Bedenken gegen genetische Vakzine: Kann Nuvaxovid Ungeimpfte überzeugen?

Weitere Daten und Erkenntnisse über den in der EU neu zugelassenen ersten proteinbasierten Impfstoff gegen Sars-Cov-2. Vorteile auch für ärmere Länder

Neben den vier bisher in der EU zugelassenen genetischen (genbasierten) Impfstoffen, den beiden mRNA-Vakzinen Comirnaty (Biontech-Pfizer) und Spikevax (Moderna) und den beiden Vektor-Impfstoffen Vaxzevria (Astrazeneca) und Covid-19-Vaccine Janssen (Johnson & Johnson) hat jetzt als Fünfter auch der proteinbasierte Impfstoff Nuvaxovid des US-Herstellers Novavax ab einem Alter von 18 Jahren eine bedingte Zulassung erhalten.1

Dieser Impfstoff basiert nicht auf einem genetischen Wirkprinzip, sondern auf der direkten Gabe von künstlich hergestellten Oberflächenproteinen des Virus. Er enthält zwar das Spike-Protein, aber nicht dessen genetische Bauanleitung.

Gegenüber den mRNA- und vektorbasierten Impfstoffen besteht der Vorteil, dass Protein-Impfstoffe bei normalen Kühlschranktemperaturen von zwei bis acht Grad Celsius gelagert werden können und dort bis zu sechs Monate haltbar bleiben. Das macht dieses Vakzin für ärmere Länder interessant, in denen es schwierig ist, Kühlketten im Minusgradbereich aufrechtzuerhalten.

Aber auch in Deutschland könnte dieser Impfstoff interessant sein, vorrangig für Millionen bisher Ungeimpfter ab 60 Jahren, die Bedenken gegenüber den zugelassenen genetischen Vakzinen haben.

Deshalb werden im Folgenden in Ergänzung zu meinem ersten Telepolis-Artikel über Nuvaxovid weitere neue Daten und Erkenntnisse über diesen Impfstoff aufgeführt, wobei ich mich vorrangig auf einen aktuellen Übersichtsartikel stütze, der in der Januar-Ausgabe der pharmakritischen Monatszeitschrift Der Arzneimittelbrief veröffentlicht worden ist.2

Zusammenfassung

Der Arzneimittelbrief führt aus, dass proteinbasierte Impfstoffe bei Grippe-Vakzinen bereits erprobt sind und als sicher gelten. Sie enthalten hoch aufgereinigte virale Proteine – bei diesem Impfstoff rekombinant hergestelltes, komplettes Spike-Glykoprotein von Sars-Cov-2 als Nanopartikel – und sind frei von Viren oder genetischem Material.

In Kombination mit dem Adjuvans Matrix M führen zwei Injektionen im Abstand von 21 Tagen zu einer robusten Immunantwort, gemessen an der Induktion neutralisierender Antikörper und spezifischer T-Zell-Immunität.

Nuvaxovid schützte in den berücksichtigten Studien komplett vor schweren Covid-19-Verläufen in vielen Bevölkerungsgruppen. Zum Studienzeitpunkt war allerdings noch die Alpha-Variante vorherrschend. Aussagen zur relativen Wirksamkeit bei anderen variants of concern (VOCs), wie beispielsweise Omikron, lassen sich aus den bisherigen Untersuchungen jedoch nicht ableiten.

In einer kleineren Studie in Südafrika, der damaligen Hochburg der Beta-Variante, wurde eine relative Wirksamkeit von 51 Prozent ermittelt.

Zur Anwendung bei Schwangeren, Stillenden, Kindern und Jugendlichen existieren bisher keine oder nur wenige Daten.

Der volle Impfschutz beginnt sieben Tage nach der zweiten Impfung, lag aber bereits 14 Tage nach der ersten Dosis bei 83 Prozent. Die Dauer des Schutzes ist noch unklar.

Gepoolte Daten von insgesamt ca. 50.000 Probanden zeigen eine ähnliche Reaktogenität (Fähigkeit, eine Impfreaktion hervorzurufen) wie bei genbasierten Impfstoffen. Bei 75 Prozent der Geimpften ist mit lokalen Reaktionen zu rechnen. Systemische Nebenwirkungen (NW) waren bei Jüngeren häufiger, dauerten aber nicht länger als einen Tag. Sie waren nach der zweiten Injektion häufiger als nach der ersten.

Aufgrund der kurzen Beobachtungszeit sind valide Aussagen zu selten auftretenden, schweren NW derzeit noch nicht möglich. Bisher gibt es keine besorgniserregenden Signale.

Der Impfstoff hat durch die Lagerungsmöglichkeit bei zwei bis acht Grad Celsius logistische Vorteile gegenüber den genbasierten Impfstoffen.

Ein proteinbasierter Impfstoff kann mit seiner bewährten Herstellung und seinem bisher bekannten Sicherheitsprofil eine Alternative sein – nicht nur für bisher Ungeimpfte, die Bedenken haben gegenüber den bisher zugelassenen Impfstoffen, sondern auch im Hinblick auf wiederholte Boosterimpfungen sowie für Menschen mit Unverträglichkeiten gegenüber genbasierten Impfstoffen.

Pandemische Ausgangslage und Stellenwert von Nuvaxovid

Laut WHO-Dashboard wurden bis Ende Januar 2022 weltweit etwa 5,6 Millionen Tote im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie registriert bei über 340 Millionen bestätigter Infektionen.

Seit einem Jahr breiten sich zunehmend VOCs des in Wuhan, China, zuerst entdeckten Sars-CoV-2-Wildtyps aus: die britische Alpha-Variante, die zuerst in Südafrika nachgewiesene Beta-Variante und die in Brasilien entdeckte Gamma-Variante. Sie werden leichter übertragen und sprechen teilweise weniger gut auf bisherige Impfstoffe an.

Die Delta-Variante wurde erstmals in Indien nachgewiesen und dominierte in kurzer Zeit das Infektionsgeschehen in vielen Ländern, auch in Deutschland. Jetzt breitet sich die Omikron-Variante mit rasendem Tempo weltweit aus.

Im Gegensatz zu genbasierten mRNA- bzw. Vektor-Impfstoffen werden bei proteinbasierten Impfstoffen die Antigene komplett außerhalb des menschlichen Körpers in Zellkulturen rekombinant produziert.3 Diese Technik hat sich bei den herkömmlichen Grippeimpfstoffen seit vielen Jahren bewährt.

Ein proteinbasierter Impfstoff hat gegenüber mRNA- und Vektor-Impfstoffen den theoretischen Vorteil, dass er kein Restmaterial (Polyethylenglykol, Lipide, Viren etc.) in den Wirtszellen hinterlässt, was potenziell, besonders bei wiederholten Injektionen (Boostern), zu längerfristigen Nebenwirkungen führen könnte.

Erwähnenswert ist, dass Nuvaxovid Polysorbat 80 einen Hilfsstoff mit emulgierenden Eigenschaften enthält, der sehr selten zu anaphylaktischen Reaktionen führen kann. Deshalb ist eine bekannte Überempfindlichkeit gegen den Impfstoff und die verwendeten Hilfsstoffe wie z.B. Polysorbat 80 eine Kontraindikation.

Für anaphylaktische Reaktionen müssen in Praxen und Impfzentren entsprechende Therapie-Maßnahmen gewährleistet sein. Jede geimpfte Person sollte nach der Injektion 15 Minuten überwacht werden.

Personen mit akuten fieberhaften Infektionen sollen nicht geimpft werden, während leichte Infekte kein Hindernis darstellen sollen.