Ausländer in Japan: Honne oder Tatemae?

Seite 2: Demographisches Damoklesschwert

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Eines der größten Probleme, mit dem die japanische Gesellschaft konfrontiert ist, ist die demographische Entwicklung. 2017 fiel die Bevölkerung zum achten Mal in Folge, diesmal am raschesten seit 1968, seit es dazu Aufzeichnungen gibt. Zum ersten Mal lag die Zahl der Geburten unter einer Million, während über 1.3 Millionen Menschen starben, ein Netto-Verlust von 328.312 Menschen.

Während ganze Landstriche, etwa in der nördlichen Region Tohoku oder der Präfektur Hokkaido entvölkert sind und verwahrlosen, wächst die Bevölkerung in einigen wenigen Ballungsräumen wie Tokio. In keinem anderen Land der Welt leben so viele alte Menschen wie in Japan, über 65-Jährige machen bereits 27 Prozent der Bevölkerung aus - zum Vergleich: in Deutschland und Frankreich sind es knapp 20 Prozent. Auf jeden japanischen Rentner entfielen 1965 im Schnitt neun Erwerbstätige - in 20 Jahren werden es Prognosen zufolge nur noch drei sein.

Neue Akzente im Straßenbild. Bild: Marcin Pietraszkiewicz

Eine rasch alternde Bevölkerung bedeutet einen höheren Bedarf an Pflegekräften. Bereits jetzt vermag der Gesundheits- und Pflegesektor den Bedarf nicht zu decken. Allein bis 2025 sollte die Zahl der Fachkräfte bei der Altenpflege um 380.000 steigen, für 2040 wird der Bedarf an Krankenpflegepersonal auf über 10 Millionen Menschen geschätzt - somit würde jeder fünfte in diesem Sektor arbeiten.

Seit 2008 versuchten einzelne Präfekturen auf eigene Faust entgegenzusteuern und luden ausländische, vor allem philippinische, indonesische und vietnamesische Pflegekräfte ein. In Japan angekommen, mussten diese eine jahrelange Ausbildung absolvieren und eine staatliche Prüfung ablegen, denn ihre ursprünglichen Diplome wurden nicht anerkannt. Von den wenigen Krankenschwestern, die diese Hürden schafften, kehrten bald danach rund 40 Prozent wegen der schlechten Arbeitsbedingungen und langen Arbeitszeiten Japan wieder den Rücken. Mit der Ausweitung des "Foreign Trainee Program" um Pflegekräfte und einer neuen Visakategorie versucht die Regierung nun auch hier Abhilfe zu schaffen.

Es ist nicht nur der Bevölkerungsschwund, der für den Mangel an unqualifizierten Arbeitern verantwortlich zeichnet. Japan hat mit 46.6 Prozent die dritthöchste Akademikerquote weltweit. Im Vergleich dazu besitzen in Deutschland 17 und in Österreich 14 Prozent einen Universitätsabschluss. Die meisten Japaner sind für einfache Tätigkeiten überqualifiziert.