Wird in den USA die Wiedereinführung der Wehrpflicht vorbereitet?

Bild: USAF

Den Weg könnte eine Nationale Kommission eröffnen, die seit September mit dem Auftrag tätig ist, den Personalmangel zu beheben und eine Masseneinberufung im Krisenfall zu ermöglichen

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Ende Dezember 2016 hatte der Kongress beschlossen, eine unabhängige Nationale Kommission für den militärischen, nationalen und öffentlichen Dienst einzurichten. Ihre Arbeit nahm die Kommission im September 2017 auf. Im Kern steht dabei das Selective Service System, bei dem sich trotz der Beendigung der Wehrpflicht 1973 nach dem Vietnam-Krieg weiter junge Männer zwischen 18 und 25 Jahren, auch in den USA lebende Ausländer, registrieren müssen. Seit langem wird ein Vergehen nicht mehr strafrechtlich verfolgt, eine Einberufung kann aber aufgrund einer "nationalen Krise" weiterhin erfolgen. Nachdem es den amerikanischen Streitkräften wie den meisten anderen Berufsarmeen immer schwerer fällt ausreichend gut ausgebildete und fitte Rekruten zu finden, soll die Kommission untersuchen, wie sich dies verändern lassen könnte.

Dabei spielt das Selective Service System (SSS) eine wichtige Rolle, denn es gibt die Daten über potentiell einzuberufende junge Männer weiter an die Streitkräfte, die damit diese dann zum Werben für den Soldatenberuf nutzen. Allerdings scheinen die Daten nicht gut gepflegt zu sein, weil sich viele nicht registrieren oder Adressänderungen bei einem Umzug nicht melden. 2016 waren zwei Gesetzesvorschläge eingereicht worden, die eine Abschaffung des SSS vorsahen, dagegen wurde im Senat dann aber einen Zusatz zum Pentagon-Haushaltsgesetz 2017 vorgeschlagen, nach dem sich auch die jungen Frauen hätten registrieren lassen müssen. Er fand aber keine Mehrheit im Repräsentantenhaus. Eine Mehrheit fand hingegen die Bildung der Kommission.

Klar ist jedenfalls, dass eine Rückkehr zur Wehrpflicht jederzeit möglich wäre, wenn der Präsident eine nationale Krise ausruft und der Kongress zustimmt. Vorgesehen ist dann, dass eine Auswahl aus den registrierten Männern durch eine Lotterie erfolgt. Wer hier ein Los zieht, wird einer Musterung unterzogen, die entscheidet, ob jemand einberufen wird oder nicht.

Die Kommission soll nun über die Registrierung des SSS und darüber nachdenken, wie die Zahl derjenigen erhöht werden kann, die vor allem in die Streitkräfte, aber auch in andere Dienste eintreten, um die nationale Sicherheit zu garantieren. Joseph Heck, der Vorsitzende der Kommission, erklärte, man werde Befragungen der Öffentlichkeit, eine nationale Diskussion und Gespräche mit Soldaten durchführen, "um Empfehlungen für eine größere Stärkung des militärischen, nationalen und öffentlichen Dienstes zu geben". Erste Anhörungen und Veranstaltungen wurden bereits ausgeführt. Die Aufgabe besteht besonders darin, den SSS-Prozess so zu verändern, dass Menschen mit Qualifikationen etwa in der Medizin, in Sprachen, in Cyber oder in Wissenschaft, Technik, Ingenieurswesen und Mathematik (STEM), "die die Nation benötigt, ohne Hinblick auf Alter und Geschlecht", zu erhalten. Die Website der Kommission heißt es denn auch inspire2serve.gov.

Bild: inspire2serve.gov

Aus den Formulierungen wird nicht deutlich, ob es dabei auch um die Wiedereinführung der Wehrpflicht gehen soll. Aber eine Passage aus dem Zusatz zum Pentagon-Haushaltsgesetz lässt das vermuten, auch wenn man sich bedeckt hält. Die Kommission soll auch Empfehlungen aussprechen

ob angesichts der gegenwärtigen und vorhergesagten globalen Sicherheitslage und der sich verändernden Kriegsführung eine andauernde oder mögliche Notwendigkeit für einen militärischen Auswahlprozess weiter besteht, um eine große Zahl an Kampfsoldaten für die Streitkräfte zu produzieren, und falls dies so ist, ob ein solches System eine verpflichtende Registrierung aller Bürger und Bewohner unabhängig vom Geschlecht einschließen sollte.

Es soll also daran gedacht werden, wie sich angesichts einer Krise schnell ganze Massen einziehen lassen, dabei soll auch die bisherige Altersregelung und die Beschränkung auf Männer fallen. Man darf vermuten, dass bei den Anhörungen, Veranstaltungen und Gesprächen eruiert werden soll, wie die Wiedereinführung einer Wehrpflicht in der Öffentlichkeit ankommt. Zumindest wird dies als erste Frage von der Kommission genannt, die Bürger und Einwohner auffordert, dazu bis 30. September Stellung zu beziehen: "Is a military draft or draft contingency still a necessary component of U.S. national security?"

Die "Vision" der Kommission ist: "Every American, inspired and eager to serve." Wenn das Bedürfnis aber nicht so groß ist und Präsident Trump, der schnell mit militärischem Druck und militärischen Aktionen bei der Hand ist, eine nationale Krise ausruft, will man gewappnet sein. Die USA wären auch nicht der erste Staat, der nach Abschaffung der Wehrpflicht diese wieder einführen würde, wenn die Soldaten fehlen - und vor allem solche mit dem entsprechenden technischen Wissen.

So hat Schweden 2017 nach nur sieben Jahren die Wehrpflicht wieder eingeführt (Soldatenmangel: Schweden führt die Wehrpflicht wieder ein, 2015 wurde sie von Litauen wieder eingeführt. Im Macron-Frankreich, das auch weiter gerne militärisch agiert, wird über die Einführung eines Pflichtdienstes diskutiert.

Auch die Bundeswehr hat Probleme, geeignetes Personal für das zu finden, "was wirklich zählt". In Deutschland wäre der Boden dafür bereitet. Nicht nur wird immer von der gestiegenen "Verantwortung" gesprochen, also von Militäreinsätzen, nach einer repräsentativen Umfrage vom Januar 2018 sollen 66 Prozent der Deutschen für die Wiedereinführung eines Pflichtdienstes sein.

Und die AfD macht sich für eine Wehrpflicht sowieso stark. Jan Nolte, für die AfD im Verteidigungsausschuss, beklagte vor kurzem zudem einen "Trend zur Verweichlichung" in der Bundeswehr. "Disziplin, Pünktlichkeit, das sind Tugenden, die schaden einem jungen Menschen nicht", ist sein Argument für die Wiedereinführung der Wehrpflicht. Die Frauen sollen allerdings nach dem Willen der AfD lieber am Herd bleiben und nicht die Hand am Gewehr haben. In der AfD-Bundestagsfraktion sind von 92 Abgeordneten nur 10 Frauen, ein Rekord, der noch die Verhältnisse in der Union überbietet.

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