"Notfalls lassen wir auf Anderswählende schießen"

Winter-Interview mit dem PARTEI-Vorsitzenden Martin Sonneborn, MdEU

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Die Rheinland-Pfalz-Wahl wird überschattet von der Nichtteilnahme der Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative (PARTEI), die ausgerechnet bei ihrem Kernthema Populismus diesmal nicht mit den Mitbewerberinnen mithalten konnte. Doch der Parteivorsitzende Martin Sonneborn bleibt zuversichtlich.

In Rheinland-Pfalz stehen Wahlen an. Die PARTEI wurde bei der Elefantenrunde jedoch nicht berücksichtigt, weshalb CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner ihre Teilnahme abgesagt hatte. Zeichnet sich eine neue Allianz ab?

Martin Sonneborn: Das kann ich noch nicht abschließend beantworten. Wir haben die erforderlichen 2.000 Unterstützer-Unterschriften nicht zusammengebracht, weil die Pfälzer zu dumm sind für moderne Turbopolitik. Deswegen versteigert Deniz Y. Dix, Landesvorsitzender der PARTEI in Rheinland-Pfalz, gerade das Stimmpaket der PARTEI bei Ebay. Ich hoffe, der Preis geht noch ein bisschen nach oben, ein paar Zehntausend Stimmen sind in Rheinland-Pfalz ja kein Klacks. Der Höchstbietende derzeit kommt aus dem FDP-Umfeld.

Hat Ihr Landesverband zur Lobby keinen direkteren Draht als eine Plattform für Gebrauchtwaren?

Martin Sonneborn: Sie haben Recht, bei dem hohen Prozentsatz an Jung- und Erstwählern, den wir mit der PARTEI abfischen, handelt es sich ja gar nicht um Gebraucht- bzw. Dritt- oder Altstimmen. Aber egal, das Angebot steht.

Haben Sie die pfälzischen Wähler möglicherweise nicht populistisch genug angesprochen? US-Präsidentschaftsbewerber Donald Trump, der ja in jüngster Zeit Maßstäbe in Sachen Populismus setzte, hat pfälzische Wurzeln.

Martin Sonneborn: Möglicherweise muss Spitzenkandidat Dix noch nachlegen, z.B. im Bereich seiner Frisur.

Anderen Parteien scheint dort Populismus zu gelingen. So konnte einst FDP-Mann Rainer Brüderle als Weinbau-Minister Sympathien sammeln, die CDU-Kandidatin empfiehlt sich als Weinkönigin. Die PARTEI hingegen bietet nur Aussagen zum Bier. Wird das Bier wirklich entscheiden?

Martin Sonneborn: Ich bin mir nicht sicher. Deswegen haben wir auch extrem platte Parolen zum Branntwein: "Bau kein' Scheiß mit Schnaps!" Das mag der Pfälzer.

Martin Sonneborn. Bild: Martin Krolikowski/CC-BY-SA-2.0

Die rheinland-pfälzische SPD will ihre Wahlkämpfer mit dem Slogan Pack‘ mit an! motivieren. Sehen Sie die SPD nach dem Abgang von Kurt Beck wieder über der 5%-Hürde?

Martin Sonneborn: Nur, wenn sie bei Ebay unsere Stimm-Empfehlung kauft.

Apropos "Pack": Die GRÜNEN haben Frau Klöckner mit einem Hitler-Bild geschmäht. Gehört sich geschmacklose Satire im Wahlkampf, oder gelten in der Karnevalshochburg Mainz andere Maßstäbe?

Martin Sonneborn: Man muss in solchen Fällen genau analysieren: Wurde Klöckner geschmäht? Oder Hitler?

Die PARTEI war einst mit dem Anspruch von Populismus angetreten, hat sich jedoch als einzige zu den Vorgängen am Kölner Hauptbahnhof zurückgehalten. Denken Sie nicht an die Stammwähler?

Martin Sonneborn: Wir haben stattdessen Taten sprechen lassen. Schauen Sie mal hier, Poooopulismus pur. Verzeihen Sie das schlichte Wortspiel ...

Als die PARTEI vor einem Jahrzehnt gestartet war, gehörte zu den Kernforderungen auch der Wiederaufbau der Mauer. Nun will die AfD tatsächlich wieder Mauern aufbauen, diesmal sogar sieben Meter hoch mit NATO-Draht. Haben Sie den Trend verschlafen?

Martin Sonneborn: Im Gegenteil, die Mauer-Idee ist doch die ureigenste Idee der PARTEI. Und immer mehr Länder in Europa greifen sie auf, der irre Ungar Viktor Orban, die Österreicher, demnächst Griechen und Italiener. Die AfD hat nur den Schießbefehl beigesteuert. Guter Anlass das für ein neues PARTEI-Plakat:

Nun ja, die PARTEI hatte bereits vor Jahren für den Fall eines Wahlsiegs versprochen, die Hundert reichsten Deutschen an die Wand zu stellen. Die AfD will jetzt sogar die Ärmsten, nämlich Flüchtlinge beim Grenzübertritt abknallen lassen. Ist die PARTEI zu weich für ernst zu nehmende Politik?

Martin Sonneborn: Wenn ich mir die Damen Petry und von Strolch anschaue: Sie haben wahrscheinlich recht. Wir sind halt eine normale Macho-Partei und Männer sind einfach nicht hart genug für so etwas.

Die PARTEI hatte für Bundestagswahlen stets attraktive Frauen ohne kommunizierte Hirntätigkeit aufgestellt. Auch insoweit wurde das Konzept nach Luckes Abgang nun von der AfD erfolgreich kopiert. Wie wollen Sie künftig der AfD Stimmen abjagen?

Martin Sonneborn: Mit Gewalt. Notfalls lassen wir auf Anderswählende schießen. Die sind ja eh alle über 18.

Verlassen wir die Provinz und wenden uns großer Politik zu! In Iowa wurde im sogenannten Caucus der US-Präsidentschaftsbewerber mit einem Münzwurf gelost. Sehen Sie als prozessfreudiger Kritiker des deutschen Wahlsystems hier Anregungen?

Martin Sonneborn: Gute Idee. Es gab in der Antike Staatsgebilde, in denen strittige politische Entscheidungen ausgewürfelt wurden, und Historiker werden Ihnen bestätigen, dass das auf längere Sicht keine größeren Nachteile für das Staatswesen mit sich brachte. Ähnliches gilt übrigens auch für alternierendes JA/NEIN-Stimmen im EU-Parlament.

Sie gehören als Europaabgeordneter zu den wenigen Menschen, welche die geheimen Dokumente zu TTIP lesen dürfen. Sehen Sie nicht auch die Gefahr, dass die europäischen Verhandlungsführer die USA über den Tisch ziehen?

Martin Sonneborn: Na, klar! Ich habe schon zeitig darauf hingewiesen, dass, wenn wir den bizarren TTIP-Quark schon vereinbart hätten, VW jetzt die USA auf entgangene Gewinne verklagen würde statt umgekehrt. Aber auf mich hört ja keiner!