Amnesty International: Immer mehr Staaten schaffen die Todesstrafe ab

Seite 2: Positive Entwicklung in den USA

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Doch es gibt im Zusammenhang mit der Todesstrafe auch Positives zu berichten: Überraschenderweise zählen die USA nicht mehr zu den fünf Staaten, in denen am meisten hingerichtet wird. Mit "nur" 20 Hinrichtungen im Jahr 2016 rangieren sie auf Platz 7 der Liste. Das ist die niedrigste Zahl an Hinrichtungen in den USA seit knapp 3 Jahrzehnten.

Hintergrund ist, dass Hinrichtungen ausgesetzt werden mussten, weil der Giftstoff für die Todesspritzen nicht mehr hergestellt wird. Im Jahr 2011 nahm der US-Konzern Hospira das zu dem Zeitpunkt für diesen Zweck einzig zugelassene Narkosemittel Thiopental vom Markt. Deshalb mussten in den meisten Bundesstaaten die Hinrichtungen vorläufig ausgesetzt werden. Fieberhaft wurde ein Ersatzstoff gesucht, und in dem Betäubungsmittel Nembutal Pentobarbitone Sodium (Pentobarbital) der Firma Lundbeck mit Sitz in Dänemark im Gespräch gefunden.

Pentobarbital ist ein Präparat, das in den USA in der Tiermedizin als Narkosemittel verwendet wurde. Lundbeck war die einzige Firma, die in den USA die Zulassung zu dessen Produktion hatte. Sie ist ein weltumspannendes Pharma-Unternehmen mit Niederlassungen in 50 Ländern der Welt, u. a. den USA, wo Pentobarbital hergestellt wird, und der BRD (Hamburg-Harburg), wo Medikamente zur Behandlung von Erkrankungen des Zentralen Nervensystems (ZNS) vertrieben werden. Die Medikamente sind in 90 Staaten registriert und zugelassen.

Hauptsitz von Lundbeck ist Dänemark. Das machte den Konzern zur Zielscheibe von Protestaktionen von internationalen Menschenrechtsorganisationen, u. a. von AI und reprieve, einer global agierenden Organisation mit Hauptsitz in London, die schwerpunktmäßig zum Tode verurteilte Häftlinge betreut, denn Dänemark gehört bekanntermaßen zur EU und das Europäische Parlament setzt sich für die weltweite Ächtung der Todesstrafe ein.

Lundbeck versuchte sich mit der Begründung zu beschwichtigen, dass das Präparat nicht gezielt an die Todesknäste verkauft würde, das Unternehmen aber keinen Einfluss auf dessen Einsatz habe. Schlussendlich hat die EU dem dänischen Unternehmen die Ausfuhr des Präparates in die USA untersagt. Das heißt allerdings nicht, dass die Exekutionen alle vom Tisch sind. Manche Bundesstaaten greifen auf andere Methoden - Gaskammer, elektrischer Stuhl oder Erschießen - zurück, oder sie hoffen darauf, dass ein neues Serum für den Gift-Cocktail zugelassen wird.

Der Bundesstaat Arkansas setzte ein Muskelentspannungsmittel ein, das bei dem Pharmahändler McKesson erworben wurde. Da dieser sich getäuscht sah, verlangte er die Rückgabe des Präparates. Der Bundesstaat habe angegeben, das Medikament zu medizinischen Zwecken benutzen zu wollen, von Hinrichtungen sei keine Rede gewesen. Zwar wurde das Mittel nicht zurückgegeben, aber McKesson lieferte auch nicht mehr.

In Kürze läuft das Haltbarkeitsdatum der noch verbliebenen Ration ab. Deshalb hatte der Bundesstaat angekündigt, in den beiden Wochen nach Ostern insgesamt sieben Häftlinge hinrichten zu lassen. Dagegen klagte McKesson - und gewann: Am vergangenen Freitag stoppten Richter die geplanten Hinrichtungen.

Insgesamt verlangten fünf Pharma-Konzerne unter Beratung der Londoner Menschenrechtsorganisation reprieve vom US Bundesstaat Arkansas, dass ihre Produkte nicht im Todestrakt für Exekutionen verwendet werden. Der Bundesstaat hatte allen Firmen verheimlicht, dass er ihre Produkte für Hinrichtungen zu verwenden beabsichtige.