Autosprünge im Dashcam-Video

Im Fall der tot in einer texanischen Gefängniszelle aufgefundenen schwarzen Raucherin Sandra Bland müssen die Behörden einige Merkwürdigkeiten erklären

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Am 10. Juli winkt ein Beamter des Texas Police Department den Wagen der 28-jährigen Schwarzen Sandra Bland heraus, weil diese einen Fahrspurwechsel nicht vorschriftsmäßig angezeigt hatte. Bei der Aufnahme ihrer Personalien durch das Wagenfenster meint der weiße Beamte, ob es ihr etwas ausmachen würde, ihre Zigarette auszumachen. Als Bland sich mit der Begründung weigert, sie könne in ihrem Wagen tun und lassen was sie wolle, fordert sie der Polizist auf, den Wagen zu verlassen. Nachdem die Raucherin entgegnet, dafür gäbe es keine Rechtsgrundlage, eskaliert ein Streit.

Als Bland immer lauteren und entschiedeneren Aufforderungen, den Wagen zu verlassen, nicht nachkommt, versucht der Polizist, sie herauszuziehen, was ihm jedoch nicht gelingt. Darauf hin nimmt er einen Taser in die Hand und meint "I will light you up" - was "ich erkläre es ihnen" bedeuten kann, aber auch auf den Taser und die Zigarette der Frau anspielt. Danach verlässt die Frau das Auto und der Polizist zwingt sie, ihr Telefon wegzulegen. All das ist in Ton und Bild auf einem Dashcam-Video dokumentiert, das im Einsatzwagen dahinter aufgenommen wurde.

Anschließend verschwindet Bland mit dem Polizisten die meiste Zeit in einem Bereich, den die Kamera nicht mehr filmt. Aus der Tonspur geht aber hervor, dass der Streit weiter eskaliert und dass der Polizist die Frau mehrfach anschreit, die solle "aufhören", wonach sich Bland beklagt, er habe ihren Kopf in den Boden gedrückt und sie habe Epilepsie.

Die Aufforderung zum Aufhören bezog sich dem Polizeibeamten zufolge auf Fußtritte, die ihm die Festgenommene verpasste. Wegen dieser Fußtritte wurde sie ins Bezirksgefängnis von Waller verbracht, wo sie drei Tage später tot aufgefunden wurde. Der dortige Leichenbeschauer ging von Selbstmord durch Erhängen mit einer Mülleimerdichtung aus, was die Angehörigen der jungen Frau bezweifelten. Sie forderten eine unabhängige Autopsie und setzten damit eine Aufmerksamkeitswelle in Gang, in deren Rahmen mittlerweile mehrere Merkwürdigkeiten ans Tageslicht kamen:

So finden sich beispielsweise widersprüchliche Angaben zu Krankheiten und zu Selbstmordversuchen in den Akten: In einem handgeschriebenen Fragebogen gab Bland an, dass sie dieses Jahr einen Selbstmordversuch mit Tabletten unternahm und sich jetzt noch deprimiert fühle, auch wenn sie am Tag ihrer Festnahme nicht an Suizid gedacht habe. In einem vom Bezirksstaatsanwalt veröffentlichten Datenbankausdruck heißt es dagegen in den Angabefeldern zu Selbstmordgedanken im letzten Jahr und Depressionen "Nein". Mittlerweile kennt die Öffentlichkeit auch Selfie-Videos von Bland, in denen sie zugibt, an Depressionen zu leiden.

Dashcam-Video von Sandra Blands Festnahme

Ebenso große Aufmerksamkeit erregte, dass in der ersten vom Texas Department of Public Safety (TxDPS) ins Internet eingestellten Version des Festnahmevideos im Bildhintergrund Autos in einer Weise auftauchten und verschwanden, die in der Realität unmöglich ist. Das TxDPS erklärte das mit Fehlern beim Konvertieren der Rohdaten in ein komprimiertes Internetvideo und schob eine Fassung ohne Störungen nach. Für diese Erklärung spricht, dass die Tonspur in beiden Fassungen der Aufnahme keine entsprechenden Sprünge aufweist.

Inzwischen ermittelt neben dem TxDPS auch die US-Bundespolizei FBI in den Fall. Dass Bland sich in der Vergangenheit öffentlich als Aktivistin gegen Polizeibrutalität gegen Schwarze präsentierte, macht die Wahrheitsfindung für die beiden Behörden nicht einfacher.

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