Amateure sind die Helden

Tausende von Hobbyfilmern und Amateurfotografen haben der NASA ihre Aufnahmen des Absturzes der Raumfähre Columbia zur Verfügung gestellt

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Diese Bilder sind bei der Rekonstruktion der Ereignisse genauso wichtig wie die inzwischen weit gehend eingesammelten Bruchstücke des Shuttles. Auch bei dieser systematischen Suche waren viele Freiwillige dabei.

Launch der Clumbia, Foto: NASA

Viele Amerikaner hielten ihre Kameras gen Himmel, als Anfang Februar die Raumfähre Columbia bei ihrem Landeanflug auf die Erde explodierte und alle Astronauten an Bord getötet wurden (vgl. Sternschnuppen über Texas). Jeder einzelne hoffte bei der Sichtung seines Materials, der nächste Abraham Zapruder zu sein. Zapruder war der Mann, der seine Kamera im richtigen Moment eingeschaltet hatte, um das Attentat auf John F. Kennedy zu filmen.

Einer davon ist Dan McNew, der seine digitale Videokamera von einem kleinen Ort bei Dallas auf das Shuttle gerichtet hatte, als es wieder in die Atmosphäre eintrat. Aufgeregt schrieb er einen Reporter:

Ich glaube, ich bin der einzige, der ein klares Close-Up dieses Ereignisses auf Video aufgenommen hat.

Dabei hat er sich mehrfach geirrt. Nicht nur, dass seine Videoaufnahme stark verzerrt war, insgesamt kontaktierten mehr als 3000 Personen nach dem Absturz die NASA und lieferten ungefähr 12'000 Videofilme und Fotos ab.

Gleich nach dem Unglück hatte die Raumfahrtorganisation die Bevölkerung dazu aufgerufen, bei der Aufklärung der Ursachen der Tragödie zu helfen und sowohl den Fund jeder Art von Bruchstücken zu melden, wie alle gemachten Aufnahmen dem Untersuchungsteam zur Verfügung zu stellen. Es wurde sogar ein spezieller Dienst eingerichtet, damit digitales Material direkt überspielt werden konnte (vgl. Instructions for Uploading Digital Material to NASA). Die Reaktion der Amateure war überwältigend. Schon nach wenigen Tagen war das Columbia Accident Investigation Board (CAIB) im Besitz einer wahren Materialfülle, mit deren Hilfe sie fast jeden Augenblick des Anfluges der Columbia aus verschiedenen Perspektiven rekonstruieren konnten. Als erstes galt es Fälschungen oder irrelevantes Material auszusortieren, dass aber nur einen Bruchteil des Gesamtmenge ausmachte. Die Experten der NASA Image Science and Analysis Group vom Johnson Space Center hatten keine Probleme, die Spreu vom Weizen zu trennen. Der Teamchef Paul Hill präsentierte kürzlich der Untersuchungskommission die Ergebnisse. Bis auf ein oder zwei Minuten ist der Flug der Raumfähre über den USA durchgehend gefilmt worden. Diese kleine Lücke beruht auf dem Überflug von dünn besiedelten Gebieten zwischen Albuquerque und Dallas. Durch die auf Film gebannten Beweise gelang es, viele auf den Boden herab geregnete Teile der Columbia zu lokalisieren und gezielt zu bergen.

FEMA-Experten untersuchen Shuttle Material im texanischen San Augustine County. Foto: Mark Wolfe/FEMA News Photo

Durch die Bestimmung der genauen geografischen Position des Filmenden und die astronomischen Daten, die sich durch die Position der Columbia vor dem Sternenhimmel definieren ließ, schlossen die Ermittler auf den Ablauf der Vorgänge und die jeweilige Stelle auf der Erde, wo sich Bruchstücke finden lassen würden. Paul Hill ist der Meinung, dass die Amateurfilmer und -fotografen viel zur Arbeit der Untersuchungskommission beigetragen haben.

Diese Leute sind definitiv unsere Helden,

kommentierte er gegenüber der New York Times.

Inzwischen ist die Suche nach Teilen der Raumfähre weit gehend abgeschlossen. Die Unterwasserteams haben ihre Arbeit beendet, und fast 80 Prozent des Suchgebiets von 4000 Quadratkilometern sind komplett durchforstet worden. Rund 35 Tonnen Beweisstücke wurden sicher gestellt und ins Kennedy Space Center gebracht, das entspricht 37 Prozent des Gewichts des Shuttles. 14'000 Personen waren an der Aktion beteiligt, neben NASA-Angestellten auch Leute von der dem US Department of Homeland Security unterstellten FEMA (Federal Emergency Management Agency), Förster, Umweltschützer sowie Freiwillige aus den Gemeinden und Landbesitzer.

Sean O'Keefe von der NASA bedankte sich bei allen, die dabei waren:

Die Reaktion auf die Columbia-Tragödie war überwältigend. Privatleute, lokale, regionale und staatliche Stellen haben sehr hart gearbeitet, um uns zu helfen. NASA kann den Gemeinden und unseren Partnern von der Regierung gar nicht genug für das danken, was sie getan haben, um die Untersuchung zu unterstützen. Wir haben einen großen Prozentsatz der Columbia eingesammelt und das wird uns beim Zusammensetzen des Puzzles der Vorgänge vom 1. Februar sehr viel weiter helfen. Alle, die mitgeholfen haben, werden für immer ein Teil der NASA-Familie sein und wir werden versuchen sie zu belohnen, indem wir so bald wie möglich wieder sicher fliegen werden.

Der endgültige Untersuchungsbericht wird erst für Sommer erwartet, aber jetzt haben die Ermittler schon eine heiße Spur, auf die viele der gesicherten Beweise hindeuten. Wahrscheinlich wurde durch den Isolierschaum, der sich beim Start gelöst hatte, eine Dichtung an der linken Tragfläche beschädigt worden. Durch den Spalt, der dadurch entstand, strömte beim Einflug in die Atmosphäre heißes Gas in das Shuttle und führte zur Explosion der Fähre.