Anarchisten und Autonome halten die Protestbewegung gegen die Globalisierung am Leben

Relativ ruhig begann das gut gesicherte Weltwirtschaftsforum in New York

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Schwarze Panzerglas-Limousinen, Bürstenschnitt-Rambos mit ausgebeulten Anzügen und Knopf im Ohr, sandbeladene LKWs quergestellt auf der Avenue, Uniformierte der New Yorker Polizei an jeder Straßenecke, Machinenpistolen, genervte Passanten - und das alles im Nieselregen. Für New York, wo alle paar Tage ein Präsident oder eine Weltkonferenz "gesichert" werden muss, eigentlich nichts Besonderes. Aber es geht um das Treffen des "World Economic Forum" (WEF), das von Donnerstag bis Montag tagt, und wir befinden uns in Amerika "post-9-11" (New Yorks Polizei rüstet sich für die Proteste gegen das Weltwirtschaftsforum).

Protest in New York. Foto von Indymedia

Der Reporter der "New York Times" fühlte sich am Eröffnungstag "auf der Höhe der Zeit": Polizeibarrieren und Betonabsperrungen, Blinklichter und blaue Uniformen draußen vor dem "Waldorf Astoria", drinnen eher "wie ein Sommerlager", wo sich alte Bekannte wiedertrafen.

Many who arrived for the opening of the World Economic Forum in Manhattan today have attended the forum before, and they dropped their satchels and attache cases to clasp a hand and slap a shoulder. Many were men who had the air of power and money, but there were also third world diplomats, women business executives, clergy, academics and journalists.

Das 31. WEF-Jahrestreffen findet zum ersten Mal außerhalb der Bergwelt des Schweizerischen Davos statt. Den Behörden des Alpenstaates waren die finanziellen und politischen Kosten für die Sicherheit dieser Privatparty zu teuer geworden. Die Stadt am Hudson River bot sich als Ausweichort an, wie WEF-Chef Klaus Schwab, der sich am 11. September in der Stadt aufhielt, Pressenberichten zufolge sofort eingefallen war. Der damalige Bürgermeister Giuliani sagte nach Konsultationen mit Sicherheitschefs umgehend zu.

Die Gästeliste umfasst Leute wie Bill Gates, Steve Forbes, Quincy Jones, Gerhard Schröder, Colin Powell, Peter Gabriel, Desmond Tutu, Schimon Peres und Samuel Huntington. Der "New York Times"-Reporter wusste von rund 2.500 Teilnehmern, die Mehrzahl - etwa 1.000 - aus den Vorstandsetagen von Großfirmen, aber auch 40 Vertreter von religiösen Gruppen, 200 von Think Tanks und wissenschaftlichen Einrichtungen, 350 Nachrichtenjournalisten und 40 Gewerkschaftschefs. Wer dabei sein will, muss 25.000 Dollar für die Jahresmitgliedschaft und noch einmal 6.000 Dollar Konferenzgebühr bezahlen.

Aber nicht alle sind eingeladen. Beispielsweise mussten Vertreter von "Enron", des bankrotten Energiekonzerns, draußenbleiben. Ihre Präsenz würde wohl den Glanz des WEF trüben (Die Bush-Administration: Full of Energy!).

Gut bewacht. Foto: Indymedia

Das WEF-Programm umfasst neben hochtrabend klingenden "Perspektiv"-Veranstaltungen, auf denen etwa Erzbischof Desmond Tutu und Elie Wiesel über "the politics of apology" oder MacDonalds-Chef Jack Greenberg über "understanding global anger" referieren, auch reines Amusement, bei dem Cocktail trinkend Schwätzchen gehalten und Ideen sowie Visitenkarten ausgetauscht werden. Die Eintrittskarte sei ihren Preis wert, verriet ein libanesischer Geschäftsmann. Auf einem anderen Weg mit vielen seiner Gesinnungsgenossen zusammenzutreffen. sei noch teurer.

The Coca-Cola Company hosts its annual soiree in the Four Seasons Restaurant. Other companies have booked landmarks like Le Cirque 2000, and Goldman Sachs & Company has reserved the Rainbow Room for a Super Bowl on Sunday.

