Bush 41 und Bush 43

Versucht 43 mit dem Krieg sein kraftloses Ich zu korrigieren?

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Niemals in meinem Leben habe ich einen Tag wie diesen erlebt. Ich bin sehr müde. Ich habe schlecht geschlafen...Mein Magen schmerzt, das blutende Magengeschwür damals war nichts dagegen....Ich denke daran, was Präsidenten vor mir durchgemacht haben müssen....Die Agonie des Krieges

George Bush, 41, 16. Januar 1991

Sein Sohn George Walker, auch "W" genannt, sah am 20.März 2003 nicht so aus, als habe er Magenschmerzen, er sah vielmehr so aus, als könne er sich ein freudiges Grinsen kaum verkneifen. Gehört er zu einer Generation, die einen Krieg pragmatischer abhandelt und hatte er persönliche Gründe, darüber froh zu sein, ihn zu führen?

Bush Senior, der weil er 41.Präsident der Vereinigten Staaten war, auch gerne "41" genannt wird - scherzhaft pflegt er sich zu beklagen, dass er, der ehemals mächtigste Mann der Welt, nunmehr eine Nummer sei - gibt nicht gerne preis, was er vom Irak-Abenteuer des Sohnes hält. Auch als er, übrigens vor genau einem Jahr, in Deutschland zu Besuch war, wo ihn die Atlantik-Brücke für sein deutsch-amerikanisches Engagement auszeichnete, übte er sich schon in Diskretion und harmlosen Witzen. "Was hat Dein verrückter Vater da gesagt??" würden die US-Journalisten W fragen, wenn er, 41, zum Thema Irak nicht die Klappe halten würde. Identitätskrise und Redeverbot - beides selbstverständlich ein Witz. Ein Witz? Oder...

"Von einer Bank aus" so sagt Bush Senior gerne, verfolge er das politische Treiben - und unwillkürlich denkt man an "Asterix auf Korsika", an die alten Männer, welche in die Hände klatschend die Kriegsopfer an sich vorbeifliegen sehen. Nr. 41 aber klatscht nicht in die Hände. Seit der Konflikt sich zugespitzt hat, beehre der 78jährige, so Elisabeth Bumiller in der New York Times (White House Letter; Another President Bush Watches on the Sidelines) den Kriegsrat des Weißen Hauses mit einer geisterhaften Anwesenheit, er sei "the phantom antihawk" zu deutsch "der Phantom-Anti-Falke". Kein Freund von Donald H. Rumsfeld, aber ein Fan von Colin L. Powell, der unter ihm Generalstabschef war. In manchen Washingtoner Kreisen sagt man, Bush Senior bilde gemeinsam mit Powell und Tony Blair die "axis of virtue'', die "Achse der Tugend". Freunde und enge Berater von ihm heben hervor, welch große Sorge ihm die "go-it-alone hawks" bereiten würden, die Falken, welche im Alleingang, unilateral, zunächst den Irak und dann die Welt neu ordnen wollen.

Wenn wir damals nach Bagdad einmarschiert wären, hätten die arabischen Länder die Koalition sofort verlassen. Dann hätte es keinen Nahost-Friedensprozess gegeben, nicht die Konferenz von Madrid und wahrscheinlich auch keinen Frieden zwischen Jordanien und Israel.

Ex-Außenminister James Baker über den Krieg von 1991

Als die USA den Irak 1991 angriffen, hatte 41 eine Koalition von 32 Staaten hinter sich versammelt. Und er hatte gut vier Wochen zuvor im Weltsicherheitsrat die völkerrechtliche Legitimation erhalten. Die Bedeutung einer internationalen Koalition, Freundschaft mit Deutschland und Frankreich sind Punkte, an dem Vater und Sohn wahrscheinlich uneins sind, aber wir hören nur von väterlicher Loyalität:

Es ist ein falsches Stereotyp, dass unser Präsident sich im Alleingang in den Krieg stürzen will

Sein Sohn würde den Krieg ebenso hassen wie er selbst.

Brent Scowcroft, Sicherheitsberater des Präsidenten während des Krieges von 1991, hat kürzlich bei einer Rede vor dem norwegischen Nobel-Institut davor gewarnt, dass wenn man zu schnell auf eine demokratische Transformation des Irak dränge, bürgerkriegsähnliche Zustände und sektiererische Gewalt zu befürchten wären. Auch mahnte er, dass die UN eine wichtige Rolle im Irak spielen müsse.

Man muss kein Psychologe sein, um zu ahnen, dass Vater Bush weise genug ist, in den Gesprächen, die er mehrmals in der Woche mit seinem Sohn führt, ähnlich direkte Handlungsanweisungen zu vermeiden - wenn er nicht will, dass sein Sohn das Gegenteil macht. Zumindest meinen das Berater: Die Beziehung des Sohnes zum Vater sei immer noch von einem emanzipatorischen Bestreben erfüllt, so dass 43, wenn 41 versuche energisch zu werden, automatisch trotzig reagiere und... alles gehe nach hinten los. Andere glauben, dass der Bush Senior der einzige sei, der den Junior stoppen könnte.

Frank Bruni vermutet in seinem Buch "Ambling into History", dass der Sohn schon immer ein großes Problem mit dem ihm intellektuell und auch sportlich überlegenen kosmopolitischen Vater gehabt hat: "In manchen Momenten sah sein ganzes Leben wie die verwackelte Kopie der Biographie seines Vaters aus: derselbe Text, aber weniger klar, kraftlos und irgendwie korrekturbedürftig."

Ist dieser Krieg, der den Vorgängerkrieg des Vaters nachträglich korrigieren will, gleichzeitig eine Korrektur des kraftlosen Ichs des Sohnes? Es ist die alte Geschichte von Anbetung und Auflehnung. 41, übrigens kein Texaner, wirft von seiner Bank aus nach wie vor einen langen Schatten auf die Handlungen seines Sohnes.

So versucht der Sohn etwas zu vollenden, was der Vater für bereits vollendet hält. Eine unmenschlich schwere Aufgabe. Von der Schmach, jeden Tag mit Füßen getreten zu werden, hat er den Erzeuger zumindest befreit: Das Mosaik, das nach dem Golfkrieg 1991 von einem irakischen Künstler im Bagdader Hotel Al-Rashid in den Boden des Eingangs eingelassen worden war, ist jetzt von US-Soldaten entfernt worden. Es zeigte ein Portrait des ehemaligen Präsidenten, dazu die Zeile: "Bush is criminal".

Einer der Drahtzieher des Attentats auf 41, das 1993 in Kuwait vereitelt werden konnte soll Faruq Hijazi, ein irakischer Geheimdienstler gewesen sein. Als "Typ, der meinen Vater töten wollte" hatte sich Saddam Hussein mit diesem Attentat schon den Hass von W zugezogen - ein weiterer Grund für ihn, in Irak einzumarschieren. Nun soll Faruq Hijazi in Syrien gesehen worden sein. Wo auch sonst...