Wie sie sich sorgen, dass kein Schuss daneben geht

Vor dieser Opposition muss sich die Bundesregierung nicht fürchten

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70 Jahre nach Kriegsende inszeniert sich die deutsche Elite einmal mehr als Weltmeisterin der Geschichtsaufarbeitung. Aber das Portemonnaie bleibt zu. Trotz dieses mit viel Pomp und Pathos aufgeladenen Veranstaltungsmarathons ist kein erkennbarer Druck von Seiten der parlamentarischen Opposition zu spüren, die Bundesregierung zur Rückzahlung des während der NS-Besatzung erzwungenen Darlehens und zu Reparationen für die Verbrechen in Griechenland zu bewegen.

Die beiden Oppositionsparteien haben dringendere Aufgaben, mit denen ihnen auf jeden Fall positive Schlagzeilen sicher sind. Gerieren sie sich doch als Verteidiger deutscher Interessen, die die Bundesregierung angeblich gegenüber den USA sträflich vernachlässigen würde. Das ist der Kern der neuaufgelegten Aufregung um die Überwachung durch die USA.

Wurde die Debatte um die NSA-Überwachung von Anbeginn von Seiten der parlamentarischen Opposition mit einen nationalen Ton inszeniert, wie das ständige Lamento über eine angeblich mangelnde Souveränität Deutschlands deutlich machte, hat sich diese nationale Schlagseite in der Neuauflage der Skandalisierung noch verschärft. Ging es bei der NSA-Affäre anfangs noch um das Abhören aller Bürger, steht jetzt nur noch Wirtschaftsspionage im Mittelpunkt der Kritik.

Betroffen von den aktuellen Abhöraktionen dürften vor allem europäische Firmen sein. Wenn der USA jetzt vorgeworfen wird, sie würde da zu neugierig sein, fällt unter den Tisch, dass Wirtschaftsspionage zwischen allen Staaten Usus ist, auch unter denen, die temporär Verbündete sind. Der Begriff Freunde sollte im Umgang unter Staaten vermieden werden.

Immer wieder gibt es Pannen und die geheime Ausspähung wird öffentlich. Das führt kurze Zeit zu Verstimmungen, da werden auch mal Vertreter der verbündeten Staaten festgenommen und dann nach einiger Zeit möglichst geräuschlos gegen eigene Verdächtigte ausgetauscht und man geht zur Tagesordnung über. So wird es beispielsweise zwischen den USA und Israel gehandelt.

Auch dort sorgen auf beiden Seiten Fälle von Wirtschaftsspionage immer wieder mal für Unmut . Doch der nationale Pathos der Empörung, die sogar einen alten Apo-Veteranen wie Christian Ströbele ständig von der Verteidigung deutscher und europäischer Interessen schwadronieren lässt, ist wohl eine deutsche Spezifilität. Wenn dann noch der Kampf gegen Wirtschaftsspionage mit dem Kampf gegen Überwachung insgesamt vermischt wird, wird eben vor allem eins deutlich: Diese Oppositionsparteien wollen sich als bessere Vertreter deutscher Interessen gerieren, was sie natürlich tun können, solange sie nicht mitregieren.

Schuss in den Ofen

Besonders kurios ist das Agieren der Oppositionsparteien beim Umgang mit einer anderen sogenannten "Affäre". Das Sturmgewehr G36, mit dem die Bundeswehr ausgestattet ist, schießt mangelhaft und ist bei großer Hitze besonders unzuverlässig. Wären das nicht für Grüne und Linke gute Nachrichten? Haben die Grünen nicht lange Zeit für eine Abrüstung der Bundeswehr plädiert?

Wenn da die Politik schon nicht mitspielt, könnte doch ein grüner Halb- oder Viertelpazifist die Technik für ihre Renitenz loben. Schließlich kann ein mangelhaft schießendes Gewehr Menschenleben retten. Radikale Pazifisten und Antimilitaristen haben in vielen Ländern Kriegsgeräte schon bei der Produktion durch Sabotage unbrauchbar gemacht oder vor dem Transport beschädigt und gingen damit große strafrechtliche Risiken ein. Und nun nimmt das Sturmgewehr ganz ohne ihr Zutun Schaden.

Müsste das für die Linkspartei, die ja oft betont, dass sie die Grünen bei ihren Pazifismus beerben will, nicht Grund für eine klammheimliche Freude sein? Warum verleiht die Linkspartei der zuständigen Firma nicht eine Auszeichnung für ihren besonderen Beitrag zur Abrüstung? Doch für eine solch humoristische Einlage ist der Co-Vorsitzende der Linken Bernd Riexinger nicht zu haben.

Bierernst lamentiert er:

Scheinbar kauft das Verteidigungsministerium der Rüstungsindustrie jeden Ramsch ab.

Wenn man schon die Bundeswehr nicht abschaffen kann, muss man sie so gut ausrüsten, dass ja auch kein Schuss daneben geht.