Mostly Quiet, resümierte die "New York Times" den ersten WEF-Tag in einem eher dümmlichen Artikel, die Proteste gegen die Tagung seien bisher nur klein geblieben und "nicht von Gewalt geprägt" worden. Der Artikel reihte sich ein in eine Serie von kaum aufklärenden Medienberichten über die zu erwartenden Proteste. Darauf hatte schon Anfang der Woche die medienkritische New Yorker Organisation Fair hingewiesen, die neben der "New York Times" die drei großen Lokal- und Regionalblätter analysiert.

Der Fernsehsender ABC leistete sich ein Bubenstück, indem er eigenen Worten zufolge ein "Undercover Team" mit einer Kamera in eine Trainingssession von Globalisierungsgegnern einschleuste und die zu erwartenden Ergebnisse - potenzielle Demonstranten erörtern den Gebrauch von Gasmasken und die Abwehr von Angriffen der Polizei - als Beweis für die Gewaltbereitschaft der Globalisierungsgegner präsentierte. ABC soll in den kommenden Tagen deshalb boykottiert werden.

Eine rühmliche Ausnahme in der Berichterstattung bildete die jüngste Ausgabe der Village Voice. In ihrer Titelgeschichte erläutert die Wochenzeitung, dass vor allem Anarchisten und Autonome die Protestbewegung gegen die Globalisierung der "freien Marktwirtschaft" am Leben halten. Tatsächlich haben der Gewerkschaftsdachverband AFL-CIO, Gruppen wie "Drop the Debt" und Nichtregierungsorganisationen wie "Global Exchange" und das "Rain Forest Action Network" die zentrale Demonstration am Samstag, die vor dem "Waldorf Astoria" enden soll, nicht mit unterstützt.

Vorgeblicher Grund: das Vorbereitungsbündnis Another World is possible könne nicht garantieren, dass es nicht zu Ausschreitungen kommen werde. Die New Yorker Polizei kündigte an, jeglichen Regelverstößen - etwa das Überqueren von Fußgängerampeln bei Rot - mit "Zero Tolerance" zu begegnen. Außerdem werde sie bei Vermummung von Demonstranten sofort mit Festnahmen reagieren. Dabei beziehen sich die Behörden auf ein Gesetz aus dem Jahr 1845, das gegen Bauern, die verkleidet protestierten, erlassen worden war. Das Gesetz ist allerdings wegen des "Rechts auf freie Meinungsäußerung" umstritten. 1999 war es von einem Bundesgericht bestätigt worden, nachdem Anhänger des Ku Klux Klan das Recht auf Vermummung eingeklagt hatten.

Erste gewaltfreie Proteste endeten am Donnerstag im gar nicht so nicht gewaltfreien Zugriff der Staatsdiener. Sieben Mitglieder von der Aktionsgruppe Act Up wurden im Morgengrauen festgenommen, als sie an zwei verschiedenen Orten in Midtown und Downtown Manhattan versuchten, auf die Politik von Großkonzernen und ihre Verantwortung für die globale AIDS-Krise hinzuweisen. Inzwischen sind sie wieder frei gelassen worden.

Erfolgreich und - bislang ohne Repression - verläuft ein virtueller Streik gegen WEF-Webseiten (Websites des Weltwirtschaftsforums lahm gelegt). Und neben traditionellen Protestformen wie Demonstrationen und gewaltfreien Straßenblockaden wollen Globalisierungsgegner neue Aktionsformen - "virtuell" wie "real" - erproben.

Da gibt es die WEF-Parodie-Software der "Yes Men" mit der neuen 2.0-Version von Reamweaver, Anleitungen zur Abschaltung) von Überwachungskameras in Manhattan. Wie mit Fahrrädern auf der Strasse Graffiti gemalt werden können, erprobt ein "Project BIKE", und ein Project PRTE stellt "funktionale Protestmode" her, die angeblich nicht nur gut aussehen, sondern auch Schutz vor Polizeiknüppeln bieten soll. Angeblich sind sogar Miniatur-Viedokameras und -Transmitter in das "Pret-a-Revolter-Design Civil Disobedience Equipment" eingebaut. Einen ersten öffentlichen Protest-Auftakt wollen die Globalisierungsgegner heute, am Freitag Abend, am Union Square mit einer Mahnwache setzen.