Auf der Suche nach dem Heiligen Gral in der Welt der Halbleiterspeicher

Verbesserung der MRAM-Speichertechnik

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In der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature wird von einem neuen Verfahren zur Verbesserung der MRAM-Speichertechnik berichtet. Diese ultraschnelle magnetoelektronische Schaltung könnte einen Durchbruch für magnetische Arbeitsspeicher bedeuten.

MRAM-Chip von IBM

MRAM ist die Kurzform für Magnetic Random-Access Memory, in Deutsch Hochintegrierter magnetischer Festkörperspeicher genannt. Diese neue Speichertechnologie könnte die Computer revolutionieren. Wer heute nicht ständig auf die Festplatte speichert, verliert seine Daten, sobald der Arbeitspeicher nicht mehr mit Strom versorgt wird. Im Moment werden dynamische Schreib- und Lesespeicher verwendet (DRAM, Dynamic Random-Access Memory), bei denen die elektrische Ladung aber immer wieder aufgefrischt werden muss, um die Daten nicht zu verlieren. Dieser so genannte Refresh-Vorgang kostet Zeit und birgt immer das Risiko, dass bei einem Zusammenbruch der Versorgungsspannung alle aktuellen Inhalte weg sind. MRAMs bewahren die Information ohne ständige Stromzufuhr. Werden sie verwendet, entfällt auch das zeitaufwändige Laden der Programme beim Start des Computers. Booten in Nullzeit könnte die Zukunft sein.

Das ist auch und besonders für mobile Anwendungen, also Laptops, Organizer oder digitale Film- und Fotokameras interessant. MRAM ist sehr schnell, kostengünstig und erreicht die gleiche Packungsdichte wie DRAM, da sie via Mikrostrukturierung als Festkörperspeicher aufgebaut ist (Vgl. Gigabit-Speicher mit Langzeitgedächtnis).

Kein Wunder, dass das Interesse der Industrie an der Forschung sehr hoch ist. MRAM-Bausteine werden seit geraumer Zeit bereits in der Raumfahrt verwendet. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Leitprojekt Magnetoelektronik und diverse Konzerne beteiligen sich mit umfassenden finanziellen und personellen Ressourcen. IBM (Vgl. MagRAM) und Infineon (Vgl. IBM und Infineon forcieren Entwicklung von revolutionärer Speichertechnologie) sind bei der wissenschaftlichen Jagd auf die neue Technologie dabei und wollen bis 2004 entsprechende magnetische Speicherbausteine bis zur Marktreife gebracht haben.

Im Juni 2002 präsentierte Motorola einen 1-Mbit-MRAM-Chip, der ab 2004 in die Massenproduktion gehen soll. Der 256-Kbit-MRAM-Chip wird bereits ausgeliefert. Jim Handy, Direktor für den Bereich nicht-flüchtige Speicher, sagte anlässlich der Präsentation:

Forscher haben jahrzehntelang nach dem 'heiligen Gral' in der Welt der Halbleiterspeicher gesucht -- einen Baustein, der nicht-flüchtig, kostengünstig, schnell und stromsparend ist. Jede der heute gebräuchlichen Technologien, ob DRAM, Flash oder SRAM, adressiert eine oder zwei dieser Eigenschaften, aber keine Technologie kann bisher alle vier Anforderungen erfüllen. Die Erfolge von Motorola auf dem Gebiet der MRAM-Technologie scheinen uns näher an das ultimative Ziel eines idealen Speicherchips zu bringen.

(Vgl. Motorola erreicht bedeutenden Durchbruch mit einem 1 Mbit MRAM-Universal-Speicherchip mit Kupfermetallisierung). Der potenzielle weltweite Markt für Arbeitsspeicher wird auf mindestens 30 Milliarden Dollar jährlich geschätzt.

Th. Gerrits, H.A.M. van den Berg, J. Holfeld und Th. Rasing vom Research Institute for Materials der holländischen Universität Nijmegen und L. Bär von der Siemens AG präsentieren jetzt in Nature ihre Verbesserung der MRAM-Technologie. In MRAM-Arbeitsspeichern werden die Bits magnetisch kodiert. Dabei haben sie einen ähnlichen Aufbau wie die historischen Ringkernspeicher (Vgl. Aufbau der Z22 Hardware), wobei sich an der Stelle der Ringkerne so genannte Tunnelkontakte befinden, die aus zwei magnetischen Schichten bestehen, die durch eine Isolatorschicht getrennt sind.

Die Ausrichtung der Magnetisierung in den beiden Schichten bestimmt die Kodierung der Bits, antiparallel für 0 und parallel für 1 . Die Magnetfeldorientierungen der Zellen werden durch das Anlegen eines äußeren Magnetfelds dirigiert, das bestimmt, wann von 0 auf 1 umgeschaltet wird, damit Daten gespeichert werden können. Dem Team um Gerrits ist es gelungen, die Geschwindigkeit und Verlässlichkeit der magnetischen Rotation (Vgl. Präzession) durch gesteuerte magnetische Feldimpulse (shaped magnetic field pulses) zu steigern und das Wellenphänomen auszuschalten, das normalerweise dafür sorgt, dass die Magnetisierung nach einer schnellen Rotation in ihren Ausgangszustand zurückfällt.

Dadurch ist es möglich, ultraschnell eine Ummagnetisierung zu erreichen, das heißt, die Magnetisierung wird gezielt gegeneinander ausgerichtet und wie gewünscht umgeschaltet. Der Impuls wird durch die zeitversetzte Überlagerung von zwei Laserimpulsen in Pikosekunden erreicht (eine Pikosekunde = 0,000000000001 Sekunde).