Einseitig blinder Kontrollstaat

Der Fall Hosam Maher Husein Smadi und eine große Sicherheitslücke in den USA

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Von einer "erschütternden Erfahrung" berichtete ein IOC-Mitglied aus Pakistan, als er umfangreiche Sicherheitsschecks und Datenerfassungsmaßnahmen am Chicagoer Flughafen über sich ergehen musste. Ein Blogger der New York Times folgerte daraus, dass die Olympiabewerbung der Heimatstadt Obamas trotz des umstrittenen Engagements des amerikanischen Präsidenten gescheitert sind: Man habe als Fluggast in den USA nicht das Gefühl, dass man willkommen sei. Gastfreundschaft zeige sich anders (siehe dazu In Zukunft auch Zäpfchenbomber?).

Dass sich die USA seit 9/11 zu einem Überwachungsstaat entwickeln würde, war Thema unzähliger Artikel und Diskussion während der Ära Bush, die immer neuen Konzepte zur Überwachung der Besucher in beinahe atemloser Folge führten der Debatte unaufhörlich neuen Stoff hinzu. Jetzt warnen Einwanderungsbehörden und das Ministerium für Homeland Security, dass man eine Seite des Besucherstroms nicht genug beachtet habe: Es gebe kein "verläßliches System, das verifiziert, dass ausländische Besucher das Land verlassen haben", berichtet die New York Times heute. Die "Sicherheitslücke" wird an dem Fall eines Einwanderers arabischer Herkunft anschaulich gemacht und an einer Reihe von Zahlen.

Nach Angaben von Repräsentanten der Einwanderungsbehörde sollen im letzten Jahr 2,9 Millionen ausländischer Besucher mit einem befristeten Visum in die USA per Flugzeug oder über Land eingereist sein, ohne dass sie sich offiziell wieder abmeldeten ("check out"). Insgesamt reisten 39 Millionen Auswärtiger 2008 in die Vereingten Staaten mit einem solchen befristeten Visum ein. Ausreisedokumente vor 92,5 % dieser Besucher würden vorliegen. Von mehr als 200.000 dieser Besucher nimmt man an, dass sie ihren Aufenthalt ohne legitime Papiere "mit Absicht" verlängert hätten.

Trotz vom Kongress bewilligter Gelder für die Einwanderungsbehörden - die Zeitung nennt 1 Milliarde Dollar seit September 2001 - und trotz Gesetze, die entsprechende Maßnahmen decken würden, sei es bislang nicht gelungen, ein Instrumentarium, genannt werden insbesonders "biometrische Verfahren" aufzubauen, um die Ausreisenden zu erfassen. Während Besucher aus den meisten Ländern bei der Einreise umfassende Datenerfassungsmaßnahmen - Fingerabrücke, digitale Fotoaufnahmen, Abgleich mit Datenbanken von Strafverfolgungsbehörden - zu erdulden haben, würden Ausreisende nicht mit der gleichen Rigorosität erfasst. Eine ganze Serie von entsprechenden Pilotprojekten sind nach Erklärungen von Mitarbeitern des Homeland Security-Ministeriums daran gescheitert, dass die getestete Technologie nicht mit dem Tempo Schritt halten konnte, das für ein reibungslose Ausreise sorgen muss, auf die vor allem Geschäftsleute angewiesen seien. Die Fluggesellschaften hätten sich im Besonderen gegen die Absicht der Bush-Regierung gesträubt, für das Abnehmen von Fingerabdrücke und das Aufnehmen von Fotos ausländischer Gäste, die abreisen, die Veranwtortung zu übernehmen.

Mitarbeiter der Homeland Security werden mit Bedenken zitiert, wonach die Überwachung von Ausreisenden ein anspruchsvolles und sehr teures Unterfangen sei: wegen der langen Landesgrenzen, wo großer Betrieb herrsche - täglich über eine Million Übergänge - ; zudem würde ein falsches Konzept die Einwanderungsbehörde mit Daten überhäufen, die sie gar nicht effektiv nutzen könnten.

Am Fall des Jordaniers Hosam Maher Husein Smadi, ein gefundenes Fressen für die Muslim-Terror-Warner der Daniel Pipes-Schule, zeigt der Bericht, wie fatal die Sicherheitslücke bei der Erfassung der Ausreisenden - und damit der Erfassung der heimlich Gebliebenen - sein könnte.

Obwohl sein Visum abgelaufen war, so die Zeitung, gelang es Smadi sich über längere Zeit unentdeckt, mit mehrere Jobs seinen Lebensunterhalt in den Staaten zu verdienen, mehrmals die Wohnungen zu wechseln und sich ein Auto zu beschaffen. Das FBI habe ihn überprüft und aber keine verdächtigen Hinweise auf einen islamistischen oder gar terroristischen Hintergrund gefunden. Erst später habe man Beiträge von Smadi in Dschihad-Foren entdeckt, in denen er dem Töten von Amerikanern das Wort redete; im Sommer 2008 habe er sich mit dann FBI-Agenten getroffen, die sich als al-Qaida-Mitglieder ausgaben und als solche einen Bombenanschlag auf ein Gebäude in Dallas - "Fountain Place office" - planten. Als er einen Lastwagen, der angeblich mit Sprengstoff beladen war, in der Tiefgarage des Gebäudes parkte, warteten die Handschellen auf ihn.