Auf dem Weg zur virtuellen Realität

Japaner entwickeln Nahrungsmittelsimulator

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Jetzt kann man sich auch noch das Essen sparen. Aber nicht aus finanziellen Gründen, sondern aus Spaß und Tollerei. Und Schuld haben die Japaner ­ genauer gesagt ein von Hiroo Iwata geleitetes Forschungsteam der Universität Tsukuba. Nach einem Bericht von New Scientist haben die japanischen Forscher auf der Siggraph 2003 einen von ihnen entwickelten Nahrungsmittelsimulator vorgestellt, der im Mund das Gefühl von Käse, Marmelade oder anderen Lebensmitteln erzeugt. Und damit sei nun, betont Hiroo Iwata, nach Augen, Ohren, Tastsinn und Nase die letzte Grenze der virtuellen Realität überschritten.

Leider ist der Aufwand für dieses virtuelle Essvergnügen recht groß. Zuerst muss der Simulator mit Daten gefüttert werden, die die Geschmackschemie und die Bissfestigkeit von Lebensmitteln enthalten. Danach kommt er in den Mund, seine Motoren sorgen dann dafür, dass den Zähnen der zum jeweiligen Essen gehörende Widerstand entgegengesetzt wird. Über kleine Tuben werden die entsprechend gemixten Geschmacksstoffe abgegeben. Und ein Lautsprecher sorgt für die richtigen Kaugeräusche.

Auf diese Weise lässt sich theoretisch angeblich jedes Essen simulieren. Fragt sich nur warum? Schließlich enthalten zahlreiche Lebensmittel schon jetzt so viele künstliche Geschmacksstoffe, dass von einem natürlichen oder gar authentischen Geschmack längst nicht mehr die Rede sein kann. Da zudem Nahrung nur simuliert wird, macht der Vorgang noch nicht einmal satt. Allerdings hat das Gerät doch einen Vorteil: Man kann endlich essen, was man will, ohne dass einem hinterher schlecht wird.

Doch der Simulator ist natürlich nicht für Vielfresser auf Essentzug gedacht, sondern vor allem für Lebensmitteldesigner, die damit immer perfektere, wenn auch immer künstlichere Produkte herstellen können. Waren also, die dann sogar den unterschiedlichen Geschmackswahrnehmungen von älteren oder jüngeren Konsumenten angepasst sind. Und noch etwas fanden die Forscher heraus: Da man mit dem Simulator mitten im Biss urplötzlich den Geschmack verändern kann, lässt sich dadurch beispielsweise ein simuliertes süßes Stück Sahnetorte übergangslos in einen sauren Hering verwandeln. Und dieser kleine Trick hat nach Angaben von Hiroo Iwata den Entwicklern richtig Spaß gemacht - obwohl uns der Nahrungsmittelsimulator und seine möglichen Folgen eher an das alte Sprichwort erinnern: Humor ist, wenn man trotzdem isst.