Pulsmesser: "Harte Fakten" für den Sportlehrer

Quantifizierte Selbstkontrolle soll für Motivation der Schüler und Entlastung der Lehrer sorgen. Bild: Polar.com

Lehrer wollen die körperliche Fitness der Schüler mit einer App zur Pulsmessung steigern und endliche "objektive" Noten vergeben

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Dubuque ist eine Stadt mit fast 60.000 Einwohnern am Mississippi in Iowa. Im Moment macht die Stadt gerade Schlagzeilen, weil sie bei der Überwachung der Schüler Pioniergeist zeig.

Die Schulbehörde von Dubuque hat beschlossen, dass zwar nicht schon die ganz Kleinen, aber die Schüler der öffentlichen Mittel- und Oberschulen beim Turnunterricht einen Pulsmesser tragen müssen. Verwendet wird ein webbasiertes Produkt von PolarGoFit.com, bei dem die Schüler einen Brustgurt tragen. Die Daten werden in Echtzeit an eine iPad-App überspielt und können vom Lehrer einzeln oder kollektiv eingesehen werden. Auch die Schüler sehen ihre Leistungen und können sie mit dem Rest der Klasse vergleichen. Es lassen sich Vorgaben einstellen und man kann Fortschritte etwa über das ganze Schuljahr hinweg feststellen.

Offenbar ist daran gedacht, dass die Ergebnisse aller Schüler während des Unterrichts für alle einsichtig auf die Wand oder einen Bildschirm projiziert werden. Auch so kann dann der Sportunterricht zum Panoptikum werden und das Feedback zur Möglichkeit, den Wettbewerb aller gegen alle noch besser zu verankern. Der Hersteller wirbt, dass man mit PolarGoFit den Schülern helfe, "die Wichtigkeit eines körperlich aktiven Lebensstils zu verstehen". Offenbar geht man davon aus, was ja auch vielfach geschieht, dass durch Feedback und Konkurrenz eine sich selbst verstärkende Optimierungsspirale entsteht, die Maus also gewissermaßen im Laufrad immer schneller und länger läuft.

Dubuques Schulen sind nicht die ersten, die PolarGoFit verwenden. Das machen bereits einige andere Schulen und Unis, bei denen die Überwachungstechnik aber meist freiwillig verwendet wird. Den Schülern und Studenten scheint dies zu gefallen, schließlich ist Selbstüberwachung auch zur Leistungssteigerung/Optimierung und im Vergleich mit anderen zu einem Massenvergnügen des Lifelogging geworden (Wille zur Kontrolle). Den Schülern gefällt es erst einmal, wenn sie in der Schule auch mit neuen Gadgets umgehen können, die Sportlehrer haben nun "harte Fakten", um die körperliche Leistung der Schüler und ihren eigenen Erfolg bewerten zu können. Es seien "verlässliche" Daten, heißt es. Zudem würde damit die Motivation der Schüler gesteigert, die jeder Zeit sehen können, ob sie die Ziele erreichen. Eine Lehrerin von der Hortonville Middle School sagt etwa: Die Verwaltung schätzt die harten Daten, die sie über die Schüler und ihren Fitnessgrad liefern kann.

In Dubuque müssen aber die Schüler die Pulsmesser im Unterricht tragen, damit festgestellt werden kann, ob sie sich ausreichend körperlich bewegt haben. Amy Hawkins, die Direktorin für Sport und Wellness, erklärte, dass die Daten aus den Pulsmessern "einen großen Teil ihrer Note ausmachen werden, weil wir sie nach dem benoten wollen, was sie wirklich im Unterricht machen". Auch sie preist die Objektivität an, die persönliche Meinung spiele keine Rolle mehr. So brauchen die Eltern nicht mehr glauben, dass ihr Kind dies oder jenes im Unterricht macht und auf die Note warten, jetzt können sie anhand der Daten jederzeit sehen, was es körperlich leistet oder dass es nicht gemütlich im Sport herumsitzt. Der Schulbezirk will, so sagt sie, damit demonstrieren, "wie wichtig Gesundheit und Fitness für unsere Jugend und unsere ganze Kommune ist. Wenn die Kinder besser ihren Fitnessgrad erkennen, dann wird sie das motivieren, diesen weiterhin zu verbessern."

Nett ist auch, wenn die Sportlehrerin Hart Weeber, sagt, sie freue sich schon darauf zu sehen, wie das Programm den Motivationsgrad beeinflusst. Sie hofft natürlich, dass sie als Lehrerin davon entlastet wird, was sie natürlich nicht explizit sagt. Nach ihr wird das Programm sofort Feedback geben und zeigen, "ob sie es gut machen oder ein bisschen härter arbeiten müssen". Und es gibt noch eine weitere Entlastung: "Ich muss die Schüler nicht mehr durch Zuschauen benoten. Jetzt weiß ich, ob sie wirklich arbeiten."