Die Zukunft macht plopp!

Die Website der Medienkunstausstellung 010101 am San Francisco Museum of Modern Art ist online; die Ausstellung folgt im März

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Die Zukunft macht "Plopp!". So, als würde man einen gekrümmten Finger in den geschlossenen Mund legen und dann schnell herausziehen, eben: "Plopp!" Dieses Geräusch hört man jedenfalls immer wieder, wenn man die neue Website der Ausstellung 010101 ansieht. Und diese Ausstellung ist die Zukunft. Sagt jedenfalls David Ross, der Direktor der Museum of Modern Art in San Francisco (SFMOMA), der das Medienkunst-Spektakel ausrichtet.

Die Ausstellung soll sich mit dem Einfluss, den digitale Medien auf unsere Umwelt haben, beschäftigen. Sie zeigt auch eine Reihe von Netzkunstprojekten, die das SFMOMA in Auftrag gegeben hat. Wer die dafür ausgewählten Künstler sein würden, darüber hatte es in der Netzkunstszene in den letzten Monaten reichlich Spekulationen gegeben. Jetzt wissen wir mehr. And the winners are: Erik Adigard, Entropy8Zuper, Mark Napier, Matthew Ritchie, Thomson & Craighead.

Da dies nun nicht gerade die internationale Creme de la Creme der Netzkunst ist, zerstreut diese Auswahl den Verdacht, dass "101010" die Ausstellung sein könnte, die die Netzkunst im in dieser Hinsicht etwas zurückgebliebenen Amerika durchsetzten würde. Und das obwohl die Ausstellung von dem Kurator und Museumsdirektor David Ross organisiert wurde, der in den 70er Jahren zu denjenigen Ausstellungsmachern gehörte, der die damals neue Videokunst in den USA auf die künstlerische Tagesordnung gesetzt hat. Doch mit der Netzkunst scheint Ross sich schwerer zu tun. Zwar hat er bereits ein Thesenpapier zum Thema veröffentlicht, doch zur Unterstützung hat er Medienkunstkurator Benjamin Weill engagiert, der Mitte der 90er Jahre in New York die Online-Galerie Adaweb gegründet hat, und zuletzt beim Londoner Institute of Contemporary Art (ICA) ein eher glanzloses Gastspiel gegeben hat.

Seit Anfang diesen Jahres, genauer gesagt, seit 0:01 Uhr des 1. Januars, ist nun die opulent gestaltete Website der Ausstellung online, die - mit Flash-Animationen und einem "ausgefallenen" - vor allem aber gewöhnungsbedürftigen - Interface-Design glänzt. Von einem nicht abschaltbaren Intro bis zu Texten, die nicht ausgedruckt werden können, enthält die Site so ziemlich alles, womit man Web-Puristen und Internet-Oldtimer gegen sich aufbringen kann.

Viel Inhalt gibt es auf der Site nicht, aber das, was da ist, ist mit viel Mühe gestaltet worden. Bloß finden tut man nichts, denn wie in der Frühzeit des World Wide Webs haben sich die Webdesigner des SFMOMA eine vollkommen neue Navigation einfallen lassen - in diesem Fall ein komisches Gewusel kleiner Punkte, die gelegentlich das bereits erwähnte "Plopp" machen, und damit offenbar den dynamischen Seitenaufbau der Website darstellen sollen. Eine Gebrauchsanleitung dafür gibt es ebenfalls, und die ist auch nötig.

Aber viel zeigen muss die Seite auch nicht, denn sie dient als eine Art Vorab-Trailer für die Ausstellung, die am 3. März im SFMOMA eröffnet wird. Dann sollen auch Links zu den Webarbeiten freigeschaltet werden, obwohl einige bereits jetzt online zu finden sind, wenn man nach ihnen sucht, wie zum Beispiel der witzige E-Poltergeist von Thomson & Craighead oder Feed von dem unermüdlichen Netzkunst-Fleissbolzen Mark Napier. Wer mag, kann sich auch an einem interaktiven Debattenforum beteiligen, das aber so kompliziert zu bedienen ist, dass es wohl nur wenige Diskutanten anziehen wird. Die Themen (Identity, Anonymity etc.) erinnern an die Gliederung der gelöschten Website der documenta X.

Wie schon bei der "net_condition" am ZKM in Karlsruhe (Jetzt wird aufgetischt: Netzkunst am Fließband) will auch "010101" nicht "nur" Netzkunst zeigen, sondern "Kunst im technologischen Zeitalter", wie der Untertitel der Ausstellung verspricht. Ob die Ausstellung diesem Anspruch gerecht wird, wird nun erst die Show erweisen, die ab dem 3. März in San Francisco zu sehen ist. Die Künstlerliste, auf der neben Char Davis, Andreas Gurksy, Sarah Sze oder Karin Sander auch Samsung Design und das Architekturbüro Asymptote steht, lässt allerdings eine etwas kopflose Gemischwarenausstellung über die aufregenden Techno-Zeiten, in denen wir leben, befürchten.