Aus für Mobbing-Minister in London

Seite 3: Dominic Raab und die faulen Frauen

Wie viel vom Fromm’schen Todestrieb in Raab steckt, muss Spekulation bleiben und können wohl nur seine Mitarbeiter bewerten. Nur passen die Mobbing-Vorwürfe hervorragend zur Weltsicht, die Raab gerne kundgetan hat.

Gemeinsam mit Liz Truss und Kwasi Kwarteng gab Raab 2012 das Buch "Britannia Unchained" heraus. Ein etwas krudes, neoliberales Manifest, dass die wirtschaftlichen Probleme des Landes unter anderem in Arbeitsscheu und Faulheit verortet.

Aus dem Vereinigten Königreich könne einfach nichts mehr werden, wenn alle so spät aufstehen, heißt es darin. Die Autoren übersehen dabei ein nicht unwichtiges Detail. Sie führen ihr Leben nahezu ausnahmslos in leitender Position. Sie sind es, die anderen Menschen Arbeit anschaffen und vielleicht auch aufhalsen.

Raab und Co. können sich nicht erklären, woher die Motivationsprobleme ihrer Mitarbeiter kommen könnten, wenn denen vielleicht Aufgaben aufgezwungen werden, die sie als unsinnig erachten.

Sagen kann man das einem Chef wie Raab nicht, denn der verbittet sich Widerspruch. In der Heilssuche durch Disziplin und Ordnung liegt meist auch ein patriarchales Rollenverständnis verborgen, das auch von erfolgreichen Frauen in der Konservativen Partei geteilt wird.

Bei Raab hat dies den Beigeschmack echten Frauenhasses. Feministinnen seien laut ihm "widerwärtige Fanatikerinnen". In einem Artikel im Jahre 2011 machte er seinem Unmut Luft, dass es Männer in unsere Gesellschaft immer schwerer hätten. Die diskriminierten Männer müssten viel mehr und länger arbeiten, während Frauen sich ganz viel Freizeit mit dem Vorwand der Kinderbetreuung erschlichen.

Das Familienleben der Raabs lässt sich aus Überlegungen wie diesen hervorragend ablesen. Bei Dominic Raab fehlt auch der hinlänglich bekannte Aufschrei nicht, dass seine Einschätzungen unterdrückt würden. Die Paradoxie, dass er das, was man heute "nicht mehr sagen dürfe", dauernd sagt, fällt ihm nicht auf.

Der Irrtum rührt vermutlich daher, dass Menschen wie Dominic Raab sich zensiert fühlen, wenn man ihnen widerspricht. Ihre Meinungen werden ja de facto nicht unterdrückt, sie bleiben aber nicht unkommentiert – und allein das hält Raab nicht gut aus.

Jetzt haben den Mann, der in Großbritannien neue Saiten aufziehen wollte und mit einer gewissen Härte das Land zum Erfolg zurückzuführen gedachte, seine ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Fall gebracht.

Für Premierminister Rishi Sunak eine heikle Situation, weil er offenkundig nicht mehr den Kurs von Boris Johnson fahren will, der alle Vorwürfe unter den Teppich kehrte, er zugleich sich in der Affäre aber auch offenkundig zurückhielt. Führungsstärke zeigte er damit nicht. Ein Plan zu einem besseren Arbeitsklima in der Regierung und im Land ist auch nicht erkennbar.

Vielleicht ist auch alles viel simpler. Umfragen zeigten, dass Raab seinen Wahlkreis Esher und Walton bei den nächsten Unterhauswahlen wohl nicht mehr gegen seinen liberalen Konkurrenten verteidigen könnte. Raab ist einfach allgemein sehr – unbeliebt und das müsste er sich selbst zuschreiben.