Auch Geldinstitute müssen sich an Verträge halten

Das Landgericht Ulm hat entschieden, dass eine Sparkasse ein Finanzprodukt nicht einfach kündigen kann, wenn es ihre Profiterwartungen nicht erfüllt

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In Deutschland ist nicht nur der Markenname Sparkasse streng geschützt - das Immaterialgüterrecht erstreckt sich auch auf andere Kennzeichen dieser Geldinstitute. Deshalb konnten die deutschen Sparkassen die Santander-Bank verklagen, die für ihr Firmenlogo ebenfalls die Farbe Rot nutzt.

Befürworter solch umfassender Ansprüche betonen immer wieder, dass das Markenrecht so wichtig sei, weil es ja nicht nur die Ansprüche von Firmen schütze, sondern auch und vor allem den Verbraucher vor Täuschung und vor minderwertigen Angeboten bewahren würde. Die Garantie für die Sicherheit von Ersparnissen, die die Sparkassen von den Banken unterschied, wurde auf Betreiben der EU allerdings bereits 2005 still und heimlich kassiert. Und auch in ihrem Geschäftsgebaren unterscheiden sich manche Sparkassen offenbar nur mehr bedingt von weniger seriösen Finanzdienstleistern, wie ein aktuelles (aber noch nicht rechtskräftiges) Feststellungsurteil des Landgerichts Ulm gegen die Sparkasse Ulm zeigt (Az. 4 O 273/13).

Diese Sparkasse hatte zwischen 1993 und 2005 so genannten "Scala-Verträge" mit einer Laufzeit von 25 Jahren und einer Bonusverzinsung von bis zu dreieinhalb Prozent angeboten. Damals rechnete offenbar kein Ulmer Sparkassenmanager damit, dass die Zinsen nach der Einführung des Euro und nach diversen mit ihm verbundenen Krisen und "Rettungsmaßnahmen" auf das heutige Teils-Negativniveau absinken könnten.

Dann stellte sich heraus, dass die Manager den Versprechen der Politik zur Sicherheit des Euro besser nicht getraut hätten - und die Bank drängte die Abnehmer von etwa 18.000 noch länger laufenden Scala-Verträgen zum Umstieg auf andere Angebote. Dabei drohte sie, sie habe das Recht, Scala-Verträge einseitig zu kündigen. Ungefähr 14.000 ließen sich überreden und wechselte in neue Verträge. Aber 4.000 hatten sich die alten Verträge genau durchgelesen und festgestellt, dass deren Text gar keine einseitige Kündigung durch die Sparkasse erlaubt.

Einer dieser Kunden strengte deshalb die Feststellungsklage vor dem Landgericht Ulm an, die jetzt entschieden wurde. In ihrer Entscheidung stellen die Richter bemerkenswert klar fest, dass die Sparkasse Ulm weder das Recht hat, Scala-Verträge vorzeitig zu kündigen, noch, den Kunden Beschränkungen aufzuerlegen, die in den alten Werbebroschüren nicht enthalten sind. Das betrifft vor allem eine Herabsetzung der monatlichen Sparobergrenze von 2500 Euro, der sich viele Kunden nach dem Sinken des allgemeinen Zinsniveaus enger näherten als vorher.

Hier residiert die Ulmer Sparkasse. Foto. Schlaier. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Jene Ulmer, die sich zum Umstieg auf andere Finanzprodukte drängen ließen, müssen nicht nur damit leben, dass sie für sich mehr herausholen hätten können, wenn sie standhaft geblieben wären, sondern auch hoffen, dass es ihnen nicht ergeht wie manchen Kunden der 86 Kilometer östlich gelegenen Stadtsparkasse Augsburg. Nach Recherchen des BR-Magazins Quer besteht nämlich der Verdacht, dass man dort so genannten alt-und-doof-Kunden absichtlich hochriskante Zertifikate angedreht hat, bei denen diese bis zu 130.000 Euro verloren.

Das Oberlandesgericht München wies die Klage einer Geschädigten 2014 mit der Begründung ab, es könne keinen Vorsatz der Sparkasse erkennen, weil diese ein seriöses Geldinstitut sei. Inzwischen meldeten sich beim beim Anlegeranwalt Bernd Paschek jedoch zahlreiche weitere Geschädigte, die allesamt darüber klagen, dass man sie bei der Stadtsparkasse Augsburg über das Komplettverlustrisiko nicht informiert hat. Beim Vergleich von Unterlagen kam heraus, dass eine (angeblich nur zum internen Gebrauch bestimmte) Produkbeschreibung der Stadtsparkasse Augsburg im wesentlichen der eines Credit-Suisse-Originals zu diesem Zertifikat entsprach - aber Hinweise, in denen die Schweizer Bank vor dem Komplettverlust warnt, fehlen dort. Bei der Stadtsparkasse Augsburg meint man allerdings weiterhin, man habe die Kunden "gemäß den Vorschriften […] aufgeklärt".

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