"Anschläge auf die Nord-Stream-Leitung aufklären"
- "Anschläge auf die Nord-Stream-Leitung aufklären"
- SPD: "Von kriminalistischen Ermittlungen überhaupt keine Ahnung haben"
- CDU: "Wem nützt es, wenn eine Leitung übrig bleibt?"
- Grüne: "Kritische Infrastruktur muss besser geschützt werden"
- Linke: "Kein wirkliches Aufklärungsinteresse"
- FDP: "Es darf keinen Ausverkauf kritischer Infrastruktur geben"
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Telepolis dokumentiert: Debatte im Bundestag über Nord-Stream-Anschläge. Heftiger Schlagabtausch zwischen Ampel-Parteien und Opposition. Wann wird Sabotage geklärt?
Im Bundestag war im Februar auf Antrag der AfD-Fraktion über die Anschläge auf die Nord-Stream-Pipelines debattiert worden. In Ergänzung zur Berichterstattung dokumentiert Telepolis die Reden zum Thema.
Die AfD hat eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung angezeigt. Bitte schön, Herr Frömming.
(Konstantin Kuhle [FDP]: Was kommt denn jetzt?)
Dr. Götz Frömming (AfD): Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren gleich ein Thema, das nicht nur von nationaler Bedeutung und Tragweite ist, sondern – ich glaube, wir sind uns einig – auch von internationaler Bedeutung und Tragweite. Wir gucken betrübt auf den leeren Platz des Kanzlers. Ich weiß, er ist entschuldigt;
(Dr. Paula Piechotta [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist nicht euer Ernst!)
aber der Vizekanzler und Wirtschaftsminister, der auch für diesen Bereich zuständig wäre, ist ja im Hause. Deshalb beantrage ich gemäß § 42 unserer Geschäftsordnung die Herbeirufung des Ministers.
(Beifall bei der AfD)
Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:
Es hat sich der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Till Steffen, gemeldet. – Bitte schön.
Dr. Till Steffen (Bündnis 90/Die Grünen):
Das ist natürlich sehr durchsichtig, was Sie hier machen.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Zudem geht es um ein ausgesprochen – wie soll ich sagen? – fadenscheiniges Thema. Sie haben ja ein echtes Nichtthema zur Aktuellen Stunde angemeldet.
Insoweit: Es steht Ihnen natürlich zu, diesen Antrag zur Geschäftsordnung zu stellen. Aber ich will darauf hinweisen, dass in der Sache hinter der Dringlichkeit, die Sie gerade dargelegt haben, gar nichts steht, weil es sich wirklich um eine wunderbare Verschwörungsthese handelt, die Sie hier zur Aktuellen Stunde angemeldet haben. Wenn man sich eine Karikatur zu einer AfD-Debatte hätte ausdenken wollen, dann wäre es die von Ihnen angemeldete gewesen.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Roger Beckamp [AfD]: Was wissen Sie denn genau? – Mike Moncsek [AfD]: Was wissen Sie denn? – Sebastian Münzenmaier [AfD]: Erzählen Sie uns mal mehr dazu!)
Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:
Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. – Dann lasse ich jetzt über den Antrag der AfD abstimmen. Wer dem Antrag der AfD folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die AfD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – Das sind alle übrigen Fraktionen. Dann ist der Antrag nicht angenommen.
(Thomas Ehrhorn [AfD]: Das ist so erbärmlich! – René Bochmann [AfD], an die übrigen Fraktionen gewandt: Sie alle wollen nicht wissen, was mit der Leitung passiert ist? Sehr eigenartig!)
Ich eröffne dann die Aussprache. Für die AfD erhält das Wort Tino Chrupalla.
(Beifall bei der AfD)
Tino Chrupalla (AfD):
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Anschläge auf die deutsche und die europäische Infrastruktur haben gezeigt, dass die Sicherheit Deutschlands in Gefahr ist, und das auf verschiedenen Ebenen. Zum einen schadet das desaströse Auftreten der Innenministerin dem Ansehen Deutschlands massiv. Zum anderen müssen wir uns hier und heute mit der Sicherheit unserer Lebensadern auseinandersetzen. Von diesen hängt die Existenz der Bürger genauso ab wie die unserer Industrie. Geraten die Energieversorgung, die Produktion von und Versorgung mit Trinkwasser oder auch die Kommunikation in Gefahr, wird es in Deutschland nicht nur sprichwörtlich dunkel; vielmehr wäre in kürzester Zeit auch die innere Sicherheit des gesamten Landes gefährdet.
Die Verantwortung liegt bei Ihnen, der Bundesregierung. Es liegt in Ihren Händen, wie sicher und zuverlässig die Versorgung unserer Bürger erfolgt.
(Beifall bei der AfD)
Sie müssen alle Kraft daransetzen, die Anschläge auf die Nord-Stream-Leitung, die Sie ja für nicht wichtig erachten – wir haben es gerade gehört –, aufzuklären. Seit fast einem halben Jahr stellen wir auch hier im Parlament bei den Regierungsbefragungen immer wieder dieselbe Frage: Wer hat den Anschlag auf die Gasleitungen in der Ostsee durchgeführt? Es handelt sich hierbei um die schwerste terroristische Aktion auf kritische Infrastruktur seit dem Zweiten Weltkrieg.
