Neigen die gesellschaftlichen Loser zu den Rechtsextremen oder den Nichtwählern?

Eine repräsentative Erhebung über die Parteienpräferenz der Deutschen zeigt, dass die Grünen die Partei der Jüngeren, gut Gebildeten, besser Verdienenden und der Frauen sind

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Leider hat es die im Auftrag der Universität Leipzig und Gießen durchgeführte repräsentative Umfrage zur Parteienpräferenz von 2512 Deutschen versäumt, auch die Anhänger der Piratenpartei mit aufzunehmen. Die Umfrage wurde im Sommer durchgeführt, was zeigt, wie schnell sich die Verhältnisse ändern können. Gleichwohl bietet die Erhebung interessante Einblicke in die Anhänger der Parteien, denn es wurden auch soziodemografische Daten zu Geschlecht, Arbeitslosigkeit, Alter, Konfession, Einkommen sowie Bildungsstand erfasst.

Die Wähler verteilen sich sehr schön schon nach dem Haushaltseinkommen. Die Liberalen, obgleich derzeit zur Splitterpartei verkümmert, hat den größten Anteil an Anhängern mit einem Haushaltseinkommen über 2500 Euro, nämlich mehr als 40 Prozent. Knapp hinter den Liberalen kommen allerdings schon die Grünen, die einen Anteil von 37 Prozent stellen. Daran lässt sich auch sehen, dass nicht alle Besserverdienenden auf Reichtumsmehrung und Steuerkürzung setzen. Die Union (30,9%) und die SPD (29,2%) folgen erst auf dem dritten und vierten Platz und machen sich diesbezüglich die Mitte streitig. Die Linke vertritt schon eher die Geringverdiener (22%) und konkurriert hier mit den rechten Parteien NPD/ Rep/ DVU (20%). Bei den Nichtwählern finden sich übrigens am wenigsten Besserverdienende, was auch heißt, dass die Geringverdiener eher auf Links und Rechts setzen oder ihre Interessen nirgendwo vertreten sehen.

Fast genau umgekehrt sieht die Reihenfolge aus, wenn man nur ein Haushaltseinkommen von unter 1000 Euro berücksichtigt. Den höchsten Anteil der Geringverdiener findet man bei den Rechten, gefolgt von den Linken und den Nichtwählern. Wenn es um die Angst um den Arbeitsplatz geht, findet man die Meisten wiederum in dieser Reihenfolge bei den letztgenannte Gruppen. Und genauso sieht es bei den Arbeitslosen aus. Bei den Rechten sind 20 Prozent arbeitslos, bei den Linken 18 und bei den Nichtwählern 10,8. Deutlich weniger sind es schon bei der SPD (6,1%), bei den Unionsanhängern sind es nur 3,8 Prozent.

Die mit den rechtsextremen Parteien sympathisiernden Menschen muss man als gesellschaftliche Loser begreifen, die hier wohl eine Heimat finden, wenn sie nicht gleich lethargisch zu den Nichtwählern übergehen. Die Sympatisanten der Linken haben zwar manches gemein mit diesen beiden Gruppen, aber ihre Anhänger stammen mehrheitlich aus dem Osten Deutschlands, während die Sympathisanten der Rechtsextremen zu 80 Prozent aus dem Westen kommen. Zudem sind die Linken deutlich besser gebildet, Abitur haben 17,5 Prozent, bei den Rechten nur 10 und bei den Nichtwählern sogar nur 6,9 Prozent. Die "Volksparteien" SPD und Union kommen beide auf etwa 14 Prozent. Bei den Grünen sammeln sich die Bildungsbürger mit mehr als 34 Prozent, auch die Liberalen kommen mit mehr als 23 Prozent noch vor den Linken. Bei den Piraten dürfte der Anteil der gut Gebildeten vielleicht derzeit noch höher als bei den Grünen sein. Die haben in dieser Erhebung auch die meisten jungen Anhänger, gefolgt von der FDP, mehrheitlich ältere Menschen findet man bei der Union, dann der SPD und der Linken.

Die Grünen - darin könnten sie sich noch von den Piraten unterscheiden - haben mit über 63 Prozent auch deutlich mehr Anhänger bei den Frauen als bei den Männern. Allerdings sind auch bei den Nichtwählern und der Union die Frauen in der Mehrheit. Bei SPD und den Liberalen ist das Verhältnis etwa halbe/halbe. Die Linkspartei wird aber mit 62 Prozent von den Männern und bei den rechtsextremen Parteien sogar mit 80 Prozent präferiert. Linke und Rechtsextreme haben auch noch gemeinsam, dass ihre Anhänger sich zur Hälfte als konfessionslos bezeichnen. Bei der Union gibt es hingegen die wenigsten Konfessionslosen.

Nach der Erhebung rekrutieren die rechtsextremen Parteien ihre Anhänger am stärksten aus den Gruppen der Geringverdiener, Arbeits- und Konfessionslosen, der schlechter Ausgebildeten und der Männer. Das könnte schon ein Anlass für die Wut auf die Anderen sein und den Versuch, sich wenigstens gegenüber den "Ausländern" als überlegen zu betrachten, weil die Männer sich als Loser fühlen, was die Frauen nicht sonderlich anzuziehen scheint. Nichtwähler haben soziodemografisch viel mit den Anhängern der Rechten gemeinsam, die Anhänger der Linkspartei unterscheiden sich vor allem aufgrund der Herkunft aus dem Osten und der Bildung. Union und SPD sind noch immer die Mitte, die allerdings vom Aussterben bedroht sind, die FDP dürfte sich wohl selbst erledigt haben. Die Grünen haben nach der Erhebung aus dem Sommer die Jungen, gut Gebildeten, besser Verdienenden und die Frauen hinter sich. Aber damit dürften sie, wie gesagt, bereits in Konkurrenz mit den Piraten stehen, die von den Grünen, aber auch von den Liberalen, Sozialdemokraten und Linken, aber auch von den Nichtwählern Anhänger gewinnen. Die Autoren der Studie ziehen folgende Kurzzusammenfassung:

Arbeitslose Männer für Rechtsextremisten empfänglich - FDP und Grüne Parteien der Besserverdiener.