Abstürzende Eilbauten

Fussnoten

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Hier geht es nun um eine kleine Taschenrechnerei. Erst hier in einer späten Fußnote findet der interessierte Leser, die Leserin, den Hinweis auf einen Artikel aus dem Wiener "Standard" vom 16. August des Jahres, den es wirklich lohnt, bis in die durchaus gut informierten LeserInnen-Zuschriften zu verfolgen, solange er online anzutreffen ist. Das Foto des eingestürzten Treppenhauses in einem vierstöckigen Gebäude ist rein optisch instruktiv, was das stehen gebliebene Umfeld betrifft, gewissermaßen die Rückseite der schönen Fassaden, die der Tourist bewundert. Aber der Artikel liefert in einem Nebensatz den Schlüssel zum Verständnis der gesamten Wiener Bau-Misere. Nachdem drei verschiedene Gebäude in Wien kollabiert waren, rief die oberste Wiener Bau-Aufsichtsbehörde rasch eine "Aktion scharf" ins Leben, d.h., nun wollte sie plötzlich "scharfe Kontrollen" einführen. Bei derzeit 7.000 bis 8.000 Bau-Projekten, wurden baupolizeilich bisher täglich 25 Projekte - vermutlich "unscharf" - kontrolliert, denn die offiziellen Stellen sind unzureichend mit Personal ausgestattet. Nun kommen bei der "scharfen" Kontrolle bis zu 20 Projekte pro Tag zusätzlich unter die Lupe, aber nur für kurze Zeit, einige Tage oder Wochen, heißt es, sozusagen als Angst-Mache. Aber selbst wenn die Kontrollen unbefristet weiter geführt würden, könnte man sich sogar ohne Taschenrechner leicht ausrechnen, dass jede Baustelle bestenfalls einmal alle sechs Monate "halb-scharf" angesehen werden würde. Vorher war es einmal pro Jahr, unscharf. Also im Grunde genommen herrscht "NULL" Bau-Aufsicht. Ich habe auch tatsächlich in fast 20 Jahren in Wien an keiner einzigen Baustelle jemals einen Bauarbeiter gesehen, der einen Schutzhelm - einen sogenannten "hard hat" - getragen, oder bei Arbeiten in großer Höhe irgendeine Art von Sicherung aufgewiesen hätte. Die "Alpenrepublik" scheint Kraxelpartien in 20 Meter Höhe als vom Risiko her vernachlässigbar zu betrachten. Anseilen unnötig.

Zweiter Aspekt, wieder ist Kopfrechnen angesagt. Angenommen, bei jeder Baustelle arbeiten nur 5 Leute, so sind das rund 35.000 oder 40.000 Bauarbeiter in Wien. Die EU erstreckt sich mittlerweile bis nach Bulgarien. Aus WELCHEN Ländern, muss man fragen, beschafft sich die Wiener Bauwirtschaft also ihr illegales Personal? Oder anders gefragt, woher stammt der österreichische Widerstand gegen die EU-Mitgliedschaft der Türkei? Ist es nicht primär die Angst, dass es auf einmal keine illegalen Türken mehr in Österreich geben könnte?

Denn das Erste, was bei allen Kontrollen auffällt ist, dass eine beträchtliche Zahl von Ausländern beschäftigt werden, die illegal im Land sind, die keinerlei soziale Sicherung besitzen, keine Krankenversicherung. Leute, die ihre Familien wahrscheinlich ebenfalls illegal in Wien oder in der Umgebung untergebracht haben, die der Sprache nicht mächtig sind und zum niedrigstmöglichen Lohn arbeiten. Rechnen wir einmal, dass die Bauwirtschaft in jedem Jahr rund 10.000 Euro pro Arbeiter an Sozialzahlungen einspart, dann wären das bei auch nur 25.000 Illegalen immerhin schon 250 Millionen, und wenn man annimmt, dass die Bauwirtschaft diesen Betrag vollinhaltlich an die Wiener Baupolizei ableitet, um ihre unscharfen Kontrollen beizubehalten, dann erklärt sich leicht, wieso das System sich bis eben gerade problemlos erhalten hat. Die Schattenwirtschaft Österreichs beläuft sich aber - seit Jahren immer wieder auf die geschätzte gleiche Zahl, plus/minus 20 Milliarden Euro.

Wer produziert solche Zahlen? Das sind nicht die heimischen Freizeit-Handwerker, die sich ein kleines Zubrot verdienen, indem sie einen unversteuerten Kachelofen beim Nachbarn einbauen. Das sind nicht die illegalen Zigarettenimporte, die man am Naschmarkt unauffällig in das Einkaufs-"Sackerl" schiebt. Es sind nicht einmal die russischen Nutten am Gürtel. Oder das Bisserl Koks. Das ist ziemlich eindeutig ein Geflecht aus Politik und Wirtschaft, bei dem "der Ausländer" als das beliebig portionierbare und verhackstückbare Fleischstückchen in der Mitte herhalten muss. Das ist die kaputte Bauwirtschaft Wiens - und natürlich erstreckt sich dieser Filz ebenso nach Salzburg, Linz, Graz, Innsbruck und - Klagenfurt, das heute noch unter den Nachbeben der Haider-Zeit stöhnt. Und das ist der Punkt, wo die "Internationale Solidarität" der SPÖ ein für alle Mal für die Katz ist. In ihrer Ausländerpolitik arbeitet sie Hand-in-Hand mit der sogenannten Konkurrenz von der FPÖ zusammen, man möchte fast meinen, wie Kasperle und Teufel in einem politischen Handpuppentheaterstück.

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Übrigens gibt es dazu in Wien bereits ein Pendant - der Eiserne Rathausmann, den das Volk von unten nie sehen könnte - steht in Lebensgröße als Dublette auf ebener Erde, damit man ihn aus nächster Nähe studieren kann.

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