Armageddon nach den Wahlen: Die US-Iran-Politik in der neuen Ära Trump

Was bedeutet Trumps nächste Amtszeit mit Blick auf den Iran?

(Bild: Anna Moneymaker/Shutterstock.com)

Mit Donald Trump muss der Iran mit einem alten Bekannten einen Umgang finden. Was bedeutet das für die Lage in Nahost? Eine Nachwahlanalyse.

Am 14. Juli 2015 war die Welt – so schien es – ein Stück friedlicher geworden. In Teheran feierten die Menschen ausgelassen auf den Straßen, als hätte "Team Melli" (die iranische Fußballnationalmannschaft) einen großen Sieg errungen.

Rückblick

Mit der in Wien unterzeichneten Nuklearvereinbarung Jcpoa schlossen die Islamische Republik Iran und die Signatur- wie Garantiemächte Russland, China, USA, Deutschland, Großbritannien und Frankreich ein Riegel vor die militärische Nutzung des zivil-gedachten Atomprogrammes von Teheran.

Eine große Sorgenfalte der Regierenden in Israel schien, ohne direkt beteiligt gewesen zu sein, sich somit in Luft aufgelöst zu haben.

Israel, selbst Atommacht, schürte seit geraumer Zeit die Angst vor der Bombe in den Händen der schiitischen Theokratie. Ein wirkmächtiges, propagandistisch aufgeladenes Bild.

Der kleine "David" Israel – nahezu schutzlos – dem gewaltigen "Goliath" Iran zur Vernichtung ausgeliefert – dass dies weder eine damalig oder heute zutreffende Lageeinschätzung darstellt, noch im Bereich der direkten Ziele von Teheran lag, sei geschenkt. Seine Wirkung in Medien, Erinnerungskultur und Politik verfehlte das mantraartig wiederholte Drohbild hingegen – insbesondere unter den Vorzeichen des Wissens um deutsche Geschichte - nicht.

Alte Belastungen, gleiche Probleme

Doch, was bewog die iranische Diplomatie, damals diesen Deal einzugehen? Schon 2015 wetterten die konservativen Hardliner gegen eine – aus ihrer Sicht chancenlose und vergebliche – Politik der Verständigung mit großem und kleinem Satan.

Es ist simpel: seit der triumphalen Rückkehr von Ayatollah Khomeini in den Iran 1979 stand die Islamische Republik unter einer gewaltigen Kanonade an Sanktionen durch den "Westen", verortet auf der "Achse des Bösen" war man anderen sozialistischen "Schurkenstaaten" wie Kuba oder Nordkorea gleichgestellt worden.

Teheran störte und stört – mit seiner geopolitischen Ausrichtung, seiner schiitischen Vorwärtsverteidigungsphalanx und seiner ideologischen Einstellung – das Geschäftsgebaren des US-Weltpolizisten und seiner Verbündeten – vornehmlich des Königshauses der Al-Saud und der Regierung in Tel-Aviv.

Die Beziehungen sind historisch vorbelastet: 444 Tage Geiselnahme in der Teheraner US-Botschaft 1979, der Abbruch diplomatischer Beziehungen (bis heute vertritt die Schweiz in Teheran US-Dienste) und die US-Intervention in den Iran-Irak Krieg mit der Zerstörung mehrerer iranischer Ölplattformen 1988. Doch mit dem Jcpoa sollten – nicht offiziell in der hier nach zu lesenden Akte – wirtschaftliche Sanktionen fallen.

Für die iranische Gesellschaft und seine politische Führungsriege war dies überlebenswichtig, denn in den Jahren 2012 bis 2015 erreichten die Sanktionen unerträgliche Zustände. US- und EU Sanktionen reduzierten rapide Öl-Einnahmen und harte Währungen im Land, die Erdöl- und Erdgasexporte sanken auf das Rekordtief von 27 Mrd. US-Dollar (2015).

Damit war der iranische Rentierstaat kaum lebensfähig. Proteste schienen vorprogrammiert. Doch ab 2015 konnte sich die iranische Wirtschaft leicht erholen.

Mit 2018 und dem einseitigen US-Ausstieg unter besagtem US-Präsident Trump war die Hausse vorbei – aufgrund neu-einsetzender Sanktionen dient die Importquote als gutes Indiz. Diese sank 2018 aufgrund mangelnder Einnahmen um 22 Prozent.

"Dealmaker" Trump und die Neuverhandlungen

Der Volblutkapitalist Trump fabuliert gerne von märchenhaften Konfliktlösungen in Windeseile – sein Vorgänger Biden reaktivierte zumindest die Verhandlungen um eine Neuauflage des Jcpoa 2022. Bislang jedoch ohne Erfolg.

