Der Ukraine-Krieg und deutsche Neonazis: Traditionslinien im Widerstreit

Das ultrarechte Asow-Bataillon war seit 2014 in den Donbass-Gebieten berüchtigt. (Hier Durchsuchungsaktion in einem Dorf nahe Mariupol). Archivbild: Carl Ridderstråle / CC-BY-SA-4.0

Bei der AfD scheint der Fall klar zu sein. Tiefbraune Kleinparteien sind sich dagegen nicht einig, wen sie unterstützen sollen. Das sind die Hintergründe.

Während AfD-Politiker wegen möglicher Zuwendungen aus Russland in die Schlagzeilen geraten sind und die Rechtsaußen-Partei im Bundestag als überwiegend prorussisch gilt, bleibt die militante Neonaziszene in Bezug auf Russland und den Ukraine-Krieg gespalten.

"Weiße Nationalisten" mit Identifikationspotenzial für die Szene sind auf beiden Seiten am Krieg beteiligt – und die alten Traditionslinien geraten unter anderem dadurch ins Wanken, dass Russland nicht mehr die Sowjetunion ist.

Während sich die Partei "Die Heimat" (ehemals NPD) antiwestlich positioniert, zumal sie innerhalb der Nato "Deutschland ganz unten" sieht, unterstützt die Partei "Der III. Weg" weiter prowestliche ukrainische Nationalisten, die gegen russische Invasionstruppen kämpfen.

Als "patriotische Friedenslemminge" werden auf der Homepage des III. Wegs jene Teile des rechten Spektrums bezeichnet, die sich aktuell gegen die Aufrüstung der Ukraine positionieren und vor der Verwicklung Deutschlands in einen Krieg zwischen Russland und der Nato warnen.

Braune Kleinpartei sieht Putin als Neo-Bolschewisten

Die praktische Unterstützung des III. Weges mit seinen bundesweit rund 700 Mitgliedern für die ukrainische Front hält sich naturgemäß in engen Grenzen. Ein weiteres "Paket voll Sachspenden" habe Ende letzten Monats das in der Ostukraine kämpfende nationalistische Bataillon "Karpatska Sich" erreicht, rühmte sich die Kleinpartei im März. Vereinzelt kämpften aber auch Freiwillige aus deren Umfeld auf Seiten der Ukraine gegen "Putin und seinen Neo-Bolschewismus".

Die von der Ex-Kommunistin Sahra Wagenknecht als "Oligarchen-Kapitalismus" bezeichnete Russische Föderation unter Putin gilt hier also noch als "würdiger" Nachfolgestaat der verhassten Sowjetunion. Die "Friedenslemminge" würden "in Zeiten imperialistischer Aggressionen gegen die östlichsten Außenposten Europas weiterhin wöchentlich nach Abrüstung und völliger Wehrlosmachung rufen", heißt es weiter beim III. Weg.

Geschwärmt wird dort für die ukrainische Neonazi-Organisation "Centuria", die laut einem Bericht der Tageszeitung junge Welt inzwischen einen deutschen Ableger hat.

Am 24. August 2023 riefen demnach ukrainische Ultranationalisten in Magdeburg eine Initiativgruppe ins Leben: "Obwohl die ukrainische Jugend nicht in ihrer Heimat ist, beginnt sie sich zu vereinen", verkündete sie in sozialen Netzwerken.

Aufmarsch ukrainischer Nationalisten in Magdeburg

Den Feinden ihres Landes solle ein "Höllensturm" bereitet werden, müssten begreifen, dass in Deutschland lebende Ukrainer nicht bereit seien, "für ein paar hundert Euro ihre nationale Identität zu vergessen".

Fotos und Videos zeigen eine nationalistische Kundgebung auf dem Alten Markt in Magdeburg zum 32. Jahrestag der Unabhängigkeit der Ukraine. Der Aufmarsch war nach eigenen Angaben von "Centuria" organisiert worden. Posiert wurde dort mit einer Fahne des Bandera-Flügels der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN).

Laut dem jW-Bericht soll auch die "Deutsch-Ukrainische Gesellschaft Sachsen-Anhalt" beteiligt gewesen sein, die zudem am 27. Januar, dem Holocaust-Gedenktag, eine Solidaritätskundgebung für die "Verteidiger von Asowstal" vor dem Roten Rathaus in Berlin organisiert habe.

Unfreiwillige Kronzeugen für angebliche Entnazifizierung der Ukraine

Unterdessen kämpfen auch russische Neonazis in der Ukraine auf Seiten Kiews – "ein Geschenk des Himmels für russische Propagandisten", nennt dies die Zeitung Politico, da es die russische Erzählung von der "Entnazifizierung" der Ukraine befeuert.

Als "umstrittene Verbündete" Kiews werden Personen wie der russische Neonazi Denis Kapustin im Russian Volunteer Corps (RVC) in einem aktuellen Bericht der Frankfurter Rundschau bezeichnet.

In deutschen Sicherheitsbehörden wächst unterdessen die Sorge, dass nach dem Ende des Ukraine-Krieges Waffen aus den umkämpften Gebieten auch nach Deutschland gelangen könnten.