auch nicht gemalt. Sagt man.

Eben.

Ganz anders dabei Facebook, aus deren Laboratorien eher unscheinbare Experimente dringen, die man so vielleicht gar nicht als solche erkennt. Die es aber auch in sich haben.

Da wäre zum Beispiel die Livemap von Facebook. Eine Website, auf der alle gerade stattfindenden Live Streams gesammelt sind. So kann man sich das Leben eines Gottes vorstellen, der über einem Planeten sitzt und sich live anschaut, was seine Erdenbürger gerade tun und wo sie gerade sind.

Und das mit Bewegbild. Gott nimmt sich also seufzend eine Tasse Tee und klickt auf die Punkte der Weltkarte, dann atmet er schwer aus. Er sieht die Diskussion einer Ansammlung thailändischer Schönheitsköniginnen, vermutlich reden sie gerade über den Weltfrieden. Oder einen Schüler im Iran, der gerade keine Hausaufgaben machen will und deshalb seine Musiksammlung dröhnen lässt, während er versucht, dagegen anzubrüllen und etwas zu sagen.

Er sieht eine Massen-Trance-Party in Brasilien, von der man nur den CD-Player sieht, und einen live predigenden Geistlichen in Afghanistan, bei dem sich nur immer wieder der rechte Zeigefinger hebt. Aha, ein Bewegtbild. Er staunt über ein Tennismatch ohne Menschen auf Mallorca und einen Heavymetal Fan, der so nah an der Kamera tanzt, dass man nur sein T-Shirt erkennen kann. Und den Briten, der live das Fernsehprogramm überträgt, hat er besonders lieb.

Dann setzt Gott langsam und bedächtig die Tasse ab, versteht, dass das Feldexperiment Erde nach ein paar Milliarden Jahren mit einer Million Jahren an Menschheitsgeschichte nun das hervor bringt. Er schenkt sich noch einmal einen Tee ein und nickt. Ja, vielleicht macht es doch Sinn, intelligente und kreative Maschinen zuzulassen. Gut, dass dem Gott neulich Google eingefallen ist.