Avocados: Grünes Gold mit katastrophaler Ökobilanz
Seite 2: Massengräber unter Avocadobäumen
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Jedes Jahr fallen tausende Menschen rivalisierenden Banden zum Opfer. Die sogenannten Narcos töten vorwiegend, um unbequeme Zeugen verschwinden zu lassen. Im August 2022 wurden mitten in einer Avocado-Plantage nahe der Stadt Uruapan zwölf mit lockerer Erde bedeckte, halb verweste Leichen entdeckt. Zwei der Toten waren Frauen.
Als Hintergrund vermuteten die Beamten Schutzgelderpressung. Zwischen den dicht belaubten Avocadobäumen legen die Banden ihre "Drogenlabore" an. Wegen des grausigen Fundes galten die Avocados auf der Plantage als kontaminiert und durften nicht mehr verkauft werden.
Allein 2018 wurden in Mexiko 36.000 Morde registriert. Zehntausende wurden allein in der Region Michoacán ermordet. In Uruapan mit 365.000 Einwohnern wurden 2022 nahezu 300 Menschen ermordet. In den vergangenen 18 Jahren starben in Mexiko rund 250.000 Menschen. Bis heute werden Zehntausende Frauen, Männer und Kinder vermisst.
Polizei und Mafia stecken unter einer Decke
Von jeder verkauften Avocado gehen 10 bis 20 Prozent an die Mafia aus Politiker und Kriminellen – in Form von Schweigegeld oder Schutzgelderpressung, schätzt der lokale Mafia-Experte Miguel Garcia Tinoco. Nicht selten investiert der Narco-Boss, der seinen Profit aus der Erpressung der Avocadobarone macht, dieses Geld in neue Avocado-Plantagen. Staat und Kriminelle bilden innerhalb der letzten zwanzig Jahre ein immer engeres Geflecht.
Die Mörder lassen ihre Opfer verschwinden und verwischen Spuren, um Ermittlungen zu erschweren, berichtet etwa eine mexikanische Reporterin im Interview mit Reportern der Zeitschrift GEO. Und: Die Polizei weiß vorher, wo ein Mord geschieht. In diesem System wird ein Politiker entweder vom Drogenkartell selbst ins Amt gesetzt oder er muss sich nach der Wahl dem Druck der Kartelle beugen. Ansonsten drohe ihm der Tod, falls er nicht vorher flieht.
Alternative Sicherheitsindustrie
In Michoacán schließen sich inzwischen immer mehr Avocadobauern zu den "Pueblos Unidos" zusammen, um sich gegen die Mafia zu wehren. Allerdings: Zu ihnen gehören nicht nur Dorfbewohner, sondern dubiose Gestalten, die einst zum Tempelritter-Kartell gehörten.
So schützen ehemalige Verbrecher das Volk gegen aktuelle Verbrecher, erklärt der Journalist Garcia Tinoco. Ein lukratives Modell für beide Seiten. Es gebe keinen scharfen Trennlinien mehr zwischen den "Autodefensas" und den Kriminellen, bestätigt der Mexiko-Analyst Falko Ernst. Für das einfache Volk gebe es keine optimale, sondern nur eine weniger schlechte Lösung.
Superfood mit ökologischem Rucksack
Von den 400 verschiedenen Sorten kommen vor allem zwei Sorten nach Deutschland: Die birnenförmige Fuerte-Avocado mit der gleichbleibend grünen, fast glatten Schale und die ovale Hass-Avocado mit der grünen bis schwarzen knorpeligen Schale.
Mit dem Schiff aus Übersee kommend, aber auch per Lkw, werden, wie bei allen Importfrüchten klimarelevante Schadstoffe emittiert. Konventionelle Avocados werden für gewöhnlich in Reifereien zum Nachreifen gelagert. Von hier werden die Früchte verzehrbereit in die Supermarktregale geliefert.
Ein großes Problem ist, dass wegen des gigantischen Wasserverbrauchs viele Anbauregionen austrocknen, so zum Beispiel in Chile.
Früchte aus saisonalem Bio-Anbau
In der Regel produzieren nur große Unternehmen für den internationalen Export. Die Akteure der Agrarindustrie orientieren sich an der Nachfrage der internationalen Märkte, die sie beliefern, während Kleinbauern ihre Produkte vornehmlich regional vertreiben.
In Südafrika und Südamerika bauen große Unternehmen nicht nur konventionelle Avocados in riesigen Monokulturen an, sondern auch Bio-Früchte – meist zu günstigeren Preisen, als die Kleinbauern. Doch je weniger Kleinbauern es gibt, umso weniger kann sich die lokale Bevölkerung versorgen.
Manche Bio-Läden beziehen die Früchte von relevanten Avocado-Importeuren, die mit bäuerlichen Erzeugern zusammenarbeiten. Sie verdienen etwas mehr Geld, das sie zum Beispiel in die Ausbildung ihrer Kinder investieren. Ihre Avocado-Bäume wachsen in Mischkultur mit anderen Früchten oder in kleinen Parzellen.
Alternative: Bio-Avocados von Crowdfarming
Seit 2017 bietet Crowdfarming Landwirten in Südeuropa eine Plattform, auf der sie ihr Obst und Gemüse anbieten und verkaufen können – ganz ohne Zwischenhändler: Von spanischen Bauern kann man sich unter anderem auch Avocados in Vier-Kilo-Kisten direkt vom Erzeuger nach Hause liefern lassen.
Die Bio-Avocados stammen überwiegend aus kleinen Familienunternehmen und sind mit diversen Gütesiegeln wie dem EU-Bio-Siegel ausgezeichnet. Weil die Früchte direkt nach der Ernte verschickt werden, können sie bei den Kunden zu Hause weiter reifen. Das nützt auch der lokalen Landwirtschaft: Die Erzeuger verdienen mehr Geld, zudem werden mehr Arbeitsplätze geschaffen.
Die Bio-Varianten aus Spanien weisen zwar eine deutlich bessere Klimabilanz auf als die Früchte aus Südamerika. Doch grundsätzlich gilt: Avocados sind Genussfrüchte – man sollte sie in Maßen genießen, nicht in Massen.