6,5 Quadratmeter USA mit Schlafentzug

Die UN will jetzt die Haftbedingungen von Bradley Manning untersuchen. Das Pentagon wertet diese als korrekt

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Von Assange aus gesehen, gibt es keinerlei Anhaltspunkte für eine Verschwörung zwischen ihm und Manning - siehe dazu das interessante, aktuelle al-Jazeera-Interview "Frost over the World" mit Assange von seinem britischen Hausarrest-Landsitz aus. Dass die US-Justiz über Manning einen Anklagepunkt wegen Verschwörung konstruieren will, daran zweifelt der WikiLeaks-Chef nicht. Die Versuche in dieser Richtung nehme er sehr ernst. Für ihn steht fest, dass Manning ein „politischer Gefangener“ ist.

Seit Juli dieses Jahres ist Bradley Manning inhaftiert, derzeit in einem Militärgefängnis der Marine-Basis in Quantico, Virginia. Manning sitzt in Einzelhaft, 23 Stunden am Tag. Der Gedanke liegt nahe, dass man Manning durch diese Bedingungen zu Aussagen bringen könnte, die eine Auslieferung Assanges an die USA juristisch begründen könnte (siehe "Verschwörung" - der Haken, mit dem Assange in die USA geholt wird? und Das Drehen der amerikanischen Schraube gegen Assange). Seit etwa einer Woche sind die Haftbedingungen Mannings zum Thema geworden. Seit gestern ist auch die UN eingeschaltet.

Wie der Guardian heute berichtet, ging eine Beschwerde, von einem unbekannten „Unterstützer Mannings“, an das Genfer Büro von Manfred Nowak. Nowak war bis Ende Oktober „besonderer UN-Berichterstatter für Folter; im englischen Orginal lautet der Titel Special Rapporteur on Torture and other cruel, inhuman or degrading treatment or punishment. Warum die Beschwerde nicht an den Nachfolger des österreichischen Menschenrechtsanwalts, Mr. Juan Méndez, der seit Anfang November im Amt ist, ging, ist unklar; vielleicht hat es damit zu tun, dass sich Nowak einen Namen mit seiner lauten Kritik an die Haftbedingungen in Guantánamo gemacht hat.

Die UN hat erste Schritte für eine Untersuchung des Falles Manning eingeleitet. Das berichtet nicht nur der britische Guardian, sondern auch der US-Sender Fox, der seiner patriotischen Mission gemäß offiziellen Aussagen, die den Vorwürfen einer unmenschlichen Behandlung Mannings deutlich widersprechen, sehr viel größeren Platz einräumt. Zitiert wird der Sprecher der Quantico Marine Corps Base damit, dass man keine Untersuchung der UN zu fürchten habe, weil alles korrekt und fair zuginge. Das habe das Pentagon schon bestätigt. Man arbeite hochprofessionell. Manning würde wie jeder andere Gefangene mit dem Status „maximum-custody detainee“ behandelt, es sei sicher kein „Shangri-La“, aber Mannings Behandlung bilde auch keine Ausnahme der Bedingungen, denen die anderen Gefangenen unterworfen seien.

Die Haftbedingungen Mannings sind im Blog von David E. Coombs, dem Rechtsvertreter Mannings im Detail nachzulesen. Demnach ist seine Zelle gut 1.80 m breit und gut 3.60 lang. Darin befinden sich ein Bett, einen „Trinkbrunnen“ und eine Toilette. Das Gefängnispersonal spricht nicht mit ihm. Um 5 Uhr morgen wird er unter der Woche geweckt, bis 8 Uhr abends darf er nicht schlafen; schläft er dennoch ein, zwingt ihn das Wachpersonal zum Sitzen oder Stehen. Zwischen einer und drei Stunden täglich darf er fernschauen; er darf zu bestimmten Zeiten am Tag Briefe schreiben und duschen. Am Wochenende darf er Besuch empfangen. Er darf Bücher und Magazine lesen, die ihm erlaubt sind. Das klingt ganz human.

Als ziemliche Quälerei und unmenschlich kann man dagegen bezeichnen, dass Manning, der 23 Stunden täglich in seiner sehr engen Zelle verbringt, seit mehreren Monaten, alle fünf Minuten danach gefragt wird, wie es ihm geht und er umgehend darauf zu antworten hat. Selbst in der Nacht, wenn er schläft, wird er vom Aufichtspersonal immer wieder mit der Frage nach seinem Befinden geweckt:

The guards are required to check on PFC Manning every five minutes by asking him if he is okay. PFC Manning is required to respond in some affirmative manner. At night, if the guards cannot see PFC Manning clearly, because he has a blanket over his head or is curled up towards the wall, they will wake him in order to ensure he is okay.

Kissen und Laken sind ihm, wie auch persönliche Gegenstände, nicht erlaubt. Auch keine Liegestützen in der Zelle.

Wie hart diese Bedingungen - soweit sie offiziell mitgeteilt werden, von Befragungen Mannings ist überhaupt nicht die Rede – zu werten sind, ist erwartungsgemäß ein Streitthema. In den USA werden in diesem Zusammenhang Äußerungen zitiert, wonach es US-Soldaten in Afghanistan härter haben:

There are literally thousands of kids walking patrol in Afghanistan that are colder, more hungry, less entertained, and far more exposed to actual danger than Bradly Manning has been at anytime during his pre-trial confinement.

Doch wer will darüber befinden, der eine solche Situation nicht kennt? Es gibt zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen darüber, dass die dauerhafte Unterbrechung des Schlafes zu psychischen und physischen Störungen führt, unter Umständen massive Störungen. Davon unberührt bleibt die skandalöse Tatsache, dass Manning ohne Richterbeschluss dieser Tortur ausgesetzt ist, gesetzwidrig möchte man meinen:

No person, while being held for trial, may be subjected to punishment or penalty other than arrest or confinement upon the charges pending against him, nor shall the arrest or confinement imposed upon him be any more rigorous than the circumstances required to insure his presence, but he may be subjected to minor punishment during that period for infractions of discipline.

Uniform Code of Military Justice (UCMJ), ART. 13 PUNISHMENT PROHIBITED BEFORE TRIAL

*siehe dazu auch das interessanten, aktuelle al-Jazeera-Interview "Frost over the World" von seinem britischen Hausarrest-Landsitz aus.