Auf in den virtuellen Themenpark

Das Guggenheim-Museum will online Kasse machen

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Die Neuigkeiten klingt nicht wirklich neu: mal wieder kündigt das Guggenheim-Museum sein Virtual Museum im Internet an. Aber jetzt ist klar, dass neben der Kunst auch die Kasse stimmen soll.

Das Virtual Museum der Guggenheim-Stiftung ist schon lange geplant, im Oktober 2000 veröffentlichte Telepolis schon ein Interview mit dem daran arbeitenden Architekten Hani Rashid vom New Yorker "Asymptote Architects" (Virtuell Guggenheim). Bisher ist aber die Site www.guggenheim.com immer noch eine leere Baustelle. Und immer wieder tritt die Solomon R. Guggenheim-Stiftung an die Presse, um Großes für die Zukunft zu verheißen. Ab September 2001 sollen nun 50 Spezialisten unter dem kreativen Chef Rashid am virtuellen Guggenheim-Museum arbeiten, dabei sollen Kunst und Kommerz verbunden werden, wie die New York Times berichtete.

Reale Guggenheim Kunst-Museen stehen bereits in New York, Bilbao, Berlin und Venedig, 2,5 Millionen Besucher wurden vergangenes Jahr gezählt. Die Stiftung steht seit geraumer Zeit im Ruf, äußerst aggressiv zu expandieren, v.a. seit 1998 Thomas Krens Direktor wurde. Neue Museen in Las Vegas, Brasilien und Lower Manhattan sind geplant. Für den Aufbruch in den Cyberspace wurden jetzt Koalitionen mit dem Kunsthistorischen Museum und der Albertina in Wien, der Eremitage in St. Petersburg und dem Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM) in Karlsruhe geschmiedet.

Einige der Inhalte sollen im Virtual Guggenheim umsonst angeboten werden, für die meisten wird aber Geld kassiert. Das Ganze soll visuell aufregend gestaltet werden und viel mehr bieten als konventionelle Museum-Seiten im Internet, so verlautbaren die Guggenheimer. Und in der Tat: Eine virtuelle Galerie soll sich mit einem Verkaufsraum verbinden, um zu einem Themen-Park der Künste zu werden. Sozusagen die Guggenheim-World online. Noch werden der Umfang und die genauen Inhalte nicht offenbart - ein müder Versuch, das Interesse der Öffentlichkeit anzuheizen.

Auf jeden Fall werden qualitativ hochwertige digitale Reproduktionen der Gemälde, Skulpturen und anderer Kunstwerke aus allen Guggenheim- Museen und den assoziierten Häusern dort zu finden sein, dazu Video-Arbeiten und Medien-Kunst. Eine online Kunst-Datenbank für alle Bedürfnisse. In den Museen stattfindende Performances und Konzerte werden auch virtuell angeboten - vermutlich gegen Abbuchung von der Kreditkarte pro Minute. Dazu kommt der E-Museumsshop, aber auch Unterrichtsmaterial und ein auf Kunstpilger spezialisiertes Reisebüro.

Finanziert wird das Ganze vorab durch Investoren, die schon unterzeichnet haben und durch Sponsoren, deren Logos dann bei den wenigen frei zugänglichen Inhalten auf dem Bildschirm auftauchen.

Geschickterweise soll guggenheim.com von der Stiftung losgekoppelt werden, damit diese ihren Non-Profit-Status nicht verliert. Denn genau das riskiert sie, wenn sie anfängt, Gewinne einzufahren und zum überdimensionalen virtuellen Museumsladen zu werden.

In dem Telepolis-Interview erläuterte der Architekt Rashid vergangenes Jahr die Pläne für das Museum noch so:

Das Projekt wurde von Museumskuratoren initiiert, die schon seit langem mit Medien und Bildern experimentieren, vor allem mit Fotografie, und die der Frage nachgingen, welche künstlerischen Darstellungsmöglichkeiten die neuen Medien eröffnen. (....) Keiner von uns, die wir das ‚Virtual Guggenheim' konzipiert haben, hat einen technologischen Hintergrund. Wir haben alle mit Architektur zu tun. Gerade das war so reizvoll.

Heute muss man wohl ergänzen, dass das Projekt außer mit Architektur jede Menge mit Wirtschaft zu tun hat und ob die Kuratoren dabei noch etwas zu melden haben, steht als großes Fragezeichen im realen und virtuellen Raum.

Platz für Experimente oder Netzkunst wird bei McGuggenheim wohl zwischen digitaler Bilddatenbank, Tourismusbörse für den Kunstbeflissenen und dem Verkaufsraum mit kunstbedruckten Schirmen, Füllern sowie Tagebüchern nicht bleiben. Aber vielleicht ist die Netzkunst wirklich tot und Online-Kunst wie die von der Tate Britain (Netzkunst bei Tate Britain), dem San Francisco Museum of Modern Art (Die Zukunft macht plopp!) oder dem Museum of Modern Art) in New York genauso hoffnungsvoll überholt wie die unzähligen kleinen Projekte und einzelnen Netzkünstler.

Auf in den virtuellen Themenpark, in dem die Kunst nur noch die wesentliche Funktion hat, die Kasse klingeln zu lassen!