Online-Banking - einmal anders

Online-Samenbanken boomen in den USA, in Deutschland hingegen ist der Spermien-Markt viel strenger reguliert

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Samenbanken sind für viele Paare die letzte Rettung, wenn es mit dem Kinderkriegen nicht klappen will und der Grund dafür beim Manne liegt. Eine Mumps-Erkrankung in der Kindheit etwa ist eine von vielen denkbaren Ursachen für männliche Unfruchtbarkeit. Die Samen sind dann rar und unbeweglich statt zahlreich und fidel.

In Samenbanken bekommen Spender einen bestimmten Geldbetrag für ihre Spende. Bei der Berliner Samenbank etwa erhalten Freiwillige laut Auskunft der Website rund 100 Euro pro Erguss. Sie müssen sich allerdings wenigstens ein Jahr lang alle zwei Wochen zur Verfügung stellen. (Video der Berliner Samenbank über den Alltag einer solchen Einrichtung).

"Wir haben unsere Papierkataloge eingemottet"

Samenbanken arbeiten üblicherweise diskret und leise, doch in Zeiten des Internet folgen zumindest in den USA immer mehr Spermien-Anbieter den Regeln des freien Markts und - werden zu Versandhäusern. Versandhäuser aber haben Versandhauskataloge, und diese kann man bekanntlich online stellen.

Alice Ruby, die Direktorin der Sperm Bank of California bekannte gegenüber Wired freimütig, dass in ihrer Samenbank mittlerweile praktisch alle Samenbestellungen online abgewickelt werden. Papierkataloge gibt es nicht mehr. Die Auswahl des Spenders in solchen Datenbanken erfolgt dann wie anderswo auch nach Kriterien wie Haarfarbe, Körperstatur und -größe, Augenfarbe, Blutgruppe, Hobbies, Fähigkeiten und sozialem Umfeld des Spenders.

Für die Kunden der Samenbanken ist die amerikanische Online-Praxis ein Segen. Statt wie vorher von Anbieter zu Anbieter fahren bzw. sich Dutzende Kataloge zuschicken lassen zu müssen, können kinderhungrige Paare jetzt bequem von der Wohnzimmercouch aus die Angebote vergleichen. Doch es kommt noch besser: Die ersten Samenbanken experimentieren bereits mit Fotos der Spender, die sie zusätzlich zu den angebotenen Informationen über den sozialen Hintergrund quasi als Illustration des Angebots ins Netz stellen.

Die amerikanische Praxis macht es im Prinzip auch denkbar, dass eine Insemination völlig ohne ärztliche Hilfe in Eigenregie zuhause durchgeführt wird. Ein Klick und eine Kreditkartennummer setzen das FedEx-Fahrzeug in Gang, und die ursprünglich bei minus 196 Grad gekühlten Spermien sind beim Kunden, noch bevor sie Zeit hatten, richtig aufzutauen.

Rigides deutsches Recht macht Online-Banking wenig praktikabel

In Deutschland seien Online-Samenbanken nicht üblich, wie der Essener Arzt Thomas Katzorke, Vorsitzender des Arbeitskreises Donogene Insemination (ADI) auf Nachfrage erklärte. Der Spermienmarkt ist hierzulande wesentlich regulierter. Nach dem Embryonenschutzgesetz stehen künstliche Befruchtungen aller Art unter dem so genannten Arztvorbehalt: Nur ein Arzt darf die Maßnahme durchführen. Bei den Inseminationen sieht die Anwendung dieses Gesetzes in der Praxis so aus, dass die Samenbanken in Deutschland ihre Ware generell nur an Ärzte verschicken. Das wiederum macht Online-Kataloge, zumindest mit Bestelloption, etwas unpraktisch, wenn sie auch nicht im eigentlichen Sinne verboten sind. Insgesamt werden laut Auskunft von Katzorke in Deutschland etwa tausend Inseminationen im Jahr durchgeführt. Dazu kommen rund zehntausend In-vitro-Fertilisationen.

Auch in Amerika gibt es übrigens noch Samenbanken, die so arbeiten wie ihre deutschen Geschwister. Sie kommunizieren nur mit Ärzten und verzichten auf Onlinebestellungen, wie etwa Idant Laboratories in New York oder San Francisco's Pacific Reproductive Services.

Schon mal an ein Kind von einem Dänen gedacht?

Zu einem Problem kommt es, wenn deutsche Paare bei ausländischen Samenbanken Spermien einkaufen und sie in Deutschland verwenden möchten. Amerikanische Samenbanken etwa werben zum Teil explizit um europäische Kunden. Auch in Dänemark gebe es eine große Samenbank, die Privatbestellungen aus dem Ausland entgegen nehme. "Der Marktanteil dieser Anbieter ist allerdings klein", so Katzorke.

Steht allerdings dennoch ein Kunde mit importierten Samen vor der Praxistür, dann steht der Arzt vor einem Dilemma. Denn das deutsche Recht verlangt von ihm unter Anderem, die Spenderdaten aufzubewahren, damit das Kind später die Möglichkeit hat, zu erfahren, wer sein leiblicher Vater ist. In anderen Ländern existiert dieses Recht nicht, und auch in Deutschland wird in der Praxis davon kaum Gebrauch gemacht. Gelöst werden derartige Probleme meist, indem vor der Insemination ein aufwändiges notarielles Prozedere durchgezogen wird, das den Arzt und vor allem auch die Frau vor bösen Überraschungen schützen soll.