Ägypten: Lebenslänglich für 71 Kirchenbrandstifter

52 Täter untergetaucht

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Im August 2013 plünderte ein Mob die Marienkirche in der ägyptischen Ortschaft Kafr Hakim und zündete sie an. Dabei rief die Menge nach einem islamischen Staat und einer Vernichtung der christlichen Kopten. 71 Islamisten, die sich daran beteiligten, wurden nun von einem Gericht in Kairo zu lebenslänglicher Haft verurteilt, die in Ägypten regelmäßig nach 25 Jahren endet.

Die Strafe antreten müssen allerdings nur die 19 der insgesamt 73 Angeklagten, die sich in Untersuchungshaft befinden. 52 weitere hatten sich vor ihrer Verhaftung aus dem Staub gemacht und wurden in Abwesenheit verurteilt. Die beiden Minderjährigen, die an der Tat beteiligt waren, kamen mit zehn Jahren Jugendstrafe und einer Geldstrafe von umgerechnet knapp 1.200 Euro davon.

Die Marienkirche war nicht das einzige Gebäude, das vor knapp zwei Jahren abgefackelt wurde: In ganz Ägypten brannten damals mindestens 65 weitere Kirchen und Klöster - sowie Hunderte Schulen, Geschäfte, Häuser und Autos von Kopten. Diese Minderheit wurde in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten immer wieder Opfer islamistischer Pogrome:

Im Oktober 2011 kamen mindestens 24 Angehörige dieser Religionsgemeinschaft ums Leben, als sie in Kairo gegen Kirchenbrandstiftungen demonstrierten. Hunderte weitere wurden teilweise schwer verletzt. Fünf Monate zuvor hatten Islamisten die Kairoer St.-Mina-Kirche und die dortige Marienkirche angezündet, wobei es ebenfalls Tote gab. Am Neujahrstag dieses Jahres waren bei einem Sprengstoffanschlag auf eine Kirche in Alexandria 25 Menschen gestorben.

Koptische Kirche in Kairo. Foto: Berthold Werner. Lizenz: CC BY-SA 3.0

In den Jahren davor hatten viele Kopten nach Drohungen von Islamisten aus ihren Häusern fliehen müssen, ohne das die Polizei dagegen einschritt. Der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) nach gab es sogar Fälle, in denen die Behörden die Opfer zwangen, nach Brandstiftungen falsche Geständnisse zu unterschreiben, in denen stand, dass sie die Taten selbst verübt hätten. Die eigentlichen Täter rechtfertigten Schutzgelderpressungen mit einem Anspruch auf die Dschizya-Kopfsteuer, die ihnen der Koransure 9 (Vers 29) nach als Tribut gezahlt werden müsse.

Obwohl sich viele Kopten angesichts der Gefahren in ihrer Heimat nach Europa und Amerika absetzten, leben immer noch fünf bis acht Millionen in Ägypten. Bis in das 17. Jahrhundert hinein sprachen sie nicht Arabisch, sondern die letzte Ausprägung der Sprache der Pharaonen, die mit vielen griechischen Vokabeln durchsetzt war und heute nur noch Ritualsprache bei Gottesdiensten ist.

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