BBC fälscht Post-Kolonialgeschichte

Die John-Cleese-Serie Fawlty Towers wird 2013 nur mehr zensiert ausgestrahlt

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John Cleese ist zweifellos der mit Abstand größte britische Komiker des 20. Jahrhundert. In jeder Hinsicht. Sein bekanntestes Werk neben Monty Python's Flying Circus, Life of Brian und The Meaning of Life ist Fawlty Towers, eine Mitte der 1970er Jahre entstandene Serie mit ihm selbst als Pensionsbetreiber Basil Fawlty. In der besten Folge dieser Serie, The Germans, hat Basil Fawlty deutsche Urlauber zu Gast - und will sich und seinem Personal Sprechverbote auferlegen, damit sie diese nicht kränken. Der Schlüsselsatz in der Episode lautet deshalb: "Don't mention the war!" Doch genau dieses Bemühen, etwas unter den Teppich zu kehren, sorgt dafür, dass das Unterdrückte erst recht an die Oberfläche drängt.

Die Folge hat deshalb heute mehr aktuelle Bezüge als zu ihrer Entstehungszeit. In bemerkenswerter Inhaltsvergessenheit strahlte sie die BBC in ihrer Wiederholung am Sonntagabend allerdings in einer zensierten Fassung aus. In dieser Fassung fehlte eine Szene, in der der (von Ballard Berkeley gespielte) Pensions-Dauergast Major Gowen Basil Fawlty von einem Spiel einer indischen Cricketmannschaft erzählt, dass er sich zusammen mit einer Frau ansah. In der Erzählung kritisiert er die Wortwahl seiner Begleiterin vermeintlich aus einer Pose der politischen Korrektheit - nur um gleich darauf mit einem weiteren derogativen Begriff zu offenbaren, dass es ihm gar nicht darum geht:

The strange thing was, throughout the morning she kept referring to the Indians as niggers. 'No, no, no', I said, 'the niggers are the West Indians. These people are wogs'.

Der von der britischen Kolonialgeschichte geprägte "cantankerous old duffer" (Guardian) ist keine kindisch-eindimensional gezeichnete Vorbildfigur, wie in den Degeto-Schmonzetten, die heute in Deutschland mit Rundfunkgebühren finanziert werden, sondern eine, die gerade in ihren Schwächen präsentiert wird und über die der Zuschauer schon in den 1970er Jahren lachen konnte. Entsprechend wunderten sich viele britische Fernsehzuschauer im Online-Forum der BBC, warum er trotzdem zensiert wird.

Die öffentlich-rechtliche Fernsehanstalt meinte darauf in einer Stellungnahme, man sei zwar "sehr stolz" auf die Serie, aber die "public attitudes" hätten sich seit der Erstausstrahlung im Oktober 1975 signifikant geändert, weshalb man sich entschieden habe, "einige kleine Änderungen" vorzunehmen, um sie um halb acht Uhr abends ausstrahlen zu können. Das habe man auch "mit dem Management von John Cleese abgesprochen". Auf den Zuschauervorwurf, dass dadurch auch die Geschichte gefälscht wird, ging die BBC nicht ein.

Wer sich Fawlty Towers in einer unverstümmelten Version ansehen will, kann derzeit noch auf die DVD-Fassung zurückgreifen. Sollte auch diese zensiert werden, dann könnte es durchaus sein, dass die Nachfrage nach ihr zurückgeht und dafür die nach ungeschnittenen Fassungen bei Sharehostern merklich ansteigt. Auch in anderen Cleese-Werken findet sich noch zuhauf Material, das die in den in den letzten Jahrzehnten entstandene neue Humorlosigkeit zum Ziel von Zensurbestrebungen machen könnte. Das gilt nicht nur für die Darstellung von Katholiken und Protestanten in Meaning of Life oder für die christlicher Glaubensinhalte in Life of Brian, sondern sogar für Dokumentationen über das Monty-Python-Team, in denen John Cleese in der Pose eines Landadeligen beispielsweise über Terry Jones sagt:

He and I never got on. What Terry cannot accept is that the Welsh are a servile nation that God put on the planet to carry out menial tasks for the English.

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