Die USA gingen gar minimal auf den verhandlungsbereiten Iran zu.

Für die iranische Seite sieht die politische Lage – insbesondere nach den EU-Sanktionen nach dem Tod von Mahsa Jina Amini – keinen Jota besser aus als 2015. Die Lage ist ökonomisch wie politisch extrem angespannt, neue Proteste drohen. Die neue Regierung wird Verhandlungen führen müssen. Einen Krieg gegen die Achse USA-Israel kann sie – realistisch betrachtet – in keinerlei Situation wollen oder führen.

Auch wenn man mit China einen bedeutenden Handelspartner entlang der "neuen Seidenstraße" Vertrauen kann und zu Russland wie dem "Globalen Süden" Beziehungen knüpft, vermiesen die Sanktionen Prosperität und damit gesellschaftliche Teilhabe Hunderttausender.

Monatlich verliert der Iran, aufgrund der bestehenden Öl-Sanktionen schätzungsweise 7,3 Milliarden US-Dollar – eine gigantische Summe.

Die Beziehungen zum "Dealmaker" könnten kaum vorbelasteter sein: Trump zerriss die 12 Jahre andauernden Verhandlungen rund um das Jcpoa, ließ Generel Suleimani auf Befehl töten (dieser genießt im Iran höchstes Ansehen und war auf dem Weg zu Verhandlungen mit Saudi-Arabien im Irak) und im Wahlkampf sprach er sich für einen israelischen Angriff auf die iranischen Atomanlagen aus, neuerdings kursieren FBI-Gerüchte, dass Iran Trump im Wahlkampf töten wollte.

Hoffnung und Ausblick

Doch es gibt auch Hoffnungsschimmer – neben den positiven Signalen aus Teheran zu Verhandlungen ließ auch Trump durchblicken, dass er einen Deal will. Im September noch sprach er davon, dass es ein Abkommen geben müsse, im Oktober – mit Verweis auf die Abraham Abkommen – dass "Frieden im Nahen Osten möglich" sei, natürlich nur mit ihm als Präsident.

Doch die Trumpsche Politik gilt als antiiranisch. Sie besteht aus maximalem wirtschaftlichem Druck und einer als erpresserisch zu bezeichnenden Verhandlungsführung. Für Trump und das US-Establishment ist – im Windschatten der militärischen Enthauptungen gegen die Hisbollah und die Hamas – sicher nicht der Zeitraum für Zugeständnisse an Teheran.

Für die iranische Politik hingegen, existieren 3 Optionen: zum Ersten ein "Weiter, wie bisher" mit der unkalkulierbaren Gefahr, dass das Regime in eine existenzielle Krise gerät, zum Zweiten der Marsch nach Vorn und eine durchschlagende (auch militärische) Antwort (was bisher ausblieb) oder als Drittes eine weitere Runde Anbiederung und Zugeständnisse an den kollektiven Westen in der (naiven?) Hoffnung Gehör zu finden.

Brandgefährlich ist sicher die enge Verbindung zwischen Netanjahu und Trump. Nicht zuletzt warf Trump Biden vor, Israel nicht genügend zu unterstützen – mit ihm wird es wohl erstmals keinen Frieden an den Fronten Libanon und Gaza geben. Kein gutes Omen für eine diplomatische Offerte gen Iran.

Persische Reaktionen

Daher wurden die Reaktionen der regierungsoffizellen und oppositionellen Seite des Iran auf den Ausgang der US-Wahlen mit Spannung erwartet. Der Sprecher des iranischen Außenministeriums – Esmaeili Baghaei – sprach in einer ersten Reaktion via Tehran Times, davon, dass man den neuen US-Präsidenten auf Basis seiner Politik bewerten will.

Die Vergangenheit sei zwar nicht vergessen, wohl aber kein aktuelles Kriterium zur Zusammenarbeit. Immer wieder drang auch der Kommentar durch, dass es für den Iran letztlich egal sei, ob Trump oder Harris. Zur Regierungslinie wurde dies jedoch nicht.

Die Exil-Opposition scheint sich derweil die Hände zu reiben, für viele war die Wahl bedeutender als die Wahl im eigenen Land (was auch die bescheidene Abstimmungsquote belegt). Viele Oppositionelle hoffen, aufgrund von "Trump ist unberechenbar", ein jähes Ende der Islamischen Republik.

Der iranische Außenminister Abbas Araghtschi erteilte dem in den Worten: "Wir werden keine Kompromisse bei unseren Prinzipien und Idealen eingehen und daran wird sich nichts ändern." eine sehr klare Absage. Es bleibt abzuwarten, welchen genauen Kurs die Trump-Administration einschlägt.