Bahn-Tarifkonflikt: Wie eine Lösung für Deutsche Bahn und GDL aussehen kann

ICE-Zug im Bahnhof während GDL-Streik bei der Deutschen Bahn

Ein ICE der Deutschen Bahn im Bahnhof – Symbolbild für die aktuellen Streiks der GDL und die Auswirkungen auf den Bahnverkehr.

(Bild: Andreas, Pixabay)

Ein neuer Streik droht bei der Deutschen Bahn: GDL lehnt Schlichtung ab. Erfahren Sie, wie sich der festgefahrene Tarifkonflikt lösen lassen könnte.

In den Tarifverhandlungen bei der Deutschen Bahn scheint der nächste Streik unausweichlich. Die Lokführer-Gewerkschaft GDL kündigte die nächsten Aktivitäten an. "GDL-Chef Weselsky lehnt Schlichtung im Tarifkonflikt mit der Bahn ab", meldet die Süddeutsche Zeitung.

GDL gegen Deutsche Bahn: Ein Kampf um Arbeitsbedingungen

Der Vorstand der Bahn hat frühzeitig auf verschiedenen Ebenen versucht, Streikaktivitäten der GDL zu unterbinden. Mit einer einstweiligen Verfügung beim Arbeitsgericht Frankfurt scheiterte er beim ersten Streik 2024.

Tarifeinheitsgesetz: Politische Reaktionen und Kontroversen

Auch politisch erfolgt Lobbyarbeit, die mit einem neuen Gesetz Erfolg hatte. Die Bundesregierung reagierte 2015 darauf mit dem Tarifeinheitsgesetz (TEG), das nur noch die DGB-Gewerkschaft EVG als Verhandlungsgegenüber festschreiben sollte:

Soweit sich die Geltungsbereiche nicht inhaltsgleicher Tarifverträge verschiedener Gewerkschaften überschneiden (kollidierende Tarifverträge), sind im Betrieb nur die Rechtsnormen des Tarifvertrags derjenigen Gewerkschaft anwendbar, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des zuletzt abgeschlossenen Tarifvertrags im Betrieb die meisten in einem Arbeitsverhältnis stehenden Mitglieder hat.

Das TEG wird von Kritikern als "Lex-Deutsche Bahn" oder "Lex GDL" betitelt, verhinderte aber ebenfalls nicht die Streiks und den Anspruch der GDL auf Verhandlungen.

Auf den ersten Blick scheinen die gegenseitigen Positionen unvereinbar. Der Ansatz einer Mediation setzt aber immer bei unterschiedlichen Interessen an.

GDL’s Forderungen: Mehr als nur Gehaltserhöhungen

Die GDL fordert eine Gehaltserhöhung von 555 Euro. Eine Prämie von 3.000 Euro zum Inflationsausgleich wird ebenfalls gefordert. Ferner wird eine 35-Stunden-Woche für Schichtarbeiter verlangt. Über Lohnforderungen wird verhandelt, nie werden Gewerkschaftsforderungen zu 100 Prozent umgesetzt.

Aber bei der Arbeitszeitverkürzung scheinen derzeit keine Kompromisse möglich. Denn einen Lohnausgleich bei verkürzter Arbeitszeit lehnt die Bahn-Verhandlungsführung ab. Gerade hier sind die Gewerkschafter aber entschlossen, denn Schichtarbeit ist für die Beschäftigten eine enorme Belastung.

Die Herausforderungen der Schichtarbeit: Ein Blick hinter die Kulissen

Bereits der Barmer-Gesundheitsreport dokumentierte 2021 Probleme der Lokführer: "Vorrangig sitzende Tätigkeiten, der Rhythmus des Schichtbetriebs und eine hohe Erwartungshaltung durch Dritte führen zu häufigen Erkrankungen", sagte Axel Wiedemann, Landesgeschäftsführer Sachsen-Anhalt der Barmer.

Schichtarbeit ist Teil des Alltags der Lokführer. "Studien zeigen jedoch, dass unregelmäßige Arbeitszeiten die Gesundheit und soziale Beziehungen stark beeinträchtigen. Auch das Ausmaß der Arbeitszeit schwankt stark, je nach Dienstplan. Hier soll angesetzt werden, um die Lebensqualität zu verbessern", meldet die Frankfurter Rundschau.

Erfolge im Ausland: GDL’s Durchbruch bei Netinera

Dabei gibt es bereits einen Abschluss zur Arbeitszeitverkürzung, den die GDL erreicht hat. Und zwar beim italienischen Bahnkonzern Netinera, der in verschiedenen Bundesländern Schienenpersonennahverkehr betreibt.

Die Arbeitszeit wird für Schichtarbeiter ab 1. Januar 2025 schrittweise von 38 auf 35 Stunden pro Woche abgesenkt. Die 35-Stunden-Woche wird am 1. Januar 2028 erreicht sein. "Wir haben die Eisenbahnerberufe mit diesem Abschluss endlich attraktiver gemacht", erklärt GDL-Bundesvorsitzender Claus Weselsky und spricht von einem "historischen Tarifabschluss".

Die Übergangsfristen sind dabei ein wichtiges Element und ermöglichen dem Unternehmen eine zielgerichtete Personalplanung. Finanziert wird die Regelung auch, indem bei den betroffenen Schichtarbeitern 12 Tage zusätzlicher Urlaub wegfallen, die bisher im Tarifvertrag standen. "Doch die gesamten 12 Tage werden dann in Stunden umgewandelt", kritisiert die gewerkschaftliche Basisinitiative Bahnvernetzung.de. Kompromiss-Linien sind als auch für den Vorstand der Deutschen Bahn erkennbar.

Streiks und ihre Folgen: Ein historischer Rückblick

Ein Blick auf die ersten großen Streikrunden der GDL zeigt, wie es auch diesmal laufen könnte. Damals verwies der Bahnvorstand monatelang nach jedem Streik, dass er mit der GDL keinen separaten Tarifvertrag abschließt, der nicht dem der DGB-Gewerkschaften entspricht.

Abgeschlossen wurde er doch, nachdem mit dem uneinsichtigen Verhalten des Vorstandes Millionen Pendler, Geschäftsreisende und Urlauber verärgert wurden, da sie nicht mit der Bahn fahren konnten. Auch diesmal wird es ohne Entgegenkommen nicht zum Streikende kommen.

Arbeitszeitverkürzung als Lösung gegen Fachkräftemangel

Vorteil für Vorstand und Belegschaft der Bahn: Die Arbeitszeitverkürzung kann auch gegen Fachkräftemangel wirken – denn das Unternehmen kann damit bei Bewerbern punkten, wie es viele Betriebe derzeit mit der 4-Tage-Woche vormachen.

Ein Ende der Streiks ist also denkbar – damit aber noch längst nicht in Sicht …

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