(Beifall bei der AfD)
Persönlich habe ich den Bundeskanzler in einer Telefonkonferenz gebeten, die Aufklärung voranzutreiben. Bis heute liegen keine Erkenntnisse vor; überall lautes Schweigen. Ich frage Sie: Warum? Der Generalbundesanwalt untersucht den Fall, die schwedischen und die dänischen Sicherheitsbehörden ebenso. Und es gibt noch immer keine Anhaltspunkte? Zumindest hat sich der Generalbundesanwalt heute im Merkur geäußert, dass es – ich zitiere – "derzeit nicht belegbar" sei, die Verantwortung bei den Russen zu suchen.
Da frage ich: Welche Rolle spielen unsere europäischen Nachbarn und so viel beschworenen guten Freunde? Ich frage das bewusst im Zusammenhang mit der Durchführung und der Aufklärung. Weshalb weigert sich Schweden, über die eigenen Ermittlungsergebnisse zu informieren? Welche Rolle spielt Polen in diesem Spiel? Nachdrücklich kam ja von dort im August 2022 die Forderung, Nord Stream 2 abzureißen.
Im direkten zeitlichen Zusammenhang, nämlich nur einen Tag nach den Anschlägen auf Nord Stream, fand die Eröffnung der Baltic Pipe statt, an der Norwegen, Dänemark und eben Polen beteiligt sind. Und warum genehmigt im Juni 2022 das norwegische Parlament den USA in einem Militärabkommen den unbegrenzten Zugang zu und die Nutzung von Teilen seines Hoheitsgebietes?
Wir brauchen hier endlich eine entsprechende Informationslage und Aufklärung. Als Parlament haben wir ein Recht darauf. Dieses ewige Schweigen der Bundesregierung ist nämlich der Nährboden für Gerüchte und Verschwörungstheorien.
(Beifall bei der AfD – Dirk-Ulrich Mende [SPD]: Die Sie befeuern!)
Es führt auch zu Angst und Verunsicherung bei den deutschen Bürgern. Also: Wem nutzt diese Strategie? Dem deutschen Volke jedenfalls nicht.
Es stimmt: Man spricht erst über Wahrheiten, wenn diese belegbar sind. Jedoch bekommen die Bürger – so auch ich – immer mehr den Eindruck, es gebe Fakten, die zumindest so schwierig zu vermitteln sind, dass man besser über Monate schweigt, wie wir es aktuell erleben. Welche Rolle möchte eigentlich die CDU als Oppositionskraft dabei spielen? Herr Kiesewetter wird ja dazu gleich ausführen.
(Konstantin Kuhle [FDP]: Der freut sich schon!)
Deswegen appelliere ich an Sie: Unterstützen Sie uns bei der Einrichtung eines Untersuchungsausschusses, gerade nach einem so schwerwiegenden Ereignis wie diesem Anschlag!
Ich komme wieder zurück zu unseren Verbündeten und Freunden. Kann die Bundesregierung mit größter Sicherheit ausschließen, dass Nord Stream nicht durch deren Zutun zerstört wurde? Schon heute müssen wir unsere Position in Europa und der westlichen Welt zumindest überdenken und im Fall, dass die Pipelines durch westliche Verbündete zerstört wurden, auch vollkommen neu bewerten.
Wähnen Sie Deutschland vielleicht sogar in einer Sicherheit, die gar keine ist? Agieren Länder wie Polen oder die Vereinigten Staaten nicht viel stärker im eigenen Interesse, als sich von Werten leiten zu lassen? Auch als Mitglied des Deutschen Bundestages fordere ich die Bundesregierung nachdrücklich auf, endlich Rede und Antwort zu stehen.
(Beifall bei der AfD)
Ich fordere Sie auch auf, die Fragen zu beantworten, die sich natürlich daraus ergeben: Sind die Versorgungsadern Deutschlands wie Wasserversorgung, Stromnetze und die Kommunikation überhaupt vor Anschlägen dieser Dimension geschützt? Laufen wir Gefahr, bald wieder Opfer von Anschlägen zu werden, die im Interesse anderer stattfinden? Und wie planen Sie, die kritische Infrastruktur Deutschlands überhaupt besser zu schützen? Welche Antworten hat eigentlich die Innenministerin darauf? Auch sie hätte heute hier sein müssen. Das gehört nämlich zu Ihrem Aufgabenbereich als Bundesministerin, Frau Faeser, und nicht die persönliche Karriereplanung in Hessen.
(Beifall bei der AfD – Zurufe der SPD: Oh!)
Begreifen Sie endlich, dass wir uns nicht einseitig binden dürfen! Wir müssen die eigenen Interessen, die Interessen Deutschlands und seiner Bürger, klar formulieren und dürfen uns nicht in der Vorstellung verlieren, die ganze Welt sei unser Freund.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD)
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