Kuhhandel um Freihandel: Warum nur drei Grüne beim "Nein" zu Ceta blieben

Großdemonstration 2015 in Berlin: Bis zu 250.000 Menschen protestierten hier sowohl gegen das vorerst gescheiterte TTIP-Abkommen als auch gegen Ceta. Foto: Edda Dietrich / CC-BY-SA-2.0

Ein Deal der Ampel-Parteien sah die Zustimmung zum Abkommen mit Kanada vor – das wollte die FDP. Dafür wurde auch der Ausstieg aus dem Energiecharta-Vertrag beschlossen – den wollten die Grünen. Die Ausstiegsfrist beträgt 20 Jahre.

Ceta war jahrelang ein Reizthema für die Grünen. Manche von ihnen beteiligten sich sogar mit Transparenten und Parteilogo an Großdemonstrationen gegen das EU-Handelsabkommen mit Kanada. Zwei Abweichlerinnen und einen Abweichler gab es immer noch, als am Donnerstag auch die Grünen im Bundestag der Ratifizierung von Ceta zustimmten. SPD, FDP und Unionsparteien stimmten geschlossen dafür, Linksfraktion und AfD geschlossen dagegen.

Die entwicklungspolitische Sprecherin der Grünen, Deborah Düring, begründete ihre Ablehnung im Anschluss mit den Worten, ihr sei "wichtig, dass Freihandelsabkommen Demokratie, Menschenrechte und Klimaschutz vor Konzerninteressen stellen". Ceta könne dies trotz einer verbesserten Interpretationsklausel nicht garantieren. "Deshalb habe ich heute im Bundestag gegen die Ratifizierung gestimmt."

Im Wahlprogramm der Grünen zur Bundestagswahl 2021 hatte es geheißen, die Partei werde das Abkommen in seiner "jetzigen Fassung" nicht ratifizieren. Das Abkommen solle gemeinsam mit Kanada weiterentwickelt und neu ausgerichtet werden. Laut Fraktionschefin Katharina Dröge sehen die Grünen im Bundestag diese Ziele nun mehrheitlich erreicht.

Weniger "missbrauchsanfällige" Standards?

Gemeinsam mit der EU und Kanada sei es vollbracht worden, "missbrauchsanfällige" Standards beim Investitionsschutz zu reformieren, sagte Dröge laut einem Bericht der Deutschen Presse-Agentur (dpa) am Donnerstag. Missbräuchliche Klagen gegen Klimaschutz und Nachhaltigkeit seien damit Geschichte. Auf den Weg gebracht wurde eine "Interpretationserklärung" eines gemeinsamen Ceta-Ausschusses – die nicht alle Fraktionsmitglieder der Grünen überzeugt.

Der Grünen-Abgeordnete Karl Bär hat sich deshalb auch an einer Demo gegen Ceta vor dem Bundestag beteiligt. Das Stimmverhalten seiner Parteifreunde erklärte er via Twitter mit einer Art Deal in der Koalition mit SPD und FDP: "Für viele in meiner Fraktion ist das die Abstimmung, die sie mitmachen müssen, damit wir den Energiecharta-Vertrag versenken können. Ich kann Ceta trotzdem nicht zustimmen".

20 Jahre Ausstiegsfrist

Vor allem die FDP hatte in der Koalition auf eine schnelle Ceta-Ratifizierung gedrängt, während die Grünen den am Mittwoch im Bundestag beschlossenen Ausstieg aus dem Energiecharta-Vertrag wollten, der als Hemmschuh für die Energiewende gilt.

Die Ausstiegsfrist beträgt allerdings 20 Jahre – bis dahin, im Jahr 2042, sollte Deutschland gemessen an den Pariser Klimaschutzzielen längst klimaneutral sein. Gemessen am Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung hätte es dann noch ganze drei Jahre Zeit, denn hier wird das Jahr 2045 als Zielmarke angegeben.

Die dritte grüne Nein-Stimme bei der Ceta-Abstimmung am Donnerstag kam von Canan Bayram, die als Direktkandidatin im Berliner Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg in den Bundestag eingezogen war – als Nachfolgerin des im August verstorbenen Hans-Christian Ströbele, der sich ebenfalls dem neoliberalen Anpassungskurs der Grünen verweigert hatte.

Der frühere Linke-Chef und Bundestagsabgeordnete Bernd Riexinger bezeichnete die Ceta-Ratifizierung als großen Fehler: Hunderttausende hätten gegen das Abkommen protestiert. Es gebe trotz Nachverhandlungen weiterhin Sonderrechte für internationale Konzerne. Die Greenpeace-Handelsexpertin Lis Cunha betonte: "Das Abkommen schützt fossile Konzerne statt das Klima."

Antje von Brook, Geschäftsführerin des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND), warf der "Ampel" vor, den Weg für eine Sondergerichtsbarkeit von Konzernen zu ebnen. "Das ist ein Skandal." Investorenrechte würden über den Schutz von Umwelt, Klima und Verbrauchern gestellt. "Auch über Zusatzerklärungen lassen sich schädliche Teile des Abkommens wie der Investitionsschutz nicht verbessern."

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