"Anschläge auf die Nord-Stream-Leitung aufklären"

Seite 6: FDP: "Es darf keinen Ausverkauf kritischer Infrastruktur geben"

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Nächster Redner ist Konstantin Kuhle für die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des Bündnisses 90/Die Grünen)

Konstantin Kuhle (FDP):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sprechen über Anschläge gegen die deutsche und gegen die europäische Infrastruktur. Offenbar geht es der antragstellenden Fraktion insbesondere um die Angriffe gegen die Pipeline Nord Stream 2 und gegen die Infrastruktur der Deutschen Bahn, die es in den letzten Monaten in Deutschland gegeben hat. Und ja, es ist richtig: Wir alle müssen ein Interesse daran haben, dass diese Taten aufgeklärt werden.

(Zuruf von der AfD: Hört! Hört! – Dr. Götz Frömming [AfD]: Haben denn alle ein Interesse daran?)

So wünschenswert es ist, dass diese Taten aufgeklärt werden, so klar ist aber auch: Es gibt zum jetzigen Zeitpunkt keine klaren Erkenntnisse über den Schuldigen.

(Zuruf von der AfD: Woher wissen Sie denn das?)

Deswegen verbietet sich jede Spekulation auf der Grundlage der unseriösen Quellen, die hier gerade vorgetragen worden sind.

(Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU/CSU und dem Bündnis 90/Die Grünen)

Diese Diskussion gibt uns aber die Gelegenheit, über Angriffe auf europäische Infrastruktur zu sprechen, bei denen die Urheberschaft völlig klar ist.

Liebe Kollegin Dağdelen, dass Sie es ernsthaft wagen, am heutigen Tag das Friedenspamphlet von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer hier auszubreiten, am heutigen Tag, wo die russische Armee massive Angriffe auf die Ukraine fliegt,

(Tino Chrupalla [AfD]: Gerade heute! – Mike Moncsek [AfD]: Eine Friedensinitiative! – Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Wie wollen Sie das denn beenden? Mit mehr Waffen und Panzern!)

gerade heute, wo 150 000 Haushalte allein in der Region Charkiw ohne Strom sind, das ist nichts anderes als Hohn und Spott für die Opfer dieses russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Und dafür sollten Sie sich wirklich schämen, liebe Kollegin Dağdelen.

(Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU/CSU (C) und dem Bündnis 90/Die Grünen)

Diese Angriffe auf die kritische Infrastruktur in der Ukraine sind niederträchtig, und sie sind perfide,

(Zuruf von der AfD: Zum Thema!)

weil sie gerade darauf ausgelegt sind, dass die Menschen in der Ukraine nicht mehr weiterleben können. Diese Angriffe sind die Grundlage einer Strategie, bei der Russland nicht mal mehr sein wahres Ziel verschleiert. Das wahre Ziel ist, dass man in der Ukraine nicht mehr leben kann. Das wahre Ziel Russlands und Putins ist die Vernichtung der Ukraine. Liebe Kollegin Dağdelen, wie kaputt, wie politisch und moralisch bankrott muss man eigentlich sein, um das zu relativieren?

(Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU/CSU und dem Bündnis 90/Die Grünen – Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Nur Diffamierungen, keine Argumente!)

Es gibt Angriffe Russlands gegen europäische Infrastruktur in der Ukraine, es gibt Angriffe Russlands gegen europäische und deutsche Infrastruktur, und dazu möchte ich gerne ausführen. Denn wir erleben ja seit der Eskalation des russischen Angriffskrieges nicht nur Angriffe auf die Infrastruktur in der Ukraine; wir erleben auch eine massive Welle russischer Cyberattacken gegen Einrichtungen bei uns in Deutschland. Daran kann man schon sehen, wie eingebettet diese Cyberattacken in eine hybride Kampagne Russlands gegen die europäische Infrastruktur insgesamt sind.

Dazu gehört der Angriffskrieg gegen die Ukraine. Das Ganze wird aber unterstützt durch Cyberangriffe, durch Desinformation, durch finanzielle Einflussnahme und indem man sich einen gezielten Kontakt zu Fürsprechern in den liberalen Demokratien in Deutschland und Europa aufbaut. Die Fürsprecher des russischen Angriffskrieges sitzen typischerweise in den liberalen Demokratien an den Rändern. Das kann man auch in dieser Debatte wieder sehr gut beobachten.

(Beifall bei der FDP, der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des Bündnisses 90/Die Grünen)

Es geht also gerade darum, Zwietracht, Misstrauen und Destabilisierung in europäische Gesellschaften hineinzutragen,

(Zuruf des Abg. Sebastian Münzenmaier [AfD])

um eine Rechtfertigungserzählung für den eigenen Angriffskrieg in der Ukraine zu schaffen. Das ist der Grund, warum man sich im Kreml, warum man sich in Moskau gerade solche Fürsprecher sucht wie hier.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Haben Sie das bei den Young Leaders gelernt von der Atlantik-Brücke?)

Es ist ja schon interessant, dass nach Frau Dağdelen jetzt hier gleich Moskaus bester Mann, Markus Frohnmaier, das Wort ergreift.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des Bündnisses 90/Die Grünen – Lachen bei Abgeordneten der AfD)

Früher haben Sie sich wenigstens noch dafür geschämt und solche Typen hinten versteckt.

(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Gucken Sie mal in den Spiegel!)

Jetzt setzen Sie den in die zweite Reihe und überlassen ihm hier gleich das Wort. Das ist wirklich allerhand. Ihre Kollegen treten mittlerweile im russischen Staatsfernsehen auf, wo offen Mordfantasien gegen die Außenministerin geäußert werden.

(Zuruf: Ein Skandal!)

Sie radikalisieren sich immer weiter als Moskaus Agent hier bei uns in Deutschland.

(Zuruf von der AfD: Hey!)

Deswegen sollten Sie sich schämen, liebe Freunde, die Sie nicht sind, von der AfD.

(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Bündnisses 90/Die Grünen)

Wenn wir darüber sprechen, wie unsere Gesellschaft darauf reagieren muss, dass es diese Angriffe auf die Stabilität unserer Gesellschaft gibt, dann müssen wir über das geplante Gesetz zum Schutz kritischer Infrastrukturen sprechen. Wir müssen darüber sprechen, dass es keinen Ausverkauf kritischer Infrastruktur geben darf, auch nicht bei Häfen.

Wir müssen darüber sprechen, dass der Bevölkerungsschutz und der Katastrophenschutz – dazu hat der Kollege Eckert ausgeführt – besser aufgestellt werden. Ich wünsche mir auch, dass das entsprechende Bundesamt eine Zentralstellenfunktion erhält. All das sind Punkte, die wir noch weiter vertiefen können. Wir müssen aber vor allen Dingen, um uns zu verteidigen, an unserer eigenen Stärke arbeiten,

(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Daran sollten Sie mal in der FDP in Niedersachsen arbeiten, an der eigenen Stärke!)

unserer eigenen inneren Stärke als Demokratie gegen die Feinde der Freiheit in Europa, aber auch hier im Haus. Da haben wir gerade perfekt gehört, wogegen man sich wirklich wehren muss, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU/CSU und dem Bündnis 90/Die Grünen)

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