Analyse: Der tiefe Fall von VW

Seite 2: Ein schleppendes Geschäftsmodell

Die Kernstrategie des Volkswagen-Konzerns war spätestens seit Anfang der 2000er Jahre relativ klar – und wurde von den meisten deutschen Industrieunternehmen mit aktiver Unterstützung der ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder und Angela Merkel geteilt: deutsche Qualität, hergestellt mit russischem Gas, an chinesische Kunden zu verkaufen.

Zwei Ereignisse brachten dieses Modell ins Wanken: das europäische Embargo gegen russisches Gas nach dem Einmarsch Moskaus in die Ukraine, das die Energiekosten in die Höhe trieb, und vor allem Chinas Wunsch nach einer autarken Automobilindustrie.

In den 1970er Jahren investierte Volkswagen als einer der ersten westlichen Hersteller in China. Das Unternehmen war mehr als 25 Jahre lang Marktführer im Reich der Mitte.

Als Mitte der 2000er Jahre fast alle Taxis in Shanghai Volkswagen waren, musste jeder Würdenträger der Kommunistischen Partei Chinas in einem schwarzen Audi A6 mit getönten Scheiben chauffiert werden.

Auch westliche Expats in Beijing kauften sich schwarze A6 mit getönten Scheiben, weil sie wussten, dass kein Polizist es wagen würde, sie zu belästigen, aus Angst, es mit einem einflussreichen Politiker zu tun zu haben.

Wenn Beijing knurrt

In den letzten Jahren hat sich jedoch die Anweisung der Kommunistischen Partei Chinas an ihre Bürger und Würdenträger geändert: Sie sollen chinesische Autos fahren.

Diese Umkehrung ist besonders problematisch für die Rentabilität des Volkswagen-Konzerns. Audi war zum wichtigsten Gewinnbringer geworden, und die meisten Gewinne kamen aus China.

Diese Zeiten sind vorbei, ganz zu schweigen davon, dass chinesische Hersteller wie BYD – mit starker Unterstützung ihrer Regierung – Elektrofahrzeuge entwickelt haben, gegen die der Volkswagen-Konzern seine höheren Preise kaum rechtfertigen kann.

In diesem Zusammenhang ist es amüsant, daran zu erinnern, dass das Label "Made in Germany", das jahrzehntelang den weltweiten Erfolg deutscher Produkte garantierte, ursprünglich ein von britischen Industriellen im 19. Jahrhundert gefordert wurde, die sich darüber ärgerten, dass mittelmäßige deutsche Nachahmungen ihrer Produkte zu niedrigen Preisen verkauft wurden.

Um weiterhin in Großbritannien verkaufen zu können, mussten die deutschen Hersteller ihre Produkte systematisch mit "Made in Germany" kennzeichnen, was damals ähnlich viel Misstrauen hervorrief wie heute "Made in China". Doch das Blatt hat sich gewendet, und heute sind es chinesische Produkte, die sich schnell durchsetzen.