Bayern: 1980er Offensive von Strauß und Ärztezeitung gegen Bonn
- Bayern: 1980er Offensive von Strauß und Ärztezeitung gegen Bonn
- 2. Bayern: Profitzone Europas ?
- 3. Export-Surplus durch Niedriglohn-Dumping: Bayerns Weg durch die "Stagflation"
- 4. Kampfplatz Sozial- und Gesundheitspolitik: Eine "Ärztezeitung" gegen die konservativen und neoliberalen "Gesundheitsökonomen"
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Bayern-Saga: Wie man am eigenen Erfolg scheitert - Teil 8
Teil 7: Bayern: Schuldenland bis in die 1980er
1. Franz Josef Strauß: Herrscher und Rebell
Im linken wie im rechten Meinungswissen gilt, dass das in Bayern über die Krisenphase der 1970er Jahre im Unterschied zu ganz Westdeutschland bis in die 1980er Jahre anhaltende wirtschaftliche Wachstum "irgendwie" durch das politische Wirken von Franz Josef Strauß als Ministerpräsident Bayerns (1978 - 1988) erreicht worden sei.1
In dieser Serie wurde hingegen gezeigt, dass es vielmehr die Regierungsarbeit des vorherigen Ministerpräsidenten Alfons Goppel war, die auch mit Hilfe einer situationsgerechten Landesentwicklungsplanung das Wirtschaftswachstum, d.h. die Mehrwertschöpfung und die Profiterzielung in Bayern, nicht nur vorangebracht, sondern aufrechterhalten hat (Bayern: Schuldenland bis in die 1980er).
Auch wurde in der Ära Goppel jene massive Forcierung von Technologie eingeleitet, die in Bayern als Gegenmittel gegen das seit Mitte der 1970er Jahre deutlich rückläufige westdeutsche Wirtschaftswachstum mit seinen Kohle-, Stahl- und Werftenkrisen wirken sollte.2
Dass diese Technologieoffensive in Bayern mit dem Namen Strauß verbunden wird, ist vor allem dessen plakativen Positionen bspw. als Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Airbus GmbH geschuldet.
Sodann war es auch Strauß, der die wachsenden Schwierigkeiten des einzigen bedeutenden Stahlwerkes in Bayern, der Maxhütte in Sulzbach-Rosenberg, als sozusagen kleines Echo der großen Kohle- und Stahlkrise im Ruhrgebiet und im Saarland, durch die Errichtung der atomaren Wiederaufbereitungsanlage im nahe gelegenen Wackersdorf kompensieren wollte.
Es waren aber gleichzeitig auch der in den Jahrzehnten zuvor durch dezentrale Industrialisierung und Ausschöpfung der Arbeitskraftreserven der ländlichen Räume geschaffene breite klein- und mittelbetriebliche Unternehmenssockel sowie die infrastrukturell geförderten kleinen und mittleren Kommunen, die zusammen mit der damals in Bayern noch immer anteilsstarken Landwirtschaft ein festes Datum für Strauß darstellten.
Die bayerische Staatspartei CSU und ihre Staatsregierung unter Ministerpräsident Franz Josef Strauß mussten daher sehr viel entschiedener als andere Bundesländer und vor allem die zunächst noch von Bundeskanzler Helmut Schmidt geführte SPD/FDP-Koalitionsregierung in Bonn an einer Strukturpolitik für die Regionen festhalten.3
In der Arbeiterschaft Bayerns, vor allem bei den weiblichen Belegschaften der Klein- und Mittelbetriebe im ländlichen Raum, war der dort von den Unternehmern praktizierte Patriarchalismus, die Auffassung des Betriebs als "Familie", noch weithin akzeptiert. Ein ausgeprägtes Engagement für Gesellschaftspolitik und Gewerkschaftspolitik galt vorzugsweise für die männlichen Belegschaften von Großunternehmen in den wenigen Ballungszentren Bayerns.
Die in dieser Serie schon häufiger zitierte Studiengruppe für Sozialforschung e.V. hatte vor der Amtsübernahme durch Franz Josef Strauß im Auftrag einer Arbeitgebereinrichtung eine breite Unternehmerbefragung in Bayern auch zum politischen Bewusstsein und zur politischen Aufmerksamkeit der Unternehmer und Belegschaften in den Klein- und Mittelunternehmen Bayerns durchgeführt, die das oben berichtete Ergebnis erbrachte.4
Schmidt und Kohl als Feindfiguren
Strauß verfolgte eine Politik der Konfrontation mit den Bonner Regierungen zunächst unter Kanzler Helmut Schmidt und später Kanzler Helmut Kohl, bei der er vor allem auch die Wirtschafts- und Sozialpolitik Bayerns als "Gegenmodell" (Dirk Götschmann) zu derjenigen der Bonner Koalitionsregierungen profilierte. In der intellektuell dürftigen Terminologie der heutigen Mainstreammedien würde Strauß’ Politikkonzept als "Populismus" klassifiziert werden.
Zutreffend ist daran, dass es Strauß gelang, die teilweise sehr divergierenden politischen, ökonomischen, geographischen, sozialen etc. Elemente Bayerns durch seine Konfrontationspolitik zu verbinden, aber auch gegeneinander auszuspielen. Das Ergebnis war eine Art bonapartistischer Ministerpräsidentschaft. Sein Biograph Horst Möller bezeichnete Strauß passend als "Herrscher und Rebell". Eine Charakterisierung, die Jahrzehnte später wieder auf den italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi angewandt wurde.5
Eine glückliche Fügung für den Herrschaftsaufbau von Strauß war der Umstand, dass der sozialdemokratische Stachel im christlich-sozialen Gesellschaftskörper Bayerns, die seit Kriegsende fast durchgängig SPD-geführte Landeshauptstadt München, beinahe während der gesamten Ministerpräsidentenzeit von Franz Josef Strauß von einem CSU-Oberbürgermeister (Erich Kiesl, 1978-1984) regiert wurde.
Dass Strauß im Herbst 1944 als Oberleutnant der Wehrmacht geheime Unterlagen über die Luftverteidigung der von den Angloamerikanern bombardierten Lazarettstadt Würzburg an den US-Militärgeheimdienst verraten haben soll, hat ihm nicht mehr geschadet. Als dies in die Öffentlichkeit kam, war er bereits über zwei Jahrzehnte tot.
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