Agil unter Druck

Von einer "Evolution der Unternehmens- und Arbeitsorganisation" berichtet eine Fachinitiative. Wie die Veränderungen Belegschaften unter Druck setzen

Für Henry Ford war die Arbeitsorganisation eine einfache Sache. Die Arbeiter erhalten Anweisungen, die Meister kontrollieren die Umsetzung. Top-down-Planung, Zeitstudien, Prämienlohnsysteme und vorgegebene Bewegungsabläufe sollen die Leistung der Arbeiter steigern. Eine "wissenschaftliche Betriebsführung" entwickelte Frederick Winslow Taylor, der Arbeitsabläufe zerstückelte, um den Beschäftigten einzelne Arbeitsschritte vorzuschreiben.

Taylor bezeichnete Arbeiter auch als "trainierte Affen", da von oben nach unten geplant und kontrolliert wird. Die Arbeit in manchem Call-Center erfolgt immer noch nach diesen Prinzipien, automatische Anrufsteuerung erleichtert die Auswertung der Gesprächsdauer, künstliche Intelligenz gibt dem Call-Agenten vor, mit welchem Kunden als nächstes telefoniert wird.

Viele Arbeitsplätze sind aber heute nicht mehr über Fließbandarbeit zu organisieren. Einem Programmierer kann der Vorgesetzte keine einzelnen Arbeitsschritte gemäß dem Taylor'schen Prinzip vorschreiben oder stündlich den Arbeitsstand kontrollieren. Vielmehr wird statt einer zentral durchdachten Steuerung indirekte gesteuert. Die Beschäftigten erhalten Aufgaben, bei denen nicht der "Weg" beschrieben wird, sondern nur das Ziel klar definiert ist.

Diese "agile Steuerung" erfolgt, indem sich Beschäftigten in eigener Verantwortung innerhalb der Vorgaben direkt Kunden gegenüber am Markt orientieren müssen. Verknüpft wird diese mit Versprechungen an die hochqualifizierten Angestellten, so iga. Diese Initiative wird von der gesetzlichen Unfallversicherung und Verbänden der gesetzlichen Krankenversicherungen finanziert.

Leistungsdynamik eines Selbständigen für Angestellte

"Die Kernidee agilen Arbeitens ist es, in interdisziplinären Teams selbstorganisiert zusammenzuarbeiten und so das verteilte Wissen der Teammitglieder besser zu nutzen", heißt es im aktuellen Report der Initiative Arbeit und Gesundheit.

Bestimmte Koordinierungs- oder Führungsaufgaben werden vom Team übernommen. Dies kann - wie in einem betrieblichen Beispiel - nach Ausscheiden eines Teamleiters der Fall sein, indem die Geschäftsführung sagt, das Team soll jetzt agil arbeiten, also die Führungsaufgaben selbst organisieren; der Abteilungsleiter übt in diesem Beispiel unverändert seine Aufgaben aus.

Oftmals entfällt also nicht die Führungskraft, sie übernimmt aber zunehmend moderierende Aufgaben, ist für die Strategieentwicklung, die Rahmenbedingungen oder die Weiterentwicklung der Teammitglieder verantwortlich. Crossfunktionale Teams sind funktionsübergreifende Gruppen von Beschäftigten mit unterschiedlichem Fachwissen, die eine gemeinsame Aufgabe haben, etwa die Einführung einer neuen Software im Unternehmen. Es können Vertreter unterschiedlicher Bereiche wie Finanzen, Marketing und Personalwesen beteiligt sein. Vorteile ergeben sich bei zuständigkeitsübergreifenden Projekten, denn die Abstimmung untereinander funktioniert schneller - im Gegensatz zur zuständigkeitsgetrennten Bearbeitung eines Projekts. Allerdings sind die Anforderungen an die Beteiligten hoch. Auf verschiedenen Ebenen müssen Absprachen im Team erfolgen, z.B.

  • bei gemeinsamer Entwicklung der Fragen: Fragen, die in einem Projekt untersucht werden sollen, werden gemeinsam entwickelt
  • bei gemeinsamer Problemsicht: der Inhalt des Projekts wird gemeinsam beschrieben;
  • bei gemeinsamer Methodenfindung: die Methoden zur Untersuchung werden gemeinsam bestimmt, etwa was soll im Team, was soll einzeln bearbeitet werden.

Aber auch bei der "gemeinsamen Sprache" muss es oftmals erst zu einer Einigung kommen. Die für das Projekt zentralen Begriffe sind so zu beschreiben, dass alle Beteiligten mit der Definition arbeiten können. Arbeiten in einem crossfunktionalen Team aus Ingenieuren des Maschinenbaus, Elektrotechnikern und Informatikern zusammen, ist eine gemeinsame Verständigung über Begriffe aufwendig.

Für eine gute Zusammenarbeit im Team sei "eine offene Kommunikationskultur von zentraler Bedeutung, damit beispielsweise Konflikte angesprochen und zeitnah gelöst werden", so die Iga-Wissenschaftler. Das ist jedoch im Arbeitsalltag unter Zeitdruck eine große Herausforderung.

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