Arbeitsplatz eines Computer-Hackers

Die verschiedentlich in die Nähe von Geheimdiensten gerückte Crypto AG feiert ihr 50 jähriges Bestehen mit einer Ausstellung zur Geschichte der Kryptologie

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Im Verkehrshaus in Luzern lässt sich derzeit die Firma Crypto AG gebührlich feiern. In einer Gemeinschaftsproduktion präsentieren das Museum und der Hersteller von kryptografischen Produkten die Ausstellung only for you - die Kunst der Verschlüsselung. Wer sich einen Einblick in die Funktionsweise der Verschlüsselungstechnik erhofft, wird aber enttäuscht. Der pädagogische Wert von "only für you" tendiert gegen Null. Statt dessen wird Klischees gehuldigt und der Besucher für dumm verkauft.

Dass Ausstellungen von Firmen gesponsort werden, ist an und für sich nichts Außergewöhnliches. Kultur kostet. Nun kann ein Geldgeber mehr oder weniger Einfluss auf die Präsentation der Exponate nehmen. Im Fall von "only für you - Die Kunst der Verschlüsselung" im Verkehrshaus Luzern sind die Interessen der Firma Crypto AG allzu deutlich herauszulesen. Die Geschichte der Kryptologie wird gleichsam als lineare Entwicklung von den ersten bekannten verschlüsselten Keilschriftbotschaften in Mesopotamien hin zu den Hightech-Gerätschaften der Schweizer Firma dargestellt.

Zwar werden die Meilensteine der Verschlüsselungstechnik, wie etwa die legendäre Enigma der deutschen Wehrmacht, ausgestellt, eine Erklärung wie die Gerätschaften funktionieren, sucht man vergeblich. Neben der nicht erfüllten Chance, die Verschlüsselungstechnik populär-wissenschaftlich einem interessierten Publikum näher zu bringen, schimmert das Interesse der Crypto AG mehr als deutlich durch: Die Ausstellung soll für positive Schlagzeilen sorgen. Schließlich sah sich das Unternehmen mit Sitz in Steinhausen im steuergünstigen Kanton Zug in den vergangenen zehn Jahren verschiedentlich massiven Vorwürfen ausgesetzt. Duncan Campbell etwa hat in seinem "Echelon"-Bericht für das Europaparlament erwähnt, dass die Crypto AG mit dem US-Geheimdienst NSA kooperiert und einen Teil ihrer Produkte mit NSA-kompatiblen Backdoors ausgerüstet habe. Erst vor einer Woche wiederholte Campbell anlässlich eines Besuchs in der Schweiz diesen Vorwurf und bezeichnete die vermutete Crypto-NSA-Connection als "den wichtigsten Beitrag der Schweiz zu Echelon".

Schlicht für dumm verkauft werden die Ausstellungsbesucher etwa, wenn die Simulation von Email-Verschlüsselung auf einem längst entschlüsselbaren Verfahren aus dem 16. Jahrhundert basiert. PGP als de facto Standard für die Chiffrierung von elektronischer Post unter Privatanwendern ist der Crypto AG als Konkurrenzprodukt ein Dorn im Auge. Der Missbrauch solcher Software durch Kriminelle und Terroristen werde weiter zunehmen, ist denn in der offiziellen Festschrift zum Firmenjubiläum zu lesen. In der Ausstellung liegt neben dem Porträt von PGP-Autor Phil Zimmermmann ein paar Lederhandschuhe. Plumper könnte die Suggestion nicht sein, wonach sich PGP-User in die Nähe von Kriminellen begeben. Aber Klischees wollen schließlich gepflegt werden.

Durchaus amüsant ist in diesem Zusammenhang die Darstellung des Arbeitsplatzes eines Computer-Hackers: Neben der PC-Tastatur liegen ein Mitteilungsblatt des Chaos Computer Club, eine Liste mit Buchstaben- und Zahlencodes, ein überquellender Aschenbecher und die obligate Kaffeetasse. Zur Dokumentation der Hackertätigkeit ist daneben ein Bildschirm mit Webbrowser und der Fehlermeldung "Directory Listing Denied" zu sehen.

Stünde die Ausstellung auf dem Firmengelände der Crypto AG, wäre die ideologisch verbrämte Herangehensweise verständlich. Nun steht sie aber im Schweizerischen Museum für Verkehr und Kommunikation, das erst vor wenigen Tagen die Gleichstellung mit dem Landesmuseum beantragte, also in die oberste Liga der helvetischen Museen aufzusteigen beabsichtigt.