Auf der Suche nach dem goldenen Apfel

Taugt das Apple-Modell als Rettungsanker für die krisengeschüttelte Musikindustrie?

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Mit seinem iTunes Music Store ist Apple innerhalb weniger Wochen zum Liebling der Musikindustrie geworden. Von Microsoft über Amazon bis zu MTV haben sich bereits eine ganze Reihe von Nachahmern angekündigt. Apple wiederum will nach den großen Labels jetzt auch Indie-Musiker mit an Bord holen.

Mitten in der Krise macht sich plötzlich ungewohnter Optimismus in der Musikbranche breit. Nicht wenige reden von einer Trendwende. Eine Revolution will gar Universal Music-Chef Doug Morris ausgemacht haben. Grund dafür ist der unerwartete Erfolg des Apple Music Stores, über den der Computerhändler seit rund sechs Wochen einzelne Songs für 99 je Cent verkauft. Innerhalb der ersten Woche wanderten dort mehr als eine Millionen Tracks über die virtuelle Ladentheke. Kaum eine Woche später erklärte Apple, auch die zweite Millionenmarke erreicht zu haben.

Angesport von diesem Erfolg schicken sich nun eine ganze Reihe von Nachahmern an, sich an Apples Geschäftsmodell zu versuchen. Ganz neu ist der Verkauf einzelner Downloads nicht. Mehr schlecht als recht haben Anbieter wie Liquid Audio und Popfile.de in den letzten Monaten und Jahren bereits ähnliches versucht. Apple bekam von den Plattenfirmen jedoch einen ungewohnten Vertrauensvorschuss - wohl auch, weil man glaubte, ja doch nur eine kleine Nische zu bedienen.

Zwar setzt auch der iTunes Music Store auf Kopierbeschränkungen, doch diese sind im Vergleich zu anderen Plattformen ungewohnt moderat: Die Songs lassen sich beliebig oft auf CD brennen und flexibel auf bis zu drei verschiedenen Rechnern abspielen. Nach dem Erfolg des Angebots ist davon auszugehen, dass jetzt auch andere Anbieter auf ähnliche Bedingungen pochen werden. Zu den Nachahmern gehören viele alte Bekannte: Microsoft will Apple in der Windows-Welt Konkurrenz machen, Amazon.com dem Verkauf von CDs ein zeitgemäßes Pendant zur Seite stellen. Auch MTV, AOL, Real Networks und Yahoo wollen sich ein Stück vom Kuchen abschneiden. Die drei letztgenannten haben bisher eher schlecht als recht versucht, Musikliebhabern Abos zum monatlichen Festpreis zu verkaufen.

Vertrauliche Apple-Details im Web

Kritiker wenden jedoch ein, dass Apples Modell vor lauter Optimismus überbewertet wird. So sickerte in den letzten Tagen die Information durch, dass Apple mittlerweile trotz einer breiten Werbekampagne nur noch 500 000 Tracks pro Woche verkauft. Apple zufolge werden rund 50 Prozent aller Tracks als Alben zum Festpreis von 10 US-Dollar gekauft. Bei einer angenommenen durchschnittlichen Albenlänge von 15 Titeln nimmt Apple damit rund 416 000 US-Dollar pro Woche ein. Da die Firma 65 Prozent aller Einnahmen an die Plattenfirmen weitergeben muss, bleiben ihr lediglich rund 146 000 US-Dollar. Bei gleich bleibenden Verkäufen würde das Angebot Apple damit nicht einmal acht Millionen US-Dollar pro Jahr einbringen. Zum Vergleich: Mit dem Verkauf von Computern, Software und Gadgets wie dem iPod setzt Apple pro Jahr knapp sechs Milliarden US-Dollar um.

Die iTunes-Musikplattform soll jedoch bald ausgebaut werden. Bereits zum Ende diesen Jahres will Apple eine Version für Windows herausbringen. Außerdem sollen auch zahlreiche kleinere Plattenfirmen mit an Bord geholt werden. Ihnen will Apple die gleichen Konditionen gewähren wie den fünf Majors, erklärte Steve Jobs letzte Woche vor rund 150 Branchenvertretern. Jobs hatte die Vertreter zahlreicher Indie-Labels zu Apples Firmensitz eingeladen, um ihnen exklusiv einen Vorgeschmack auf die Zukunft der Musikplattform zu geben. Wenig später fanden sich zahlreiche Details der als vertraulich eingestuften Besprechung im Web wieder.