Bald Milch oder Fleisch von geklonten Tieren auf dem US-Markt?

Nach einem vorläufigen Bericht der Food and Drug Administration sind Produkte von Klontieren genauso sicher wie solche von konventionell gezüchteten Tieren und müssten daher auch nicht gekennzeichnet werden

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In europäischen Landen werden Lebensmittel, die aus genetisch manipulierten Pflanzen hergestellt werden, eher noch sehr kritisch aus sicherlich unterschiedlichen Gründen beurteilt. In den USA, in denen zwar die US-Regierung für die Wählerschaft der christlichen Fundamentalisten gegen das Klonen ist und nur sehr vorsichtig für die Möglichkeit des therapeutischen Klonens die Türen geöffnet hat, hat man in "God's own country" mit genetisch manipulierten Organismen, also dem Eingriff in die "Natürlichkeit", sonst bislang keine großen Probleme. Bald werden, wenn es nach der Food and Drug Administration (FDA) geht, auch das Fleisch und andere Produkte von geklonten Tieren auf dem Markt kommen.

Dolly mit ihrem ersten Kind

Geklont werden Nutztiere schon des längeren, um in Verlängerung der Züchtung eine Verbesserung zu erzielen: noch mehr Milch bei Kühen, noch mehr Fleisch bei Rindern, Schafen, Ziegen oder Schweinen. Die besten, also profitabelsten Tiere werden geklont, um schließlich tausendfach in den Ställen zu stehen und in den Schlachthöfen zu enden.

Aber bevor die Menschen das Fleisch von geklonten Tieren zu sich nehmen dürfen, muss dies natürlich erst genehmigt werden. Ist also, was bei Menschen als verwerflicher Eingriff, als Vergehen gegen die göttliche Schöpfung, verpönt sein soll, bei Tieren nicht nur hemmungslos zu praktizieren und schließlich für Menschen bedenkenlos genießbar?

Bislang hatte die amerikanische Nahrungsmittelindustrie sich angeblich an ein Moratorium, um das die FDA 2001 gebeten hatten, gehalten, keine Lebensmittel mit Bestandteilen von geklonten Tieren auf den Markt zu bringen. Ob die FDA überhaupt rechtliche Möglichkeiten besitzen würde, dies zu verhindern, ist zweifelhaft. Schließlich weiß auch niemand genau, wie viele geklonte Nutztiere schon in den amerikanischen Ställen stehen.

Gleichwohl ist - oder war - die Zurückhaltung in der Öffentlichkeit sicherlich angebracht. Die umstrittene Technik ist noch teuer und nicht ausgereift, auch wenn angeblich mittlerweile weniger Missbildungen entstehen als noch zu Beginn mit dem Schaf Dolly. Die Erfolgsquote ist trotzdem alles andere als berauschend, aus 100 geklonten Eizellen, die in den Uterus der Leihmütter transplantiert werden, entstehen 4 oder 5 lebensfähige Nachkommen (Warum geklonte Menschen auf sich warten lassen). Aber die Unternehmen halten sich hier mit genauen Zahlen eher zurück. Die Börse hatte es auch nicht gut mit den Biotechnikfirmen gemeint, weswegen einige kleinere Unternehmen, die auf das Klonen gesetzt haben, wieder verschwunden sind. In den USA ist größte Klonunternehmen Cyagra, bei dem Klonen pro Tier 19.000 Dollar kostet. Mehr als 100 Tiere, vor allem Rinder, wurden con Cyagra inzwischen geklont, die auch anbietet, Zellen von Hochleistungstieren einzufrieren, um sie bei Bedarf zum Klonen verwenden zu können.

Jetzt hat die FDA, wenn auch mit einem Jahr Verzögerung, einen ersten Berichtsentwurf veröffentlicht, der darauf abzielt, das Klonen als Technik in die Landwirtschaft und damit geklonte tierische Produkte auf den Esstisch durchzusetzen. Gewählt hat man dazu immerhin den Weg von öffentlichen Anhörungen. Der jetzt vorliegende Bericht behandelt nur die Risikobewertung für die Gesundheit und wird nächste Woche im Veterinary Medicine Advisory Committee (VMAC) diskutiert. Ethische Fragen seien beispielsweise noch nicht thematisiert worden, würden aber später folgen. Zudem wurde nur das reine Klonen, also das genetische Kopieren, von Tieren behandelt, nicht das vermutlich in Zukunft weitaus interessantere Klonen verbunden mit Genmanipulationen, also etwa die Herstellung von transgenen Tieren.

