Zweiter Internetzugang als Ausweg bei Sperren

Der französische Kulturminister spaßt mit dem Gesetz gegen die "Internet-Piraterie"

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

E-Mails dürfen nicht geöffnet werden, weil dies nicht der Verfassung entspräche; die strafrichterliche Verfügung gegen Internet-User, die wiederholt des nicht-lizenzierten Kopierens überführt wurden, soll ein zivilrechtliches Verfahren in derselben Sache nicht ausschließen: Dies sind die zwei bemerkenswerten Zusätze, die dem neuen Entwurf zum "Gesetz zur Verbreitung und zum Schutz kreativer Inhalte im Internet", kurz Hadopi 2, beigefügt wurden, bevor es Anfang nächster Woche vor das französische Parlament kommt. Nach dem festen Willen des Staatspräsidenten und der Regierung soll das Anti-Filesharing-Gesetz noch vor der Sommerpause - durch den wichtigen Sanktionsteil vervollständigt - abgesegnet werden, bislang ist nur die amputierte Form in Kraft.

Das umstrittene Gesetz hat schon jetzt eine Achterbahnfahrt hinter sich, die dem stets eifrig betonten Aktionismus der Regierung in der Urheberrechts-Debatte immer wieder eine lange Nase gezogen hat. Manche kritische Publikationen haben das Gesetz bereits für tot erklärt. Vieles deutet daraufhin, dass es bis zum Herbst dauern wird, bis deutliche Lebenszeichen von Hadopi 2 empfangen werden - und selbst wenn: Die Abgeordneten der Opposition haben schon mal vorsorglich den Weg zum Verfassungsrat angekündigt, die Chancen einer erneuten Ablehnung durch die Verfassungsweisen stehen allem Anschein nach nicht schlecht.

Ende nächster Woche geht das Parlament in die Sommerpause. Dass die Lesung bis Donnerstag beendet ist, halten angesichts der komplexen Materie nur wenige für wahrscheinlich. Als sicher gilt dagegen, dass die Regierung keine zweite Blamage riskieren wird, nachdem die erste Fassung des Hadopi-Gesetzes schon einmal gescheitert ist, weil viele Parlamentarier, besonders jene der Regierungspartei, schon in den Ferien waren. Man darf also gespannt sein, ob die Regierung den Entwurf schnell genug durch die Lesung bringt - dem stehen parlamentarische Vorschriften zum Ablauf der Lesung entgegen, die einen schnellen Durchlauf erschweren. Zum anderen wird die Öffentlichkeit neugierig verfolgen, ob die Regierung die Parlamentarier so disziplinieren kann, dass sie nicht schon am Donnerstag Vakanzen machen.

Dass Hadopi, das mit ernstzunehmenden Strafen, Internetsperren und Geldstrafen, pädagogisch auf die sogenannte "Internet-Piraten" einwirken will, zu spitzen Bemerkungen reizt, die ihren Witz aus dem Gegensatz zwischen Lobbyisten-Wünschen und dem wirklichen Leben ziehen, führt ausgerechnet Kulturminister Frédéric Mitterand vor. Mitterand, zusammen mit der jetzigen Justizministerin Michèle Alliot Marie verantwortlich für das Gesetz, erklärte einer Parlamentskommission gut gelaunt, dass er es - wie Carla Bruni - sehr bedaure, nicht oft genug Opfer der "Internet-Piraterie" gewesen zu sein. Und dass sein Sohn im Internet häufig solchen unerlaubten Aktivitäten nachgehe - "piraterait souvent".

Die Frage, was er denn mache, wenn sein Internetzugang wegen der Urheberrechtsverstöße seines Sohnes gesperrt würde, entgegnete Mitterand mit der Bemerkung, dass ihm dann noch immer sein zweiter Zugang bliebe. Was Journalisten wiederum zur Schlussfolgerung reizte, dass Sarkozy mit Hadopi2 eigentlich nur das Ziel von 2 Internetanschlüssen pro Haushalt verfolge.