"Anschläge auf die Nord-Stream-Leitung aufklären"

Seite 3: CDU: "Wem nützt es, wenn eine Leitung übrig bleibt?"

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Nächster Redner ist Roderich Kiesewetter für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Roderich Kiesewetter (CDU/CSU):

Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, der beste Schutz gegen Anschläge auf unsere Infrastruktur und kritische Infrastruktur ist, dass Russland verlieren lernt. Was meine ich damit? Dass Russland seine imperialen Ansprüche aufgibt, dass Russland seine kolonialen Ansprüche aufgibt, dass Russland den imperialen Angriffskrieg gegen die Ukraine und seine staatsterroristischen Aktivitäten – Stichwort "Tiergartenmord"; so festgestellt von einem deutschen Gericht – beendet. Russland muss verlieren lernen.

(Zuruf der Abg. Gerrit Huy [AfD])

Der zweite Aspekt ist, dass die Ukraine – wie unser Verteidigungsminister sagt – gewinnen muss, oder – wie Macron sagt – in den Grenzen von 1991 siegen muss. Dann haben wir die Voraussetzungen geschaffen, die auch notwendig sind, um mit Blick auf unsere Nationale Sicherheitsstrategie und das, was Kollege Fiedler eben ansprach, ein Sicherheitsgefühl, eine Sicherheitskultur zu schaffen.

Der Angriffskrieg geht von Russland aus. Ich frage nicht, ob der Autor, der da vorhin zitiert wurde, recht hat; ich frage: Wem nützt es? Ich möchte auf den Artikel auch nicht weiter eingehen, weil dieser Autor sehr klar keine Quelle benennt

(Tino Chrupalla [AfD]: Ich habe doch gar keinen Autor erwähnt!)

und auch seinen Aufsatz nicht veröffentlichen konnte und ihn deshalb selber in den Raum stellte. Deswegen ist es sehr gut, dass bei uns die Stärke des Rechts gilt, nämlich ein Generalbundesanwalt, der die Ermittlungen führt und dazu das Bundeskriminalamt, die Bundespolizei und viele andere Kräfte einsetzt.

Ich frage mich: Wem nützt es denn, wenn so ein Anschlag auf kritische Infrastruktur wie Nord Stream stattfindet, eine Leitung erstaunlicherweise übrig bleibt und dann das Land, das das Gas sendet, über mehrere Tage mit Hochdruck Gas durch diese Leitungen sendet? Doch nicht, um die Spuren zu konservieren, sondern, um die Spuren zu verwischen!

(Beifall bei der CDU/CSU – Thomas Ehrhorn [AfD]: Was für lächerliche Theorien eines Hobbykriminalisten! Das ist doch peinlich! – Weitere Zurufe von der AfD)

Aber es wird, meine sehr geehrten Damen und Herren, darauf ankommen, dass wir in aller Ruhe die Ermittlungen des Generalbundesanwalts abwarten. Wir sehen auch, wie sehr der Bezug auf die Stärke des Rechts den einen Flügel dieses Hauses, dessen Flügel unter Beobachtung steht, enerviert.

(Zuruf des Abg. Thomas Ehrhorn [AfD])

Deswegen rate ich uns zu Gelassenheit und zur Stärkung des Rechts.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben ja ein paar Ansätze, die hier sehr stark wirken. Nach fast 75 Jahren Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ist endlich eine Nationale Sicherheitsstrategie in Erarbeitung – leider nicht beim Kanzleramt, sondern im Auswärtigen Amt. Die Bund-Länder-Koordinierung – die ja auch den Schutz der kritischen Infrastruktur betrifft – können aber nur die Länder mitleisten, also muss das im Kanzleramt gemacht werden.

Ich hätte mich sehr gefreut, wenn es uns gelungen wäre, in dieser Woche die Nationale Sicherheitsstrategie im Bundestag zu debattieren – sie gehört nach dem Kabinett hierher – und dann bei der Münchner Sicherheitskonferenz öffentlich vorzustellen. Das hätte unserem Land, glaube ich, sehr zur Ehre gereicht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir werden sicherlich darüber sprechen, aber entscheidend ist, dass die Umsetzung dieser Nationalen Sicherheitsstrategie auch kritische Infrastruktur umfasst. Wir sind auf der einen Seite sehr stolz, dass binnen weniger Monate LNG-Terminals aus dem Boden gestampft werden, aber sie sind noch nicht Teil der kritischen Infrastruktur. Ich finde es schon bemerkenswert, dass hier darüber nachgedacht wird, dies den Betreibern oder den Bundesländern aufzulasten. Nein, der Bund hat es forciert, und es ist Aufgabe des Bundes, diese kritische Infrastruktur auch zu schützen. Dafür werden wir als Union uns auch intensiv einsetzen.

Der dritte Aspekt ist, dass wir unsere Nachrichtendienste dazu stärken müssen.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Ja!)

Wir investieren sehr viel Kraft und Geld in die Kontrolle der Nachrichtendienste. Wir müssen aber auch sehr viel Geld und Kraft in die Leistungsfähigkeit unserer Dienste investieren.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Die meisten kommen aus dem Ausland!)

Wir brauchen, liebe Koalition, keine Überwachungsgesamtrechnung. Unsere Bevölkerung braucht eine Bedrohungsgesamtrechnung.

(Konstantin Kuhle [FDP]: Beides!)

Und im Rahmen dieser Bedrohungsgesamtrechnung können wir dann auch einen Bezug zu einem aufgewerteten Bundessicherheitsrat, zur Nationalen Sicherheitsstrategie und anderem herstellen. Unserer Bevölkerung muss doch klargemacht werden, dass, wenn wir 300 Milliarden Euro für den sogenannten Doppel-Wumms aufwenden – 200 Milliarden Euro plus 95 Milliarden Euro plus 10 Milliarden Euro – und nur etwas mehr als 3 Milliarden Euro dieser Summe, also 1 Prozent, für die Ukraine, hier irgendwo die Gewichtung nicht ganz stimmt.

Deswegen möchte ich abschließend klar herausstellen, dass der beste Schutz unserer kritischen Infrastruktur eine Sicherheitskultur ist, die das sehr offen anspricht – deswegen hat diese Debatte einen guten Nebeneffekt, weil sie uns die Möglichkeit gibt, das herauszustellen –, und zweitens, dass in den genannten Rahmenbedingungen Russland verlieren lernt und die Ukraine in den Grenzen von 1991 gewinnt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Mike Moncsek [AfD]: Das sitzt tief!)

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