Dolly, das Schaf, ist zwar frühzeitig gestorben (Dolly - ein Nachruf), auch sonst gab es Missbildungen und Krankheiten, aber das FDA ist, aufbauend auf den Erkenntnissen der National Academy of Sciences (NAS), der Meinung, "dass Lebensmittel, die von geklonten Tieren und ihren Nachkommen stammen, wahrscheinlich ebenso so sicher zu essen sind wie Lebensmittel von nichtgeklonten Tieren, geht man von allen verfügbaren Beweise aus". Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen seien nämlich "gesunde erwachsene Klons praktisch ununterscheidbar" von nicht geklonten Tieren. Doch die gesunden Tiere sind möglicherweise eher die Ausnahme.

Der Bericht leugnet nicht, dass es "Risiken" für die Tiere im "Klonprozess" gibt, aber das wären nur dieselben Risiken, die auch bei "anderen Reproduktionsmethoden" vorkommen. Anders herum gesehen, bereitet so eine Technik die andere vor, stützt die Vorgängertechnik nicht nur methodisch, sondern auch legitimatorisch die weiter gehende Folgetechnik. Immerhin wird eingeräumt, dass negative Ergebnisse "beim Klonen in höherer Frequenz als mit anderen, gegenwärtig verwendeten künstlichen Reproduktionstechnologien wie In-vitro-Fertilisation oder Embryonenübertragung" vorkommen können. Probleme mit geklonten Tieren würden zudem meist bei der Geburt oder früh im Leben wie beim LOS-Syndrom (Large Offspring Syndrom) bemerkt (Epigenetische Veränderungen sind für Missbildungen bei Klontieren verantwortlich).

Non-healthy clones are immediately apparent, and culled from the herd. Data from the clone producer indicate that healthy clones of the oldest (6-18 months) cohort evaluated are virtually indistinguishable from their comparators even at the level of clinical chemistry and hematology. The available information on reproductive function in cows or bulls of this age cohort is quite limited, but appears to indicate that clones have normal reproductive function and give birth to healthy offspring.

Tiere, die älter werden, entsprächen dann in der Regel ihren zwar auch nicht sehr natürlicher, aber zumindest konventioneller erzeugten Verwandten. Allerdings scheinen geklonte Tiere früher zu altern. Probleme würde es mithin für die geklonten Tiere selbst und ihre Leihmütter geben, während bei den nichtgeklonten Nachkommen von Klontieren bislang keine Probleme bekannt geworden sind. Das aber wären wohl am ehesten auch schon wegen der Kosten die Tiere, die zur Milch- oder Fleischproduktion in Frage kämen. Allerdings räumt der Bericht ein, dass es Untersuchungen über viele mögliche Probleme noch gar nicht gibt. Eine Risikobewertung auf der Basis der "vorhandenen Informationen" ist daher womöglich eher eine Glaubenssache.

Man kann sich kaum vorstellen, dass gesunde Tiere irgendwie imstande sein sollten, unsichere Lebensmittel zu erzeugen.

Stephen F. Sundlof, Direktor Center for Veterinary Medicine der FDA

Im Frühjahr soll die endgültige Entscheidung fallen (möglicherweise aber wird man sie noch über die Wahlen hinaus verzögern, weil auch die religiösen Bush-Wähler gegen eine positive Entscheidung revoltieren könnten). Falls die FDA die Produkte von Klonkühen für unbedenklich erklärt, wäre womöglich nicht einmal eine Auszeichnung notwendig. Die Käufer wüssten gar nicht, ob sie Milch oder Fleisch von "normalen" oder geklonten Tieren kaufen. Und die Frage dürfte überhaupt sein, ob die Menschen, die Bedenken haben, auch eine Sicherheitsgarantie der FDA akzeptieren würden, schließlich bleibt jeder Sicherheitsgrad eine Wahrscheinlichkeitsabschätzung auf ungesichertem Boden. Bis die Empirie womöglich in Jahrzehnten Beweise liefert, handelt es sich so oder so um ein Experiment mit ungewissem Ausgang, zumal nach der Unbedenklichkeitserklärung von geklonten Tierprodukten schnell transgene Tierprodukte anstünden.